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Interview mit Katja Riemann Interview mit Katja Riemann: So will der Star die Hallenser inspirieren

05.01.2017, 14:45
Sie möchte ihr Publikum inspirieren, bereichern oder bewegen: Schauspielerin Katja Riemann
Sie möchte ihr Publikum inspirieren, bereichern oder bewegen: Schauspielerin Katja Riemann Veranstalter

Halle (Saale) - Sie zählt zu Deutschlands herausragenden Schauspielerinnen. Katja Riemann (53, „Fack ju Göhte“) ist auf der Bühne und vor der Kamera gleichermaßen zu Hause. Mit Jazz- und Pop-Alben überzeugte sie auch als Sängerin. Für ihr soziales Engagement erhielt sie 2010 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Am 21. Januar um 19 Uhr ist Katja Riemann zu Gast in den Franckeschen Stiftungen zu Halle.

An einem Ort, an dem das Denken seit Jahrhunderten eine herausragende Rolle spielt, liest sie aus Jostein Gaarders „Sofies Welt – das Abenteuer des Denkens“. Aus einem Buch also, das, für Kinder geschrieben, die Geschichte der Philosophie erzählt und weltweit rund 40 Millionen Mal verkauft wurde. Sylvia Pommert hat für die MZ nachgefragt, was die Zuschauer an diesem Abend erwartet.

Frau Riemann, erinnern Sie sich an Ihre erste Begegnung mit „Sofies Welt“?

Riemann: Ehrlich gesagt, erinnere ich mich nicht … Aber als ich es jetzt erneut las, habe ich das in Griechenland getan; ich fand es sinnig, ein Buch über Philosophie an dem Ort zu lesen, wo so viel erdacht wurde. Wo die Philosophie ihren Anfang fand. Oder auch die Demokratie. Auf einer Insel, die diesen Sommer überlaufen war, von Menschen, die ihrem Heimatland entkommen mussten, da dort keine Idee von Demokratie vorhanden ist.

Warum sollten Menschen in die Lesung gehen, die das Buch schon kennen?

Riemann: Der Abend, den ich zu diesem Zeitpunkt, da ich Ihre Fragen beantworte, selbst noch nicht kenne, wird hoffentlich einer, der mehr ist, als Auszüge des Buches „Sofies Welt“ vorzulesen. Die Veranstalter arbeiten mit Filmen und Einspielern, voice overs und Lichtshow. Ich bin gespannt, wie sich alles zusammensetzen wird und glaube, es wird der Versuch sein, die Vorstellungskraft, die man im Prozess des Denkens benötigt, visuell zu unterstützen. Denkräume zu erschließen unter Zuhilfenahme außerirdischer Räume.

Mit welchen Gedanken würden Sie Ihr Publikum gern nach der Lesung entlassen?

Riemann: Ich habe da keine Wünsche. Ich finde auch, es steht mir nicht zu, meinem Publikum zu sagen, was es denken soll. Ich freue mich, wenn viele Menschen in unsere Konzertlesung kommen und Anteil nehmen an dem, was wir da versuchen; ich freue mich über gemeinsame Konzentration. Und am meisten freue ich mich, wenn ich mein Publikum inspiriere, bereichere oder bewege.

In „Sofies Welt“ heißt es: „Es gibt Fragen, mit denen sich die Menschen beschäftigen sollten“. Welche würden Sie heute dazu zählen?

Riemann: Menschen in Deutschland könnten sich heutzutage zum Beispiel mit der Frage beschäftigen: In was für einer Gesellschaft möchte ich leben? Respektive: In welcher Gesellschaft lebe ich? Denken hilft. Es macht, dass man nicht gleich losschreit. Oder stante pede anklagt. Denken bedeutet zu kreieren. Und das ist diffiziler, auch langwieriger und riskanter, als Kreiertes zu demolieren oder zu beleidigen. Sokrates hat sinngemäß gesagt: Wenn wir in einer demokratischen Gesellschaft leben oder leben wollen, benötigen wir Bildungsstätten, die uns dazu ausbilden, die Demokratie zu erringen, zu gestalten, zu begreifen und zu unterstützen. Die griechischen Philosophen haben die Debatte, das thematische Gespräch kultiviert, in der „Offenen Gesellschaft“ (gemeint ist die Initiative die-offene-gesellschaft.de) versuchen wir wieder daran anzuknüpfen, aufbauend auf den Gedanken des Philosophen Karl Poppers.

Es heißt auch: „Die Fähigkeit, uns zu wundern, ist das einzige, was wir brauchen, um gute Philosophen zu werden.“ Worüber können Sie sich wundern?

Riemann: Ich wundere mich jeden Tag über alles Mögliche. Sich zu wundern heißt ja auch zu staunen oder sich zu begeistern. Ich habe bezüglich des Staunens und sich Begeisterns den Stand einer Fünfjährigen nicht verlassen. Leider habe ich ebenfalls die Tendenz, Menschen zu lange anzustarren, wenn sie staunenswert, bewundernswert sind oder man sich über sie wundert, ich mich über sie wundere. Das ist nicht unbedingt opportun. Da muss ich aufpassen, dass ich durch die Wunderung niemandem auf die Füße trete oder in Verlegenheit bringe.

Gab es in Ihrer Kindheit ein Buch, das Sie besonders beeindruckt, begleitet oder beeinflusst hat?

Riemann: „Tom Sawyer and Huckleberry Finn“, „Onkel Toms Hütte“, alles von Astrid Lindgren, alles von Michael Ende, die Märchen, Sagen und Fabeln der Welt. And many more, was mir gerade nicht einfällt.

Aktuell spielen Sie in der ARD-Serie „Emma nach Mitternacht“ eine Psychologin am Radiomikrofon, die Anrufern über persönliche Krisen hinweg helfen will. Wie viel von Ihrem eigenen Naturell steckt in einer solchen Rolle?

Riemann: Ich bin ja Schau-Spieler und nicht Schau-Seier, das sollte man nicht vergessen; es ist völlig unerheblich, in welcher Rolle was von mir steckt. Und ich weiß auch gar nicht, was mein Naturell sein soll. Ich erfinde und kreiere Figuren, die auf dem vorhandenen Drehbuch aufbauen, und das ist die große Freude in meinem Leben. Ich liebe meinen Beruf, auch wenn die meisten Menschen nicht wissen, was das für ein Beruf ist. Und das macht auch gar nichts. Die meisten Menschen wissen auch nicht, wie der Alltag eines Herzchirurgen aussieht.

Viele Zuschauer wollen allerdings nicht nur die Rolle, sondern auch den Menschen dahinter kennenlernen. Können Sie das verstehen?

Riemann: Ist das so? Ich weiß nicht. Es könnte ja enttäuschend sein. Es gibt genug Schauspieler oder sagen wir mal darstellende Künstler, die als Privatperson ganz langweilig sind, da sie eben genau die Darstellung, die Überhöhung des Lebens in die Kunst benötigen, um synchron mit sich zu sein oder expressiv. Oder lebendig.

Wie man weiß, möchten Sie Privates aus der Öffentlichkeit halten – Sie empfinden Fotos und Videos aus Ihrer Vergangenheit, so sie einem größeren Publikum gezeigt werden, als peinlich. Warum?

Riemann: Fänden Sie auch peinlich. Oder möchten Sie Fotos in Ihrer Zeitung gedruckt sehen, auf denen man sieht, wie Sie gerade schaukeln, als Fünfjährige im Haus Ihrer Großmutter. Das geht doch niemand was an, außer die Freunde und die Familie. Ich ziehe doch auch nicht meine Hose runter, wenn ich über irgendeinen Teppich gehe. Warum sollte ich das auch tun, frage ich mich gerade ....

Was müsste man tun, um ein Home-Story mit Ihnen zu produzieren?

Riemann: Hahahahaha, Sie sind bezaubernd.

Sie hatten das Glück, die Dinge tun zu können, die Ihnen etwas bedeuten. Sie haben großen Erfolg als Schauspielerin. Aber so etwas ist in diesem Beruf eher die Ausnahme. Was würden Sie Schauspielern mit auf den Weg geben, die am Anfang Ihrer Karriere stehen?

Riemann: Ich bin altmodisch. Ich finde es gut, wenn man sich in seinem Beruf richtig auskennt. Ich halte eine Menge davon, etwas zu lernen. Darum rate ich dazu, eine Schauspielschule zu besuchen. Es gibt gute Schulen in Deutschland, die zum Theater ausbilden und mittlerweile auch immer mehr Filmschauspielunterricht als Teil des Schauspiel-Curriculums beinhalten. Es ist ein erster Schritt und eine riesige Motivation, wenn man das Vorsprechen bestanden hat und aufgenommen wurde. Zur Schauspielschule gehen ist cool, weil man in der Zeit nur Hauptrollen spielt und sich ausschließlich mit sich selbst beschäftigt. Das ist wichtig. Es wäre schade, wenn man das ausließe.

Karten für die Lesung unter 0345/2029771 (mz)