1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Franckesche Stiftungen zu Halle: Jahresausstellung lädt mit Modellen zum Staunen und Begreifen ein

Jetzt live!

Franckesche Stiftungen zu Halle Jahresausstellung lädt mit Modellen zum Staunen und Begreifen ein

Planeten, Fernrohre, Maschinenmodelle: Unter dem Motto „Total real. Die Entdeckung der Anschaulichkeit“ können Kinder und Erwachsene in Franckes Lehrkosmos eintauchen.

Von Katja Pausch Aktualisiert: 21.03.2024, 20:16
Anhand von originalgetreu gebauten Modellen konnten Schüler zu Franckes Zeiten Wissen erwerben und Vorgänge regelrecht „begreifen“. Exponate für die neue Jahresausstellung „Total real.  Die Entdeckung der Anschaulichkeit“ im Historischen Waisenhaus kommen unter anderem auch aus Schweden.
Anhand von originalgetreu gebauten Modellen konnten Schüler zu Franckes Zeiten Wissen erwerben und Vorgänge regelrecht „begreifen“. Exponate für die neue Jahresausstellung „Total real. Die Entdeckung der Anschaulichkeit“ im Historischen Waisenhaus kommen unter anderem auch aus Schweden. Foto: Katja Pausch

Halle (Saale)/MZ. - Wer in den kommenden Wochen und Monaten die neue Jahresausstellung der Franckeschen Stiftungen besucht, wird aus dem Staunen nicht herauskommen: Zahlreiche Objekte sowie detailreich gebaute Modelle von technischen Geräten, Gebäuden oder Maschinen lassen erahnen, wie zu Zeiten August Hermann Franckes Wissen vermittelt wurde. Unter dem Titel „Total real. Die Entdeckung der Anschaulichkeit“ lädt ab Samstag die einzigartige kulturhistorische Ausstellung Erwachsene und Kinder gleichermaßen zum Entdecken, Mitmachen und Ausprobieren ein – und eben zum Staunen.

Kurator Tom Gärtig an einem Planetenmodell aus Franckes Zeit
Kurator Tom Gärtig an einem Planetenmodell aus Franckes Zeit
Foto: Katja Pausch

Ausgangspunkt der in fünf Themenbereiche gegliederten Ausstellung ist die Zeit um 1700, in der die Theologen und Pädagogen August Hermann Francke (1663–1727) und Christoph Semler (1669–1740) die bisherigen Schul- und Erziehungsmethoden ihrer Zeit hinter sich gelassen haben. Stattdessen gründeten sie mit Themen aus Natur und Technik, mit Vermittlungsmethoden wie Exkursionen, Beobachten oder auch Experimentieren sowie handwerklichem Tun eine neue Art der Wissensvermittlung. „Damit legten sie die Grundlagen für das Realschulwesen in Deutschland“, so Tom Gärtig, gemeinsam mit Claus Veltmann und Holger Zaunstöck Kurator der Ausstellung. So gründete Semler Anfang des 18. Jahrhunderts die erste Realschule in Halle, die Gründungsakte ist jetzt im Landesarchiv in Magdeburg gefunden worden – auch sie ist ausgestellt.

Mechanisches Tellurium: Dieses Modell aus dem Jahre 1634, eine Leihgabe des Museums Bautzen, erklärt anschaulich den Lauf der Gestirne.
Mechanisches Tellurium: Dieses Modell aus dem Jahre 1634, eine Leihgabe des Museums Bautzen, erklärt anschaulich den Lauf der Gestirne.
Foto: Katja Pausch

Die neuen Lehrmethoden Franckes und Semlers in den damaligen Glauchaschen Anstalten – den heutigen Stiftungen – ermöglichten es den Schülern des Königlichen Pädagogiums und der Lateinschule, mit größter Anschaulichkeit neuestes und praxisorientiertes Wissens zu erlangen.

Kurator Tom Gärtig präsentiert die Gründungsurkunde der ersten Realschule in Halle durch Christoph Semler. Damit wurden die Grundlagen für das Realschulwesen in Deutschland gelegt. Daneben ein Objekt, eine Uhr, aus der Werkstatt Semlers, der für  Unterrichtszwecke Materialien anfertigte.
Kurator Tom Gärtig präsentiert die Gründungsurkunde der ersten Realschule in Halle durch Christoph Semler. Damit wurden die Grundlagen für das Realschulwesen in Deutschland gelegt. Daneben ein Objekt, eine Uhr, aus der Werkstatt Semlers, der für Unterrichtszwecke Materialien anfertigte.
Foto: Katja Pausch

Ein Schwerpunkt der Ausstellung ist die wertvolle Sammlung der ersten Unterrichtsmodelle aus der Werkstatt Christoph Semlers, die bis heute in der Kunst und Naturalienkammer erhalten ist. In einem weiteren Raum, der Modellkammer, geben zahlreiche hallesche Modelle sowie Leihgaben aus ganz Deutschland und aus Schweden einen Einblick, wie Schüler damals komplexe Zusammenhänge in Handwerk und Landwirtschaft, in Architektur und Gewerbe (darunter anhand einer Salzsiedehütte) oder in Religion regelrecht „begreifen“ konnten – im doppelten Sinne des Wortes, so Kurator Tom Gärtig. Planetenmodelle sowie optische Geräte im Original und als Nachbau vervollständigen die Ausstellung ebenso wie Mitmach-Stationen für Erwachsene und Kinder. So können sich Besucher im Bau einer eigenen Camera Obscura oder im Falten edler Servietten ausprobieren.

Die Jahresausstellung ist ab Samstag bis zum 2. Februar 2025 geöffnet, von Freitag bis Sonntag wird außerdem zur Francke-Feier aus Anlass des Geburtstages des Stiftungsgründers am 22. März 1663 eingeladen.

Einladung zum Dialog

#Sags einfach: Zur Francke-Feier am Samstag kommt auch die Dialogbank der MZ erneut zum Einsatz Die Dialogbank der MZ hatte bei einem ernsten und vor allem aufwühlenden Thema ihre Premiere. Unmittelbar vor dem 9. Oktober 2023, vier Jahre nach dem Terroranschlag auf die Synagoge in Halle, bei dem zwei Menschen starben, war die MZ mit dem innovativen Sitzmöbel in der Innenstadt unterwegs, um Passanten zu ihren Erinnerungen an das Attentat zu befragen. Nun kommt die Dialogbank, die dank einer Künstlichen Intelligenz zuhören und auf die Gesprächspartner eingehen kann, erneut zum Einsatz. Zur Francke-Feier wird die MZ an diesem Samstag ab 10.30 Uhr den Dialog Besuchern unter dem Motto „#Sags einfach“ auf der Wiese vor dem Waisenhaus und im Foyer des Gebäudes suchen.

Anfang Oktober war die MZ mit Mitarbeitern der Firma „Tactile.News“ bereits einmal mit der Dialogbank in Halle unterwegs.
Anfang Oktober war die MZ mit Mitarbeitern der Firma „Tactile.News“ bereits einmal mit der Dialogbank in Halle unterwegs.
Foto: Dirk Skrzypczak

Zu zwei Schwerpunkten wird die Dialogbank Fragen stellen. Passend zum Jahresprogramm „Spielraum“ dreht sich ein Komplex um das Spielen an sich. Dabei geht die künstliche Intelligenz mit unterschiedlichen Fragen auf das Alter der Gesprächspartner ein. Beim zweiten Thema, das perfekt zu Franckes Lebenswerk passt, geht es um die Bildung.

„Wir haben im Vergleich zum Oktober die Künstliche Intelligenz verbessert und die Technik teilweise selbst neu entwickelt“, sagt Martin Tege, Projektentwickler bei der Firma „Tactile.News“ aus Lüneburg (Niedersachen). Von dort stammt die Idee mit der Dialogbank. „Die Künstliche Intelligenz soll den Menschen nicht ersetzen, sondern Menschen ins Gespräch bringen“, meint er. Man habe die Erfahrung gemacht, dass es einigen Menschen leichter falle, die eigene Meinung einer KI anzuvertrauen, als einem Gesprächspartner aus Fleisch und Blut. Zudem sei die Dialogbank universell und auch rund um die Uhr einsetzbar.

Der Datenschutz werde dabei besonders ernst genommen. Die Gespräche werden von der KI transkribiert und in einer Tabelle der MZ zur Verfügung gestellt. Jeder Gesprächspartner entscheidet selbst, ob er für Nachfragen noch seine Telefonnummer zur Verfügung stellen will. Die Tonaufnahmen würden nicht gespeichert und auch nicht an Dritte weitergeben. Nur die MZ hat Zugriff auf die erstellten Texte.