Halle Halle: Wohnungssuche nach Haftentlassung wird immer schwerer
Halle (Saale)/MZ. - Das sagt Uwe Theiß vom städtischen Sozialamt. "Plötzlich machen die Vermieter die Schotten dicht. Das war früher nicht so."
Welche Konsequenzen das hat, musste Frank Schaffernicht erfahren. Dass er eine kriminelle Vorgeschichte hat, daraus macht er keinen Hehl. "Ich habe 22 Jahre meines Lebens in Haft gesessen." Ende Juni ist er nach viereinhalb Jahren wieder aus dem Gefängnis entlassen worden. Seitdem hat er keine Wohnung in Halle gefunden.
Der 53-Jährige ist mit dem Problem nicht alleine: "Es häuft sich zunehmend, dass private und andere Wohnungsgesellschaften keine entlassenen Häftlinge mehr aufnehmen", sagt Thomas Ernst von der Straffälligenhilfe des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Halle.
Zurzeit wohnt Schaffernicht im Obdachlosenheim am Böllberger Weg, das offiziell Haus der Wohnhilfe heißt. Doch gerade Hilfe ist es, was ihm fehlt: "Ich habe einfach keine Perspektive." Privatinsolvenz, Mietschulden, Zwangsräumung, schwere Behinderung durch Bandscheiben- und Herzprobleme, dazu auch die Abhängigkeit vom Alkohol und die Vorstrafen zählt der frühere Lager- und Transportarbeiter auf. Er sagt auch: "Ich habe im Gefängnis nichts mehr zu suchen, ich bin zu alt dazu." Vor Behördengängen hat er keine Scheu - doch wo er bisher war, hat er nach seiner Schilderung nur auf Granit gebissen.
Eine der Anlaufstellen von Schaffernicht war auch die Straffälligenhilfe des ASB, die über die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG) sechs Übergangswohnungen für Strafentlassene anbieten kann - aber nicht für Schaffernicht, der unter anderem auch bei der HWG Mietschulden hat.
"Wir haben erst ein paar Wochen vorher von der Haftanstalt von der bevorstehenden Haftentlassung erfahren", erläutert Ernst. Zwar sei es möglich, auch für so problematische Fälle eine Unterkunft zu finden - doch dafür benötige es mindestens drei Monate Vorlauf.
Da der 53-Jährige jetzt im Haus der Wohnhilfe lebt, ist der dortige Sozialdienst für Schaffernicht zuständig. Und von dem kann er auch Hilfe erwarten: "Ziel ist nicht die dauerhafte Unterbringung im Haus der Wohnhilfe", so Theiß vom Sozialamt. Der zuständige Sozialarbeiter werde sich nun auch um diesen Einzelfall kümmern. "Aber auch zu uns kann er jederzeit wiederkommen und Hilfe erhalten", betont Ernst. Er beklagt, dass es bislang keine offene Diskussion über den Umgang mit Menschen wie Frank Schaffernicht in der Gesellschaft gegeben habe. Die wäre zwar wichtig, gleichzeitig weiß Ernst aber: "Das ist müßig und es bringt nichts." Ex-Häftlingen könne er daher nur raten, in ein anderes Bundesland zu gehen, wo sie ein unbeschriebenes Blatt sind.
Trotz der guten Zusammenarbeit mit der HWG, anderen Netzwerkpartnern und dem Justizministerium sieht der ASB-Mitarbeiter Defizite bei der Resozialisierung Straffälliger: "Die Mittel und Wege sind nicht mehr ausreichend und nicht gegenfinanziert."