Händel-Festspiele Händel-Festspiele in Halle: Kaum Profit mit Händel?

Halle (Saale) - Wer im Dorint-Hotel Halle anruft und weiterverbunden wird, der hört Händels „Hallelujah“ aus dem Messias als Telefonschleife. Doch nach Hallelujah-Rufen ist Dorint-Chef Bertram Thieme nach den diesjährigen Festspielen, die am Sonntag mit dem traditionellen Abschlusskonzert in der Galgenbergschlucht zuende gegangen sind, nicht zumute: „Wir haben eine nur rund 70-prozentige Auslastung gehabt und davon waren nur die Hälfte Gäste der Händelfestspiele.“
Der Rest: Geschäftsreisende. In manchen Jahren waren alle Hotelbetten im mit Festspielbesuchern belegt oder zumindest 70 Prozent.
Klientel für Klassik wird immer älter
Für den Rückgang hat Thieme eine These: „Ich habe schon vor Jahren darauf aufmerksam gemacht, dass wir mehr für ein junges Händel-Publikum tun müssen.“ Die Klientel für Klassik werde immer älter und Thieme beobachtet, dass so mancher Stammgast der Händelfestspiele nicht mehr anreist - weil er es altersbedingt nicht mehr kann oder bereits verstorben ist.
Trotz zahlreicher Werbeaktionen und speziellen Paketen für die Dorint-Gäste der Händelfestspiele sei es nicht gelungen, mehr Interessierte nach Halle zu locken. „Deswegen müssen wir in den nächsten Jahren noch mehr werben“, so Thieme. Ein großer Wirtschaftsfaktor sind die Händelgäste im Dorint ohnehin nicht: Viele bleiben nur zwei oder drei Tage, niemand für die gesamte Zeit der Festspiele, sagt der Direktor.
Umfrage des Stadtmarketings bei den Gästen der Händelfestspiele
Das hatte auch bereits 2016 eine Umfrage des Stadtmarketings bei den Gästen der Händelfestspiele ergeben: Der Großteil der Besucher bleibt zwei oder mehr als drei Tage in Halle - immerhin: Mehr als die durchschnittliche Verweildauer von Touristen in Halle, die laut Statistischem Landesamt bei maximal zwei Tagen liegt. Diese Umfrage hatte auch bereits im Vorjahr belegt: Ein Wirtschaftsfaktor sind die Händelfestspiele nicht.
Gerade einmal 452 Euro gibt der Festspielbesucher im Schnitt aus, davon nur 103 Euro in Restaurants oder Gaststätten - den Rest für Tickets (154 Euro), Hotelübernachtung (135 Euro) und sonstige Veranstaltungen (60 Euro). 80 Prozent der Festspielgäste gehören zur Altersgruppe 50 plus.
Gäste kommen nach Halle, um Musik zu hören
Auch für die Citygemeinschaft steht der wirtschaftliche Gewinn bei den Händelfestspielen ohnehin nicht oben an. „Die Gäste kommen nach Halle, um Musik zu hören und erst in zweiter Linie, um einzukaufen“, so Wolfgang Fleischer.
Dennoch unterstützen die Händler die Festspiele unter anderem mit ihrem Schaufensterwettbewerb oder der „City Klassik“, bei der im Rahmen der Händelfestspiele in Geschäften live musiziert wurde. „Wir wollen damit zeigen, dass uns die Händelfestspiele wichtig sind“, so Fleischer. Mehr als die Geschäfte würden die Gaststätten und die Museen von den Besuchern profitieren.
An den Wochenenden waren mehr Besucher im Museum
Das kann Katrin Greiner, Pressesprecherin des Kunstmuseums Moritzburg, bestätigen: „An den Wochenenden waren mehr Besucher im Museum“, sagt sie - konkrete Zahlen kann sie jedoch noch nicht nennen. Ein klares Indiz dafür, dass Händelfans auch in der Moritzburg waren, sei aber, dass es mehrere englischsprachige Führungen gab.
„Reiseveranstalter haben zu den Händelfestspielen das Kunstmuseum fest im Programm“, sagt Katrin Greiner. In diesem Jahr gab es zudem ein Novum: Die Moritzburg war auch ein Veranstaltungsort der Händelfestspiele mit einem Konzert. Und das soll wohl auch im kommenden Jahr wieder so sein.
Stadtmarketing blickt ebenfalls nicht hundert Prozent begeistert auf die Festspiele zurück
Das Stadtmarketing blickt ebenfalls nicht hundert Prozent begeistert auf die Festspiele zurück. Zwar kamen mit rund 9.000 Besuchern etwa so viele wie im Vorjahr in die Tourist-Info. Die Hotels seien zwar „gut bis sehr gut“ gebucht gewesen, so Pressesprecherin Isabel Hermann. Aber: „Kurzentschlossenen Gäste konnte aber immer noch eine Unterkunft vermittelt werden.“
Das heißt: Es gab noch genug freie Hotelbetten. Mögliche Erklärung des Stadtmarketings: „Aufgrund des Brückentages und einem verlängerten Pfingstwochenende haben die Festspiele vielleicht mit einem anderen Kurzurlaubsziel konkurriert?“ Eine Gesamtauswertung der Besucherzahlen der Stadtführungen während der Händelfestspiele 2017 soll im Juli vom Stadtmarketing vorgelegt werden. (mz)
Der Kartenvorverkauf für die Veranstaltungen „Händel im Herbst“ vom 24. bis 26. November ist angelaufen. Die Tickets können ab sofort an den bekannten Vorverkaufsstellen erworben werden.
Im Programm ist das Oratorium „Jephta“ in der Oper Halle am Freitag, 24. November, zum Auftakt. Am Samstag, 25. November, gibt es eine Premiere: Dann wird die szenische Lesung mit Gesang „Die Nachtigall des Zaren“ in der Oper aufgeführt. Händelwerke sind am selben Tag von der Sopranistin Raffaela Milanesi im Händelhaus zu hören. Neben einem Konzert in den Franckeschen Stiftungen findet das Mini-Händelfest am Sonntag, 26. November, mit einem Festkonzert in der Konzerthalle seinen Abschluss. Solistin ist dabei die mehrfach ausgezeichnete spanische Sopranistin Nuria Rial.