Hallescher Dialekt Hallescher Dialekt: Viele Wörter für wenig Arbeit

Halle (Saale) - Das Ende einer S-Bahnlinie innerhalb von Halle stand am Anfang dieses Themas, das nun auch viele Leser beschäftigt: Es ging um eine Linie, die einst vor allem von sogenannten „Buna-Pälzern“ frequentiert worden ist. Die freilich könnten auch dieser besagten Zuglinie einen umgangssprachlichen Namen gegeben haben. Womöglich, denn die Rede ist hier von der Zeit vor einem Vierteljahrhundert, als die Buna-Werke hierzulande noch zu den berüchtigtsten sozialistischen Dreckschleudern zählten - als sie andererseits aber auch Tausenden Hallensern einen Arbeitsplatz boten.
Die Buna-Pälzer
Buna-Pälzer? Der hallesche Künstler Klaus F. Messerschmidt hat sich jetzt zu dem Thema zu Wort gemeldet und eine Deutung eingebracht für das angeblich uralte hallesche Wort Pälzer. Es gehe immerhin auf das Jahr 1916 zurück, als - so Messerschmidt - das pfälzische Unternehmen BASF in Leuna ein Ammoniakwerk baute. Von da an habe man bei den in Leuna Beschäftigten einerseits von echten Pfälzern - den von der Zentrale nach Leuna entsandten Mitarbeitern - und von den von hier stammenden „Leuna-Pfälzern“ gesprochen. Die habe der Volksmund dann zu „Leuna-Pälzern“ abgeschliffen und den neuen Industriearbeiter-Titel dann auf jene im später entstandenen Buna-Werk übertragen: auf die Buna-Pälzer.
Beides könnte nun freilich den Verdacht nahelegen, als habe der Pälzer von da an die begriffliche Oberhoheit über die hallesche Arbeiterschaft gewonnen. Etwa gar im Sinne von „pälzen“ als herrschendes hiesiges Synonym fürs Arbeiten. Davon freilich kann nicht die Rede sein! Denn dafür ist ausgerechnet die hallesche Sprache viel zu reich an Begriffen für die Arbeit.
„Uff Buffe“
Wo anderswo nur - und zwar mundartlich alternativlos - malocht wird, oder in abweichenden Bedeutungsnuancen rangeklotzt oder geschindert, da können oder konnten sich der Hallenser und seine Kollegen oder Ex-Kollegen aus der Region in aller Ruhe aussuchen, was sie machen. Nämlich, ob sie heute mal kleechen, knuffen oder gar buffen gehen: „Uff Buffe“ zum Beispiel: je nach Tagesform! Unvergessen ist einem einstmals noch künftigen Hallenser ein Gesprächsfetzen, den er auf der Durchreise - vor knapp 30 Jahren um Mitternacht - in der Mitropa-Selbstbedienung des halleschen Hauptbahnhofs vom Nachbartisch aufschnappen durfte. Von einem Tisch, an dem einige nicht mehr stocknüchterne Helden der sozialistischen Arbeit eine Schnapsflasche kreisen ließen. Und an dem einer von ihnen mit nicht mehr federleichter Zunge den denkwürdigen Satz sprach: „Ihr könnt bei mir pennen, aber ihr müsst morgen früh mit aufstehen, wenn ich kleechen gehe ... (Gedankenpause) - wenn!
Doch schon kurze Zeit später hat die wirtschaftliche Entwicklung in der Folge der weltgeschichtlichen Veränderungen von 1989 diesem Aktivisten die Entscheidung wohl abgenommen, ob er weiterhin täglich zu den Frühaufstehern im künftigen Frühaufsteherland zählen will. Denn plötzlich gab es rund um Halle weniger Arbeit als Begriffe für dieses mühselige Tun.
Doch zum Glück ist auch das nun schon wieder Geschichte - denn schon sind neue Arten von Arbeit in modernen Branchen nachgewachsen. Internet-Kleeche zum Beispiel, was jedoch als Wortkombination noch nicht so recht klingen mag. Ebenso wenig wie etwa Callcenter-Pälzer. Hier gäbe es also für Halles Sprachschöpfer künftig noch jede Menge Knuffe. (mz)