Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Wein ist keine Nebensache
HÖHNSTEDT/MZ. - "Heute haben Sie Pech, die Wolken hängen so tief, man kann die herrliche Landschaft gar nicht richtig genießen", sagt Erika Rost auf der Terrasse eines kleinen Bungalows. Der steht mitten in einem Weinberg bei Höhnstedt. Ehemann Wilfried meint, Hauptsache am Tag des offenen Weinberges am 6. und 7. August ist schönes Wetter, damit möglichst viele Besucher kommen.
Die Rosts sind Winzer im Nebenerwerb. Will heißen: Eigentlich gehen sie einem anderen Beruf nach und betreiben den Weinbau "nur nebenbei". Gegen diese Formulierung haben beide etwas einzuwenden. Der Weinbau fordert jede Aufmerksamkeit, ist beileibe keine Nebensache, auch wenn das Ehepaar heute als Rentner seine ganze Konzentration darauf richten kann. Als sie noch Verkäuferin und er 40 Jahre Bergmann unter Tage bei der Mansfeld AG war, gab es richtigen Stress.
"Es heißt, der Winzer geht 17 Mal im Jahr um den Weinstock", sagt Wilfried Rost. Pflanzen, pflegen, schneiden, düngen, anbinden, spritzen und Trauben lesen - das sind seine wichtigsten Arbeiten, wenn der Wein einen guten Ertrag bringen soll. Und der ist von der Winzergenossenschaft streng geregelt. Alle Nebenerwerbs-Winzer müssen sich daran halten, pro Hektar nicht mehr als 75 Hektoliter zu erzielen, erklärt Marion Krüger vom Weinbauverein, selbst Winzerin im Nebenerwerb. Das bedeutet oft Schnitt noch kurz vor der Lese.
Gekeltert werden die Trauben von Familie Rost in der Winzergenossenschaft Freyburg. Zusammen mit den Erträgen anderer Winzer aus Höhnstedt. Was dabei herauskommt, firmiert unter dem Begriff Höhnstedter Kelterberg.
Mit Enkelin Tina - sie hat gerade ein Einser-Abitur gebaut - ist bereits die vierte Generation der Rosts im Weinberg. Über 6 000 Quadratmeter Land in Hanglage, 700 Quadratmeter mit Obstbäumen, der Bungalow aus den 20er Jahren und die Berghütte, die Rosts Großvater 1884 gebaut hat, sind das Refugium der Familie. Wenn auf dem Berg gearbeitet wird, dann versammeln sich Familie und Freunde. Und Oma Erika kocht und bäckt. Dann sitzen alle nach der Arbeit noch zusammen, trinken ein Gläschen und hoffen auf eine gute Lese.
Tina sagt, sie habe schon als Kind gern im Weinberg geholfen, aber nachts, wenn alle dort oben geschlafen haben, das war dann schon manchmal gruselig. "Die Geräusche der Tiere, die waren so fremd", erinnert sie sich. Aber wenn dann morgens die Sonne aufgeht, dann ist es richtig toll im Weinberg. Und nach dem gemeinsamen Frühstück steigen dann alle wieder in den Weinberg.
Der älteste Rebstock, das weiß Wilfried Rost ganz genau, ist ein Portugieser, der 1954 gepflanzt wurde. Der bringt heute noch Ertrag. Bei den Rosts gedeihen die Sorten Müller Thurgau, Silvaner, Traminer und Portugieser. Und der eigene, der Höhnstedter Wein, sagt das Paar übereinstimmend, schmeckt immer noch am besten.
Gleich neben dem Bungalow, da wächst noch ganz anderes. Erika Rost schmunzelt, als sie sagt: "Wenn ich hier koche und etwas vergessen habe, dann ist es ein weiter Weg bis nach Hause. Und so wachsen hier auch Tomaten, Zwiebeln, Dill und Petersilie."