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Jobcenter bietet Hilfe in finanzieller Not Ist Hemmschwelle Grundsicherung zu beantragen in Halle zu groß?

19.04.2021, 13:00

Halle (Saale) - Jan Kaltofen will keine Werbung machen. Er will die Leute nicht ins Jobcenter Halle locken, dessen Geschäftsführer er ist. Was Kaltofen allerdings möchte: Dass Menschen wissen, dass das Jobcenter ihnen bei finanziellen Schwierigkeiten helfen kann - und dass sie diese Hilfe auch annehmen. „Es gibt oft Vorbehalte, zum Jobcenter zu kommen“, sagt der Geschäftsführer und denkt dabei insbesondere an die Selbstständigen. Sein Ziel ist es, deren Befindlichkeiten aus dem Weg zu räumen, indem er klarstellt, dass Menschen in finanzieller Not einen Rechtsanspruch auf staatliche Unterstützung haben. Was sie dafür allerdings tun müssen: Einen Antrag stellen.

Hemmschwelle Grundsicherung zu beantragen für viele zu groß

Das Jobcenter ist dafür da, den persönlichen Lebensbedarf von Familien und Alleinstehenden abzusichern. Dabei zu helfen, dass Menschen genügend Geld für Essen, Trinken, Wohnung sowie die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben. In Folge des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr gab es laut Kaltofen 1.500 Selbstständige, die das Jobcenter Halle als zusätzliche Leistungsempfänger führte und die eine Grundsicherung bekamen. Viele davon seien über das Jahr wieder als Empfänger herausgefallen. Mit dem Lockdown ab November habe die Zahl dann erneut zugenommen.

Derzeit betreue das Jobcenter rund 19.000 erwerbsfähige Leistungsempfänger und etwa 9.000 Kinder. Die Zahl der Aufstocker liege in Halle im vierstelligen Bereich. Wen die Krise besonders getroffen hat? „Man kann das an keiner Branche festmachen“, sagt der Chef des Jobcenters. Dafür sei die Hemmschwelle, eine Grundsicherung zu beantragen, seiner Einschätzung nach bei denen ausgeprägt, die vor Corona ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten, durch die Pandemie aber keine Einnahmen mehr haben.

Noch bis Jahresende gelten „erleichterte Rahmenbedingungen“ für Antragsteller

Doch wie passt das zusammen, die vielfach gehörte Klage über mangelnde Unterstützung einerseits und die Hilfe, die nicht angenommen wird andererseits? Kaltofen verweist auf falsche Annahmen. So sei die Angst unbegründet, erhaltene Finanzhilfen zurückzahlen zu müssen. Vielmehr sei es so, dass der Leistungsbezug endet, wenn wieder existenzsichernde Einnahmen erzielt werden.

Viele Selbstständige sind zudem privat krankenversichert. „Die Beiträge dazu zahlen wir“, sagt Kaltofen, „das wissen viele gar nicht.“ Noch bis Jahresende gelten „erleichterte Rahmenbedingungen“ für Antragsteller. So muss in der Pandemie die Wohnung nicht gekündigt werden, weil die Miete zu hoch ist und auch die privaten Ersparnisse müssen nicht aufgebracht werden, um Unterstützung zu bekommen. (mz/Denny Kleindienst)