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Bundestag Hallenser im Bundestag: Was machen Halles Abgeordnete eigentlich seit September?

Von Julia Rau 06.02.2018, 14:48
Auch ohne gewählte Regierung wird im Bundestag gearbeitet.
Auch ohne gewählte Regierung wird im Bundestag gearbeitet. dpa

Halle (Saale) - Wenn der Vertretungslehrer einspringt, gucken eh alle Video. Tests werden verschoben und das große Klassenprojekt muss warten. Läuft es vielleicht gerade auch in Berlin so? Jetzt, da die Chefin beschäftigt und die Regierung noch nicht zusammengestellt ist? Was also treiben die halleschen Bundestagsabgeordneten eigentlich die ganze Zeit seit der Wahl im September?

Petra Sitte (Linke) widmet sich der „Tiefenbohrung“ 

„Ich befasse mich in der Zeit intensiv mit meinen Themen, gehe auf Konferenzen und Fachtreffen um up-to-Date zu sein und auf Augenhöhe mitdiskutieren zu können“, sagt Petra Sitte. „Tiefenbohrung“ nennt die Linken-Politikerin das. Die Arbeit sei insgesamt nicht weniger, aber selbstbestimmter in dieser Schwebephase. „Es ist ein echter Luxus, weil man nicht so sehr von den täglichen Ereignissen gejagt wird.“ 

Ausschüsse und Sitzungen stünden dennoch auf dem Tagesplan. Sitte ist unter anderem Obfrau, also Schiedsperson, im Hauptausschuss. Neben der Arbeit in Ausschüssen und Arbeitsgruppen müsse „ja auch eine geschäftsführende Regierung kontrolliert werden“, sagt sie.

Frank Sitta (FDP): Leute einstellen und Strukturen aufbauen

Eine „stehende Fraktion“ wie die Linke könne sich der „Tiefenbohrung“ widmen, wie Frank Sitta von der FDP sagt. Die Liberalen nicht, denn sie haben derzeit ganz grundlegende Dinge auf dem Zettel: Sie müssen ihre Fraktion wieder aufbauen, Strukturen schaffen und Personal koordinieren. „Wir stellen noch immer Leute ein und sehen zu, dass die hier Kontakte knüpfen und die ersten Reden halten“.

Der Bundestag hat kürzlich seine Ausschüsse eingerichtet. „Die beschäftigen uns gerade sehr, denn jetzt können wir unsere Anträge einbringen“, so Sitta. Als stellvertretender Vorsitzender im Fraktionsvorstand habe er alle Hände voll mit Sitzungen und Gesprächen zu tun.

Bei den Jamaika-Verhandlungen hatte er mitsondiert. Sitta ist in vier Ausschüssen - Umwelt, Ernährung, Verkehr und Digitale Agende - als einer von sechs Stellvertretern Christian Lindners tätig.

Karamba Diaby (SPD): „Ich bin jeden Tag unterwegs, auch mal bis spät in die Nacht“

Die grundlegenden Dinge, um die sich die FDP kümmern muss, sind bei der SPD natürlich längst eingerichtet. Weil aber noch immer nicht im Detail raus ist, wie die Zusammenarbeit mit der CDU in einer möglichen Großen Koalition aussehen soll, geht es bei den Sozialdemokraten auch besonders geschäftig zu. „Ich bin jeden Tag unterwegs, auch mal bis spät in die Nacht“, sagt der hallesche Abgeordnete Karamba Diaby.

Er klopft in einer Arbeitsgruppe für Regierungsbildung gerade mit am Fundament der politischen Arbeit. „Die Parteitage gibt es weiter und ich habe sehr, sehr viele Fraktionssitzungen wegen der Sondierungen.“ Erst am Donnerstag sprach er im Plenum. Und: Einen Umzug muss er ebenfalls noch wuppen. Sein Büro zieht in Halle aus der Großen Märkerstraße in die Kleine Ulrichstraße. „Wir wissen alle, was ein Umzug bedeutet: Stress“, sagt Diaby lachend.

Christoph Bernstiel (CDU): Rente für geschiedene Ostfrauen aus Tapet gebracht

Den Umzug, oder besser Einzug hat Christoph Bernstiel von der CDU zum Glück schon hinter sich: „war aber viel Arbeit, denn man bekommt ein Büro mit Teppich und einer Lampe, das war’s“. Weil das Parlament voll arbeitsfähig ist, hat auch der Christdemokrat eine enges Terminkorsett.

„Ich bearbeite mehrere Gesetzesvorhaben und Anträge und gehe nach wie vor auf viele Treffen um Netzwerke zu knüpfen“, sagt Bernstiel. Kürzlich befasste er sich mit der Rente für geschiedene Ostfrauen, schrieb dazu Briefe an die Fraktionsspitze und konnte mit seinen Kollegen das Thema in den Sondierungsvertrag einbringen. Der Bundestags-Neuling sei mittlerweile „richtig im Hamsterrad drin, und das macht sehr viel Spaß“, wie er sagt. In der nächsten Sitzungswoche wird Bernstiel seine erste Rede zum Thema innere Sicherheit halten.

Zeit für Urlaub hatten die Abgeordneten bislang kaum, höchstens mal ein langes Wochenende nach der Wahl oder zwischen den Feiertagen Luft holen. (mz)