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Historisches Kaufhaus zu kaufen Historisches Kaufhaus zu kaufen: Ein Stück von Halles Geschichte kommt unter den Hammer

Von Silvia Zöller 24.08.2020, 14:45
Bei Umbauten wurden die opulenten Schmuckelemente entfernt.  
Bei Umbauten wurden die opulenten Schmuckelemente entfernt.   Silvio Kison

Halle (Saale) - Für ein Mindestgebot von 2,2 Millionen Euro können Interessierte ein Kaufhaus in Halles bester Lage ersteigern: Das denkmalgeschützte ehemalige Kaufhaus Leonhardt & Schlesinger, das viele Jahre die niederländische Kette „Blokker“ beherbergt hatte, zuletzt „Xenos“ und kurzzeitig „Factory Market“ wird am 28. August im Rahmen der Sächsischen Grundstücksauktionen in Leipzig versteigert.

Haus wurde 1896 von jüdischen Kaufleuten Edmund Leonhardt und Emil Schlesinger erbaut

Aktuell zeigen Studenten der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in den Schaufenstern ihre Arbeiten. Betreten kann man das Kaufhaus jedoch nicht mehr, die Werke sind nur durch die Schaufenster zu sehen. Somit ist auch der Blick in das opulente Innere mit einer Bleiglaskuppel, gewaltigen Treppenaufgängen, geschmiedeten Geländern und Ornamentfenstern versperrt.

Das Haus wurde 1896 von den beiden jüdischen Kaufleuten Edmund Leonhardt und Emil Schlesinger erbaut. Zuvor hatten sie bereits in der Barfüßerstraße ein gemeinsames Geschäft betrieben, eine Eisenwarenhandlung. Das beschreibt Elke Olle in einem Aufsatz, der in dem Buch „Historische Kaufhäuser der Stadt Halle/Saale“ erschienen ist und von den Freunden der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt herausgegeben wurde. 

Kaufhaus startete als Eisenwarenhandlung

Leonhardt und Schlesinger hatten einen großen Zustrom an Kunden, so dass sie den Ankauf von Grundstücken in der Großen Ulrichstraße wagten und den Neubau in Auftrag gaben. „Das Erdgeschoß war ganz in Glas aufgelöst, um die Warenauslagen möglichst ungehindert den Käuferaugen präsentieren zu können“, schreibt Elke Olle. Doch das war nicht der einzige Blickfang an dem Haus mit Erkern, Zwiebelkuppeln und weiteren Schmuckelementen. 

Überraschend ist dennoch, dass zunächst nur das Erdgeschoss Verkaufsfläche war, wo neben Eisenwaren auch Töpfe, Pfannen und Geschirr angeboten wurde - und bereits damals schon Wasch- und Mangelmaschinen. In den oberen drei Etagen, so Elke Olle, befanden sich zunächst Wohnräume. 

Modernisierung des Kaufhauses mit Aufzug

Im Jahr 1913 plötzlich war der aufwendige Stil des Kaufhauses nicht mehr up to date. Das noch nicht 20 Jahre alte Haus wurde komplett „modernisiert“. Erker, Kuppeln, Türmchen mussten weichen. Und auch der Eingang an der Ecke wurde an die heutige Stelle an der Straßenseite verlegt. Neu war auch, dass Kunden nun im Obergeschoss auch Waren anschauen konnten, vor allem ganze Küchenzeilen wurden gezeigt.

Sogar mit einem Aufzug konnte man in die erste Etage gelangen. Und: Leonhardt und Schlesinger importierten auch Werkzeuge und Maschinen aus Amerika. Von Bürsten über Gartengeräte bis hin zu Kannen aus Messing, Kupfer oder Nickel war alles in dem großen Sortiment enthalten, so eine Beschreibung des Geschäfts in dem Buch „Halle in der Gegenwart“ von Max Reinus, das 1907 erschienen ist.

Verkaufsära in dem Haus endete im Frühjahr 2019

Das Geschäft florierte so gut, dass bis zu 30 Mitarbeiter in dem Kaufhaus beschäftigt waren. Die Nazidiktatur beendete die Erfolgsgeschichte. 1938 verloren die beiden Familien ihren Besitz. Über die Geschichte der beiden Familien ist wenig überliefert, ebenso liegt die Historie des Hauses für viele Jahre im Dunkeln. In den 1950er Jahren konnten Hallenser in dem Haus als „HO-Kaufhaus“ einkaufen, später waren hier Sportartikel im Angebot.

Die Verkaufsära in dem Haus endete im Frühjahr 2019, als der letzte Mieter, der „Factory market“ ausgezogen war. Was ein möglicher Käufer mit dem Haus machen will und kann, das mehr als 3.300 Quadratmeter Nutzfläche hat, ist offen. Denn einerseits besteht ein umfassender Sanierungsbedarf, so der Auktionskatalog. Andererseits steht das Haus unter Denkmalschutz. (mz)