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Hallesche Eissporthalle Hallesche Eissporthalle: Landgericht urteilt erstmals über Flutfolgen

Von Steffen Könau 23.05.2014, 18:19
Mehr als vier Jahrzehnte wurde in Sachsen-Anhalts einziger Eissporthalle Eishockey gespielt, zuletzt von den erfolgreichen Saale Bulls. Dann kam die Flut im Sommer 2013 - und nun kämpfen Betreiber und Verpächter vor Gericht um die Regulierung der Schäden.
Mehr als vier Jahrzehnte wurde in Sachsen-Anhalts einziger Eissporthalle Eishockey gespielt, zuletzt von den erfolgreichen Saale Bulls. Dann kam die Flut im Sommer 2013 - und nun kämpfen Betreiber und Verpächter vor Gericht um die Regulierung der Schäden. Stefan Röhrig Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Eigentlich ist es ein Verfahren wie viele. Ein Verpächter hat seinem Pächter gekündigt, der Rausgeworfene weigert sich, auszuziehen. Es folgt die Räumungsklage und man trifft sich vor Gericht. Doch schon der Medienauftrieb vor Saal 178 des halleschen Landgerichtes verrät an diesem Freitag, dass es im Verfahren um die Räumung der einzigen Eissporthalle in Sachsen-Anhalt um mehr geht als nur die Forderung eines Eigentümers an seinen Pächter, die Pachtsache wegen eingetretener Flutschäden zurückzugeben.

Wie hoch sind Flutschäden?

Gestritten wird vielmehr darüber, wie hoch diese Flutschäden eigentlich sind. Die Stadt Halle, Eigentümer des 45 Jahre alten Gebäudes, geht von einem zweistelligen Millionenbetrag aus. Ein im Auftrag der Stadt erstelltes Gutachten listet Schäden in Höhe von insgesamt 13,7 Millionen Euro auf. Eine Sanierung der alten Halle verbiete sich, sagt Stadtsprecher Markus Folgner, weil die Stadt dann einen Großteil der Kosten selbst tragen müsse. Die Betreibergesellschaft Werkling-Busch rechnete hingegen nur mit Schäden von rund 300 000 Euro und versicherte, eine Reparatur der Halle sei günstiger als der von der Stadt geplante Ersatzneubau.

Die Eissporthalle wurde 1967 als Freiluft-Eislauffläche gebaut, erst zwei Jahre später erhielt sie ein fest verbautes Dach. Später fanden neben Eishockeyspielen - unter anderem trug DDR-Rekordmeister Dynamo Berlin zeitweise seine Europacup-Spiele in Halle aus - auch Eiskunstlaufveranstaltungen, internationale Boxwettkämpfe und Rockkonzerte statt.

Nach der Wende wurde die reparaturbedürftige Halle für den Eissport geschlossen und der Eishockeyverein Aufbau löste sich auf. Erst Ende der 90er öffnete die Halle wieder und die Saaleteufel zogen in der untersten Liga bis zu 3 500 Zuschauer an. 2004 folgte dennoch die Pleite. Zuletzt spielte der Nachfolgeverein MEC Halle 04 Saale Bulls in dem Gebäude.

Für Richter Wolfgang Ehm eine kaum erklärliche Diskrepanz - er gab deshalb ein eigenes Gutachten in Auftrag. In dem kommt der Dessauer Baugutachter Gerd Förster nun auf einen Flutschaden von rund einer Million Euro: Sehr viel mehr, als die Betreiber glaubten. Vor allem aber sehr viel weniger, als die Stadt als Flutschaden gemeldet hat. „Es sind keine Schäden infolge des Hochwassers feststellbar, die den Weiterbetrieb in Frage stellen würden“, urteilt Förster. Statische und sicherheitstechnische Belange seien durch das Hochwasser nicht berührt worden, notwendige Arbeiten umfassten im wesentlichen Ausbaugewerke wie Putz, Trockenbau und Elektrik.

Unterschiedliche Standpunkte

Für den Vorsitzenden Richter ein Problem. Im Pachtvertrag sei von einer Kündigungsmöglichkeit bei einer überwiegenden Zerstörung der Halle die Rede, zitiert Ehm. „Aber davon können wir hier wohl nicht ausgehen“, sagt er und lässt erkennen, dass es „bei wörtlicher Auslegung des Vertrages“ schwer wird, eine Räumung einzuklagen.

Dietmar Weichler, Leiter des Dienstleistungszentrums Wirtschaft der Stadt Halle und Chef des Vereines, der als Verpächter des Gebäudes diente, hält dagegen. Es sei unzumutbar, die Halle im Flutgebiet weiterbetreiben zu müssen. Zu den bislang schon hohen Verlusten durch Nebenkosten, die die Stadt durch jährliche Zuschüsse von bis zu 250 000 Euro ausgeglichen hatte, kämen dann auch noch Kreditkosten für die Sanierung, die durch den möglichen Wegfall des Bestandsschutzes für Teile des Gebäudes sehr viel teurer werden könnte. Das Gerichtsgutachten stellt Weichler nicht einmal infrage. Doch selbst eine Million Euro sei nicht finanzierbar, „denn wir können keine positive Zukunftsprognose abgeben“.

Die Stadt hat sich unter Verweis auf den damit entstandenen „wirtschaftlichen Totalschaden“ für einen Neubau mit Fluthilfemitteln entschieden, der Stadtrat auch bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. Danach soll der Eishockey-Oberligist Saale Bulls in einem „Eisdom“ genannten Übergangsbau für 2,9 Millionen Euro spielen, bis eine neue Eissporthalle fertiggestellt ist. Vom Land gibt es grünes Licht für die Neubaupläne, die Investitionsbank wartet auf Förderanträge. Am 23. Juni folgt allerdings erst einmal das Urteil über die Räumungsklage.

Im Juni 2013 stand die Eissporthalle komplett im Wasser.
Im Juni 2013 stand die Eissporthalle komplett im Wasser.
Silvio Kison Lizenz