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Hund kann Hinterläufe nicht bewegen Hund kann Hinterläufe nicht bewegen: Ausgesetzter Fritz ist nun auf Rollen unterwegs

Von Oliver Müller-Lorey 30.03.2019, 06:00
Christin Weilert will Fritz nie mehr missen. Dank eines Rollstuhls kann der Hund wieder laufen.
Christin Weilert will Fritz nie mehr missen. Dank eines Rollstuhls kann der Hund wieder laufen. Silvio Kison

Halle (Saale) - Fritz’ Leben stand von Anfang an unter keinem guten Stern, und wahrscheinlich hätte ihn seine Krankheitsgeschichte sogar irgendwann das Leben gekostet - wenn Christin Weilert nicht wäre. Ihr ist es mit zu verdanken, dass der rund vier Jahre alte Rüde trotz mehrerer schwerer Gesundheitsschäden wieder laufen kann und zum Star im halleschen Tierschutzverein am Birkhahnweg wurde.

Es ist Herbst vergangenen Jahres, als auf einer verlassenen Straße in Wettin-Löbejün ein verwahrloster und mit Wunden übersäter Mischling gefunden wird. Er kann seine Hinterläufe nicht bewegen und schleift sie deshalb hinter sich her. Die Beine sind vom Robben auf dem Asphalt aufgescheuert. Das Tier kommt in eine Auffangstation, die den Tierschutzverein in Halle bittet, ein Foto vom Hund zu verbreiten.

Fritz ist nicht weggerannt, sondern ausgesetzt worden

Der Besitzer soll sich melden, doch schnell wird klar: Fritz, wie die Tierretter den Hund taufen, ist nicht weggerannt, sondern ausgesetzt worden. Zunächst gehen alle davon aus, dass er einen heilbaren Bandscheibenvorfall hat, wegen dem er die Hinterläufe hinter sich her zieht.

Zur selben Zeit ist Christin Weilert, die sich im Tierschutzverein eigentlich um Vögel kümmert, auf der Suche nach einem privaten Hund. Sie fährt zwar in die Auffangstation und nimmt Fritz mit nach Halle, doch will sie ihn erst einmal nicht zu Hause aufnehmen. „Mir war klar: Das schaffe ich alleine nicht. Fritz sollte hier im Verein untergebracht und ins Rudel integriert werden“, erzählt die 30-Jährige. Doch die Integration klappt nicht gut. Fritz hat nicht nur Untergewicht, sondern ist auch von Milben befallen, die die anderen Hunde nicht anstecken sollen. Also kommt er doch zur Pflege zu Weilert nach Hause.

An eine Pflegefamilie müssten extrem hohe Ansprüche gestellt werden

Unterdessen wird immer deutlicher, dass sich Fritz wohl kaum vermitteln lässt, und an eine Pflegefamilie extrem hohe Ansprüche gestellt werden müssten. Der Grund für das Humpeln ist kein Bandscheibenvorfall, sondern ein deformierter Brustwirbelknochen, der wichtige Nervenstränge abdrückt. Fritz ist außerdem inkontinent, hat Schäden an Herz, Lunge und Nieren. Wäre er noch länger in einem gewöhnlichen Tierheim geblieben, schätzt Weilert, wäre er womöglich eingeschläfert worden.

Doch das kommt für die Angestellte einer Baufirma nie in Frage. Seit November pflegt sie Fritz zu Hause, diskutiert mit ihrem Freund, ob er vielleicht dauerhaft bleiben kann. „Im Februar haben wir uns dann entscheiden, dass er bei uns bleibt. Jetzt gebe ich ihn nicht mehr ab“, sagt sie. Doch auf Dauer kann Fritz nicht die Hinterbeine schleifen lassen, wenn seine Wunden heilen sollen. „Wir mussten ihn immer von Wiese zu Wiese tragen.“

„Der Rolli wurde maßgeschneidert, er hat rund 500 Euro gekostet“

Außerdem hat er Probleme mit anderen Hunden, weil er nicht schnell genug das Weite suchen kann. Das lässt ihn unsicher werden. Also startet der Tierschutzverein eine Spendensammlung für eine Art Rollstuhl. Zwei Reifen an einem Metallgestell können Fritz nun mit einem Geschirr umgeschnallt werden. Mit dem Hilfsmittel flitzt er über den Boden, als sei er nie krank gewesen. „Der Rolli wurde maßgeschneidert, er hat rund 500 Euro gekostet“, sagt Weilert. Ohne den Tierschutzverein und die Ehrenamtlichen und Spender wäre das nicht möglich gewesen.

Einen großen Anteil an Fritz’ neuem Lebensmut hat auch die Osteopatin, außerdem bekommt er Physiotherapie. „Und wir sehen auch schon Fortschritte. Wir gehen jeden Tag zwei Minuten mehr mit ihm spazieren. Angefangen haben wir mit fünf Minuten, jetzt ist es schon eine halbe Stunde“, sagt Weilert. Der Weg für Fritz ist freilich nicht einfach. Er muss nun Muskeln anstrengen, die er vorher nie genutzt hatte.

Der Tierschützerin ist dennoch wichtig, zu betonen, dass die Entscheidung nicht auf Mitleid beruht. „Zu viel Mitleid kann Fritz nicht gebrauchen. Er merkt nicht, dass etwas komisch ist und hat Lebensfreude für zehn Hunde“, sagt sie. Fragen von Passanten, warum sie ihrem Hund das antue und ihn nicht einschläfere, ignoriert sie. Weilert ist einfach froh, dass Fritz nun dauerhaft bei ihr ist. (mz)