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Hallywood  Hallywood : Steckt die Krimi-City Halle in der Krise?

Von Detlef Färber 15.09.2019, 10:00
Bei einem der letzten „Zorn“-Drehs mit dem Titelhelden Stephan Luca (r.) und dem Ermittlungsassistenten Axel Ranisch
Bei einem der letzten „Zorn“-Drehs mit dem Titelhelden Stephan Luca (r.) und dem Ermittlungsassistenten Axel Ranisch Günter Bauer

Halle (Saale) - Im Oktober kommt der neue „Zorn“. Der Titel des nun schon neunten Krimis dieser weiterhin sehr erfolgreichen Buch-Reihe aus der Feder des Hallensers Stephan Ludwig lautet „Tod um Tod“: Es ist zugleich ein Lebenszeichen für die zwischenzeitlich schon mal totgesagte Krimi-Stadt Halle, in der einst bekanntlich nicht weniger als fünf Kommissare von Fernseh-Serien tätig waren.

Nämlich vor dem „Zorn“-Ermittler-Duo aus Stephan Luca und Axel Ranisch auch Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler, die in dem in Halle gedrehten „Polizeiruf 110“ auf Täterjagd unterwegs waren - und nicht zu vergessen Peter Sodann, Halles langjähriger Schauspiel-Intendant, der nebenbei als leitender „Tatort“-Kommissar auch als eins der prägenden TV-Gesichter des Ostens galt.

Weitere Drehs sind nach der Erstausstrahlung von „Kalter Rauch“ im Jahr 2017 nicht vorgesehen

Doch vorbei! Denn bereits vor drei Jahren war der fünfte „Zorn“ in Halle abgedreht, und weitere Drehs sind nach der Erstausstrahlung von „Kalter Rauch“ im Jahr 2017 nicht vorgesehen. Kriselt sie also, die einst berühmte und mitunter gar „Hallywood“ genannte Krimistadt? Was den Film angeht, zweifellos - doch ist Film bekanntlich nicht alles.

Denn erst im vergangenen Jahr war Halle für einige Tage Mittelpunkt der Aufmerksamkeit in der gesamten deutschsprachigen Krimi-Fangemeinde, als hier das traditionsreiche Festival „Criminale“ über die Bühne ging.

Fundgrube für Geschichten

3.500 Besucher zog das Festival an die verschiedenen Veranstaltungsorte der Stadt, die sich nicht nur mit ihrem prächtigen und höchst präsentablen Landgericht einmal mehr als sehr geeigneter Krimi-Ort erwies. Zudem blieb von der 2018er Criminale mit der Anthologie „Die Stadt, das Salz und der Tod“ gleich eine ganze Sammlung von Kurzkrimis, die an markanten Punkten der Stadt und mit prägenden halleschen Elementen spielen und die von der deutschen Krimi-Autoren-Elite eigens für das hiesige Festival geschrieben worden waren.

Herausgeber und natürlich auch Mitautor war der hallesche Schriftsteller Peter Godazgar - im Hauptberuf Vize-Stadtsprecher -, der als Mitglied der Autorenvereinigung „Syndikat“ die Criminale mit an die Saale geholt und sie in der Stadt maßgeblich mit organisiert hatte. Die Anthologie könnte übrigens auch eine Fundgrube für einiges von dem sein, was sich - eher weniger bemerkt von der überregionalen Öffentlichkeit - in Sachen Krimis in der Stadt inzwischen tut.

„Kreuzworträtsel-Mord“ und die Metro-Morde

Da gibt es zum Beispiel die touristische Agentur „Statt-Reisen“, die sich des Themas gleich auf verschiedene Weise annimmt. „Statt Reisen“ - hier ist der Name übrigens Konzept, wird hier doch auf qualifizierte Erkundung des Nahbereichs überwiegend für Kunden aus Halle und der Region gesetzt, mit Schwerpunkt auf Geschichtliches, wozu eben auch die spektakulärsten von Halles authentischen Kriminalfällen gehören, wie etwa der „Kreuzworträtsel-Mord“ und die Metro-Morde.

„Statt-Reisen“ bietet dazu gelegentlich „Polizeiruf“ genannte Stadtführungen in Halle mit einem Polizeibus an, die - wie die Agentur-Chefin Kerstin Kiefel betont - „allerdings keinen Event-Charakter haben“. Unterhaltsam soll dagegen werden, was die Agentur nun eher für die kalte Jahreszeit plant, nämlich die Krimi-Bootstour „Mord auf der Saale“ auf Halles berühmtem Kneipen-Schiff „Marie Hedwig“.

Krimi auf dem Schiff

Hier soll ein moderierter und zum Mit-Ermitteln anregender Krimi geboten werden - natürlich mit gutem Menü, womit sich diese neue Reihe unter die „Krimi-Dinner“ einreiht, die in Halle noch immer sehr gefragt sind: Auch wenn das einst berühmt gewesene und nun geschlossene „Schad“-Gasthaus am Reileck dafür - und damit auch als Ort für hallesche freie Ensembles - nicht mehr zur Verfügung steht.

Doch unter anderem im „Krug zum grünen Kranze“ von der Gruppe „Kulturreederei“ und im Dormero-Hotel werden noch „Krimi-Dinner“ geboten. Ansonsten halten in Halle die Autoren dem Thema Krimi die Treue.  Zu erwähnen sind auch hier noch Peter Godazgars Halle-Krimis um den schusseligen Detektiv Waldo („Unter Schweinen“) oder Bernhard Springs historische Krimis, in denen kein Geringerer als der Romantik-Dichter Joseph von Eichendorff ermittelt.

ZDF-Vorabendserie „Blutige Anfänger“

Und demnächst rückt auch wieder der erfolgreichste der hiesigen Krimi-Schreiber, Stephan Ludwig, in den Blick, der dem Vernehmen sogar einen Krimi über seinen „Zorn“ hinaus plant.

Peter Godazgar lädt inzwischen alle Jahre wieder beim Cultoursommer und vor der Buchmesse mit seinem Kollegen Ralf Kramp zur Krimi-Comedy ein - und hofft, dass sich etwas wie die Criminale in absehbarer Zeit auch mal wieder in Halle veranstalten lässt. Und wer weiß, vielleicht darf auch sein Detektiv Waldo irgendwann noch mal in Halles Straßen und Gassen der Spur des einen oder anderen Gangsters folgen.

Schon verraten darf man übrigens, dass es bald auch wieder ein bisschen Krimi-TV aus Halle geben soll: Mit der ZDF-Vorabendserie „Blutige Anfänger“, die hier dieser Tage schon gedreht wird. (mz)

Letzte Polizeiruf-Klappe 2013: Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler
Letzte Polizeiruf-Klappe 2013: Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler
dpa
Auch das Krimi-Dinner wird hier nicht mehr serviert.
Auch das Krimi-Dinner wird hier nicht mehr serviert.
Lutz Winkler