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Insolvenz Juwelier Beyse Insolvenz Juwelier Beyse: Halles Herr der Ringe

Von Michael Falgowski 28.10.2016, 05:00
Der 40-Jährige Dirk Beyse repariert weiter Uhren. Die Insolvenz seines Unternehmen ist jetzt beendet.
Der 40-Jährige Dirk Beyse repariert weiter Uhren. Die Insolvenz seines Unternehmen ist jetzt beendet. Günter Bauer

Halle (Saale) - Vor mehr als sechs Jahren hat Juwelier Beyse in seinen Läden in Halle Besuch vom Finanzamt. Die teuersten Stücke, Uhren vor allem, wurden eingesammelt und in die „Pfandkammer“ der Behörde gelegt. Der Wert lag bei rund 100.000 Euro. Wenige Tage später brach dann die geschäftliche Welt von Dirk Beyse zusammen: Rund 1,8 Millionen Euro Schulden hatten sich angehäuft, die Krankenkasse stellte einen Insolvenzantrag, Halles größter Juwelier mit sechs Filialen schloss sich an. Er hatte eine der aufsehenerregendsten Pleiten der vergangenen Jahres hingelegt.

Sechs Jahre später wird nun das Insolvenzverfahren beendet. „Wir haben die in diesem Jahr neu gegründete Juwelier Beyse GmbH an einen Investor verkauft - und so das Unternehmen Beyse aus dem Insolvenzverfahren entlassen. Aus unsere Sicht ist das Verfahren damit erfolgreich gelaufen. Ein hallesches Familienunternehmen konnte gerettet werden“, sagt Insolvenzverwalter Ulrich Luppe.

Der 49-Jährige Dirk Beyse ist nun schuldenfrei, seine Restschuld wird ihm nunmehr nach Anhörung der Gläubiger erlassen. Der Uhrmachermeister repariert nun weiter Uhren und verkauft Schmuck in den vier verbliebenen Filialen in Halle. Allerdings ist er jetzt nur noch Angestellter.

Ein weniger guter Kaufmann

Die Pleite von Halles größtem Juwelier und Uhrenhändler hatte 2010 für Aufsehen gesorgt. Denn Beyse hatte die Öffentlichkeit stets gesucht. In der Rolle des Geld- und Lebemannes präsentierte sich der Hallenser gerne. Der Zwei-Meter-Mann sponserte viele Projekte und sorgte beispielsweise mit seiner Umtauschaktion von D-Mark in Euro für Aufsehen. Beworben wurde dieser Umtausch mit einem Geldschein, der Beyses Porträt trug. Auch die Marketing-Idee eines Nacktkalenders war mindestens ungewöhnlich. Ebenso wie seine Kandidatur zur Oberbürgermeisterwahl 2006 – Beyse erhielt 3,6 Prozent der Stimmen!

Mit dem Ende des Insolvenzverfahrens ist Dirk Beyse nun weiter in einem Familienunternehmen tätig. Denn neue Besitzerin der vier Beyse-Läden in Halle ist Doreen Leuschner, die Schwester von Dirk Beyse. Sie hat die GmbH von Insolvenzverwalter Ulrich Luppe gekauft. Die ausgebildete Kauffrau gehört als Mitinhaberin des Schmuckgroßhandels Beyse von Vater Klaus Beyse übrigens auch zu den Gläubigern ihres Bruders. Leuschner wagt nun den Neuanfang. „Während der Insolvenz konnte ja nur relativ wenig investiert werden. Jetzt muss vor allem der Warenbestand modernisiert werden. Perspektivisch ist auch die Ladeneinrichtung dran. Denn die ist ja schon rund 20 Jahre alt“, so die neue Beyse-Chefin.

Bereits 1990 hatte Dirk Beyse seinen ersten eigenen Laden am Moritzzwinger eröffnet. Die Juwelier-Branche boomte, auch bei Schmuck und Uhren hatten die Hallenser sehr viel nachzuholen. Vor allem mit dem Angebot von Trauringen machte sich Beyse schnell einen Namen. Und Halles „Herr der Ringe“ expandierte. Sechs Geschäfte hat er am Ende in Halle betrieben, vier davon in Einkaufszentren der Stadt, aber auch je eins in Bernburg und in Leipzig am Markt. 16 Angestellte und Auszubildende beschäftigte der Hallenser am Ende. Doch Beyse war ein besserer Uhrmacher als Kaufmann. „Die Organisation des Unternehmens ist nicht an die wachsende Größe angepasst worden“, sagt heute Insolvenzverwalter Ulrich Luppe.

17 Angestellte in vier Filialen

Wie jede Insolvenz habe auch diese die Gelegenheit geboten, die Firma neu aufzustellen. So wurden die beiden Filialen außerhalb Halles geschlossen. Bereits 2010 der teure und langfristige Mietvertrag für das Geschäft am Leipziger Markt gekündigt. „Nur durch das Sonderkündigungsrecht in der Insolvenz war das möglich“, sagt Luppe. So konnte etwa auch die im Finanzamt Halle gesicherten Uhren günstig ausgelöst werden.

Mehr als sechs Jahre lang hat Rechtsanwalt Ulrich Luppe die Geschäfte geführt. Für die Gläubiger zahlt sich Luppes Sanierungsstrategie am Ende aus. Immerhin beträgt die Insolvenzquote laut Ulrich Luppe 50 Prozent plus X. Das heißt, die Gläubiger bekommen in Kürze mehr als die Hälfte ihrer Forderungen erstattet. Bei einer Insolvenz werden oft nur drei bis fünf Prozent als Quote ausgeschüttet. Und: Doreen Leuschner hat derzeit sogar 17 Angestellte in den vier Filialen. Weitere werden folgen. (mz)