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Hallescher FC Hallescher FC: «Eine Seele aus Stein»

Von CHRISTOPH KARPE 09.08.2011, 19:02

Halle (Saale)/MZ. - Das dicke Kantholz lag irgendwo im Keller des Elternhauses. Zwei Bahnen Stoff gab es zu kaufen, eine rot, eine weiß. Dann wurde das Kinderzimmer zur Bastelstube. Stoff zusammennähen, irgendwie am Holz befestigen - fertig war die Fahne. Ein prächtiges Stück: zwei Meter hoch, vier Meter lang. Wenn auch unhandlich durch den eckigen, splittrigen Stil. Egal. Am Wochenende kam Chemie Leipzig. Da wollte der 13-Jährige erstmals live bei einem Fußball-Spiel des Halleschen FC im Kurt-Wabbel-Stadion dabei sein. Natürlich bestens ausgerüstet. Wenn schon, dann richtig.

Es wurde ein grandioses Erlebnis. Mit zwei Kumpels in der Masse tausender Gleichgesinnter stehen, den "Chemie-Walzer" singen, schreien, jubeln und feiern. Vier Tore schenkten die Spieler um Stürmer Werner Peter den Grün-Weißen aus Leipzig ein: 4:0.

Dieser 12. November 1975 war der Tag, an dem für den Achtklässler das Kurt-Wabbel-Stadion eine feste Größe in seinem Leben wurde. Heute ist er 49 Jahre alt und Redakteur der Mitteldeutschen Zeitung. Und wie für so viele, die das Wohl und Wehe des Halleschen FC über Jahrzehnte verfolgt haben, ist auch für ihn die Eröffnung der nagelneuen Arena ein besonderes Datum. Ein neues Stadion am alten Standort, 15 000 Besucher, 17 Millionen Euro teuer. Es sind noch 41 Tage bis zur Eröffnung. Dann kommt der Hamburger SV. Der Beginn einer neuen Ära.

Denn nicht nur für die Fans, auch für den Verein Hallescher FC verknüpfen sich riesige Erwartungen mit dem Erdgas Sportpark. "Wer aufsteigen will, braucht drei Säulen", sagt HFC-Präsident Michael Schädlich, "sportliches Potenzial, ein funktionierendes Management und die passende Infrastruktur." Nun sei die Mannschaft verstärkt worden, die Verantwortlichen, auch die vielen Ehrenamtlichen, arbeiten mit Hochdruck. Das Stadion, sagt Schädlich in religiöser Anlehnung "vollendet nun die Dreieinigkeit". Dann wird's wieder weltlicher, wenngleich nicht weniger prosaisch: "Dieser Leuchtturm ist nicht nur eine Belohnung für alle, die für ihn gearbeitet haben. Er ist die Seele aus Stein für Halles Fußball."

Wenn Schädlich über das neue Stadion spricht, wird er emotional. Und das nicht ohne Grund. Der Neubau ist, so umstritten er auch in der Stadt wahrgenommen wird, die größte, vielleicht aber auch die letzte Chance für den HFC, noch einmal Fuß zu fassen im hochklassigen Fußball. Und es ist die Chance für die Stadt Halle, die ihr Image als große Sport-Metropole so krampfhaft klein zu halten versucht, vielleicht doch noch den Sport und seine integrative Kraft als Botschafter für sich zu entdecken. "Das Stadion ist wichtig für das Image von Stadt und Verein", sagt Schädlich.

Ein zentraler Punkt dabei sind die Fans. Sie sind Sinnbild der Zerrissenheit. Die meisten: treu seit Jahrzehnten, Stimmungsmacher in der Kurve, unverzichtbarer Teil des Vereins. Und einige wenige: Krawallmacher, Hooligans. Ihnen verdankt der HFC sein Image als einer der größten Problem-Vereine der Republik. Sie haben die Argumente geliefert, warum eine 17-Millionen-Euro-Investition für einen Viertligisten untragbar ist.

Die MZ-Serie zum neuen Stadion wird diese Problematik näher beleuchten. Ebenso die Frage, wo die anderen Sportstätten der Stadt bleiben und wie die Finanzierung der Arena gesichert ist. "Wir kriegen nichts geschenkt", sagt HFC-Präsident Schädlich. Der Verein ist Teil der Betreibergesellschaft, genauso die Stadt als Besitzerin des Stadions. Der HFC wird Miete bezahlen. Und das nicht zu knapp. Eine Stadt wie Halle, deren Kassen leer sind, so sagt Schädlich, sei gewiss kein pflegeleichter Verhandlungspartner. Der 1. FC Magdeburg zahlte jährlich etwa eine Million Euro für sein Stadion. Der HFC kommt preiswerter weg.

Zehn Jahre haben Schädlich und seine Mitstreiter für das Stadion gekämpft, Widerstände gebrochen, Partner gefunden, politischen Rückhalt bekommen. Und manch graues Haar. "Doch das nimmt man in Kauf. Jetzt spüre ich Genugtuung. Ich denke, am Eröffnungstag kommen noch ein paar Lachfalten hinzu", sagt er. "Man fühlt sich prämiert für viel Aufwand - und so darf sich jeder fühlen, der an dem Projekt beteiligt war und ist."

Es soll der Beginn einer neuen Ära werden.