Halle Halle: Wiegand lässt Kampfhunde einsammeln

Halle (Saale)/MZ. - Staffordshire-Terrier, Pitbull, Bullterrier - die Allgemeinheit hat für diese Tiere einen Namen: Kampfhund. Offiziell heißen sie Listenhunde, weil sie auf einer Rasseliste des Landes Sachsen-Anhalt stehen. Es sind Hunde, die als gefährlich gelten. Nun erheben Tierschützer schwere Vorwürfe gegen die Stadt: Die gehe seit einigen Monaten verstärkt gegen die Besitzer vor und beschlagnahme die Tiere sogar, klagt die Geschäftsführerin des halleschen Tierschutzvereins, Marlis Koser. "Das verursacht großes Leid: bei den Haltern, den Hunden und den Mitarbeitern im Tierheim." Das städtische Heim sei bereits voll, "neue" Hunde kämen in private Heime.
Die Stadt indes beruft sich auf ein Landesgesetz: das "Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren". Es ist seit März 2009 in Kraft. Es schreibt für die Listenhunde einen Wesenstest vor. "Kommen die Besitzer dem nicht nach, müssen wir die Tiere abholen", erklärt Innendezernent Bernd Wiegand. Mit diesem frühen Einschreiten sollen Hunde-Attacken verhindert werden. Das Tier einzuschläfern, lasse das Tierschutzrecht nicht zu. Die "Sicherstellung" sei das letzte Mittel, so Wiegand.
Doch das kann für die Stadt teuer werden. Denn die Kosten dafür muss der Halter zahlen. Kann er das nicht, bleibt die Stadt darauf sitzen. Deshalb schlagen Tierschützer vor, die Stadt solle lieber den Wesenstest bezahlen. Jetzt dagegen lebt das Tier im Heim, denn die Aussicht, einen anderen Halter zu finden, ist gering. Schuld sind auch die hohen Kosten für Steuer (720 statt regulär 100 Euro) und Wesensnachweis (400 Euro).
Zudem kritisieren die Tierschützer, dass unter das Gesetz nicht nur die Listenhunde fallen, sondern auch alle anderen - vom Dackel bis zum Windhund - falls sie Verhaltensauffälligkeiten zeigen und diese gemeldet werden.
"Wir sind verpflichtet, alle Hinweise zu prüfen", verteidigt Wiegand das Vorgehen. Werde das Tier als gefährlich eingeschätzt, müsse der Halter eine Erlaubnis zur Haltung beantragen und den Wesenstest veranlassen. Zusammen mit der drastisch höheren Hundesteuer bei Listenhunden wird das für den Besitzer teuer. Tierschützerin Koser wirft der Stadt darum Geldschneiderei vor. Halter von sichergestellten Hunden sollten zur Zahlung gezwungen werden, kritisiert sie. "Die Stadt muss das Landesgesetz durchsetzen", entgegnet Wiegand. Es gehe nicht ums Abkassieren.
Drei Stellen seien für die Umsetzung des Gesetzes geschaffen worden. Seit März 2009 wurden 15 Hunde in Halle sichergestellt, darunter ein Rottweiler und ein Golden Retriever - beide Rassen stehen nicht auf der Landesliste. Ein Argument mehr für Koser, das Gesetz zu streichen, zumal jene Hunderasse, die für die meisten Attacken verantwortlich sei, der Deutsche Schäferhund, nicht auf der Liste sei.
Wiegand indes verteidigt gar vorbeugende Maßnahmen: Selbst bei Hunden, bei denen "nicht sicher ist, es aber als möglich erscheint, dass er künftig schädigendes Verhalten zeigt", könne das Amt eingreifen. Können also Hunde im Tierheim landen, die "nur möglicherweise" jemanden angreifen? Wiegand: "Die öffentliche Sicherheit hat oberste Priorität." Tierschützerin Koser schlägt derweil eine Art "Hundeführerschein" vor. In der Schweiz gebe es das - verpflichtend für jeden Halter."