Halle Halle: Solotänzer nimmt mit Wehmut Abschied vom Ballett
Halle (Saale)/MZ. - Die Entscheidung ist ihm schwer gefallen, sehr schwer. Doch Yann Revazov glaubt, es ist der richtige Zeitpunkt, um zu sagen: Ich höre auf. Der erfolgreiche Tänzer, der seit 2003 zum Ballett Rossa am halleschen Opernhaus gehört, nimmt schweren Herzens und mit der berühmten "Träne im Knopfloch" Abschied. Nicht nur von Halle, sondern vom Leben als Ballett-Tänzer überhaupt.
Der gebürtige Russe, der aus der Schwarzmeerstadt Sewastopol stammt, ist seit der Spielzeit 2006 / 2007 Solotänzer im Ballett Rossa am halleschen Haus - und hat viele Figuren, die ein Tänzer in seinem Bühnenleben erstrebt, eindrucksvoll verkörpert.
Dem halleschen Publikum ist der sympathische junge Mann mit dem jungenhaften Lachen in vielen Rollen bekannt. So trat Revazov solistisch erstmals als Falscher Prinz in Ralf Rossas "Dornröschen" und in "Romeo und Julia" als Mercutio hervor. Für seinen Peter Elias Alder in Rossas Uraufführung "Schlafes Bruder" wurde er von der internationalen Fachzeitschrift "Ballett-Tanz" zum Nachwuchstänzer des Jahres 2004 nominiert. "Das war auch meine Lieblingsrolle", so Revazov, der die unvermeidliche Frage, welche Rolle er sonst noch gern getanzt hätte, sofort mit einem Satz beantwortet: "Ich würde alles gerne tanzen."
Und warum beendet er dann seine erfolgreiche Karriere so scheinbar grundlos? "In meinem Alter ist das Ende vielleicht noch ein wenig früh, aber ich möchte nicht erst aufhören, wenn es zu spät ist", erklärt der 31-jährige, hinter dem ein entbehrungsreiches, aber nach Revazovs eigenen Worten auch "bewegendes und kreatives" Tänzerleben liegt. So tanzte er in "Carmen - Das Ballett" den Don José, eine Saison später kamen solistische Auftritte in "Vier Jahreszeiten / Le Sacre du Printemps" sowie als Allan in "Endstation Sehnsucht" hinzu. Unvergessen seine Titelrolle in Ralf Rossas Inszenierung "Amadeus", die das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss; nicht weniger erfolgreich war Revazov, der allerdings auch eine einjährige Verletzungspause einlegen musste, auch in "Josephs Legende", "Peter Pan" und "Nijinski" In der aktuellen Spielzeit, die nun zu Ende geht, war er unter anderem als Prinz in "Die Schöne und das Biest" zu sehen.
"Der Körper ist nicht mehr ganz so fit, und auch die Angst vor Verletzungen wächst", begründet er seinen Entschluss, mit dem er lange gerungen hat. "Es ist schon schwer, in seiner besten Zeit aufzuhören", gesteht der Tänzer, und auch Ballett-Chef Rossa bedauert es sehr, dass einer seiner besten Schützlinge das Haus verlässt. Dennoch - verstehen könne er ihn. "So hat er noch die Chance, sich eine zweite Karriere aufzubauen", weiß Rossa, der selbst bis zum 38. Lebensjahr auf der Bühne gestanden hat.
Revazov, der nach dem Studium von 1993 bis 2000 an der Ballettschule in Moskau sein Diplom als klassischer Tänzer erwarb und Engagements im Jeune Ballet de France, am Badischen Staatstheater Karlsruhe und in der Austria Ballet Company hatte, hat durchaus Pläne für das Berufsleben "danach": "Ich fotografiere sehr gern, und vielleicht kann ich als Bühnenfotograf dem Tanz noch nahe bleiben", so Revazov. Bevor er Halle in Richtung Berlin verlässt, gibt der Tänzer am Sonntag in "Bernarda Albas Haus / Die vier Jahreszeiten" seine Abschiedsvorstellung. Das Thema des Ballettabends - der letzte vor der Sommerpause - hat dabei, obwohl zufällig im Programm, für den scheidenden Tänzer Symbolcharakter: Vivaldis "Vier Jahreszeiten" bietet in der Choreographie Ralf Rossas den Klangteppich zu einer Liebeserklärung an das Ballett und den Beruf des Tänzers in verschiedenen Phasen seiner Karriere. Es ist Revazovs letzter Tanz...
Letzter Ballettabend der Spielzeit, Sonntag 18 Uhr, Oper. Es gibt noch Karten.