Halle Halle: «Sieg Heil» in der Uniklinik?
Halle (Saale)/MZ. - Zudem beklagen die Mitarbeiter weitere verbale Entgleisungen, die sie in einem Brief an den Personalrat geschildert haben. Seit Mittwoch gibt es klinikinterne Ermittlungen in dem Fall.
Der Mediziner stellt auf MZ-Anfrage die Vorwürfe anders dar: "Ich bin weder rechtsradikal eingestellt noch habe ich Kontakte zur rechten Szene." An dem fraglichen Tag habe er eine Äußerung gemacht, die man hätte falsch verstehen können - und die auch das Wort "Sieg" enthalten haben kann, räumt er ein. Nicht jedoch "Sieg Heil". Er habe sofort deutlich gemacht, dass er den Ausspruch nicht mit Bezug auf den Nationalsozialismus getan habe.
In einer Anhörung musste sich der Mediziner am Mittwoch Nachmittag dem ärztlichen Direktor der Uniklinik, Thomas Klöss, stellen. Klöss will sich zu den Vorwürfen jedoch nicht äußern, solange seine Ermittlungen laufen. Denn nun sollen alle Mitarbeiter der Klinik zu vertraulichen Gesprächen eingeladen werden. Dabei soll geprüft werden, was wirklich gesagt worden ist. "Danach gibt es einen internen Bericht", so Klöss. Erst dann wird über mögliche Konsequenzen entschieden.
Der ärztliche Direktor nimmt die Vorwürfe gegen den Chefarzt ernst. Das Schreiben von fünf Mitarbeitern, das der Redaktion bekannt ist, führt weitere Ungeheuerlichkeiten auf: Abfällig soll der Mediziner einen asiatischen Arzt als "Reisfresser" bezeichnet haben; einen Patienten aus der arabischen Welt soll er als "zukünftigen Terroristen" beleidigt haben. Die Mitarbeiter beklagen die Kriegsrhetorik des Professors, der von "schweren Geschützen" reden sowie drohen soll: "Wer sich nicht daran hält, wird erschossen."
Dass es in der betroffenen Klinik große interne Probleme gibt, weiß auch die Krankenhaus-Leitung. Ein Vermittler soll nun nach Ursachen und Lösungen für schwelende Konflikte suchen. Vor wenigen Wochen war die Situation in der Klinik eskaliert: Einem Oberarzt, der mit dem Professor im Clinch liegt, wurde gekündigt. Das Arbeitsgericht erklärte am Dienstag aber diese Kündigung für unwirksam. Nun kann die Klinik am Landesarbeitsgericht Berufung gegen dieses Urteil einlegen; es ist noch nicht rechtskräftig.
In dem Rechtsstreit wurden die umstrittenen Äußerungen des Professors öffentlich. In der Verhandlung ging es um Zustände an der Klinik, die der gekündigte Oberarzt als unhaltbar empfindet. Gleich zweimal hatte er eine Kündigung erhalten, einmal im Mai und einmal im Juni. Ein Grund dafür war eine Dienstanweisung, die er als Vertreter des Chefarztes während dessen Urlaub herausgab - darin sah die Uniklinik eine Kompetenzüberschreitung. Dabei habe der Oberarzt, der sich gemobbt fühlt, lediglich mit der Dienstanweisung für Ordnung in der Klinik sorgen wollen.
Nachdem sich der 50-jährige Oberarzt nach seiner Aussage erfolglos wegen weiterer Missstände an die Klinikleitung gewandt hatte, machte er auch mit einem Brief die Aufsichtsratsvorsitzende und damalige Kultusministerin Birgitta Wolff (CDU) auf die Probleme aufmerksam - danach erhielt er die zweite Kündigung. Wegen der mutmaßlichen Äußerung "Sieg Heil" will der Anwalt des geschassten Arztes nun Strafanzeige erstatten. Sein Mandant hatte den fraglichen Ausspruch selbst nicht gehört - frühere Kollegen hatten ihm das Schreiben an den Personalrat jedoch zur Kenntnis gegeben.
Der Personalrat war am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Das Wissenschaftsministerium, das die Aufsichtsratsvorsitzende Wolff jetzt leitet, hat für Donnerstag eine Erklärung angekündigt.