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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Unkraut für die Schönheit

Von kornelia privenau 25.11.2012, 18:53

zappendorf/MZ. - Der Zappendorfer Pflanzenforscher Gert Horn produziert etwas, das weltweit einmalig ist: Bio-Kletten-Öl und den Pflanzenextrakt Arctilin. Der Mann hat schon vor sehr langer Zeit Leidenschaft für eine Pflanze entwickelt, die andere geringschätzig als Unkraut bezeichnen: die Große Klette, ein Gewächs der Korbblütler-Familie.

Beide Stoffe besitzen Eigenschaften, die Begehrlichkeiten der kosmetischen Industrie wecken. Und so ist die Firma Florena, eine Tochter des Beiersdorf-Konzerns, wichtigster Abnehmer der Rohstoffe aus Zappendorf geworden. Sie verarbeitet das Öl weiter in Make-up, Pflege- und Anti-Aging-Produkten, aber auch in traditionellen und bekannten Florena- und Nivea-Cremes sowie in der Eucerin-Handcreme. Aus 100 Kilo Pflanzenmaterial könne man zwölf bis 15 Liter Öl gewinnen, erklärt Horn.

Horn ist Agrar-Ingenieur, studierte an der Martin-Luther-Universität in Halle und war lange Zeit in der Pflanzenforschung tätig. 1998 hat er sein Unternehmen Exsemine GmbH in Zappendorf gegründet und widmet sich seither dem ökologischen Anbau dieser Pflanzen, der Gewinnung ihrer so wichtigen Inhaltsstoffe und deren Vermarktung.

Exsemine hat Horn auf einem sanierten und extra dafür ausgebauten Vierseithof angesiedelt, der seit 1834 seiner Familie gehört. "Wir haben hier zwei Absichten miteinander verbunden. Zum einen die Erhaltung des Hofs und zum anderen die Schaffung der notwendigen Arbeitsbedingungen", sagt Horn. So findet man auf dem Hof nicht nur viele Ackergeräte, sondern auch eine eigene Ölpresse und Technik zum Schälen der Samen.

Diese Bearbeitung sei notwendig, so Horn, um das Arctilin aus der Pflanze zu extrahieren. "In der Fruchtschale ist dieser die Kollagen-Produktion der Haut anregende Stoff nicht enthalten", erklärt Horn weiter. Und das in der Presse gewonnene Samenöl aus der Bio-Klettenfrucht der von Horn entwickelten Sorte Nuda habe einen besonders hohen Vitamin-E-Gehalt.

Wer nun glaubt, die Kletten wachsen so ziemlich von allein, den belehrt Horn eines Besseren: "Wir säen im Frühjahr aus und erst im August des folgenden Jahres reift die Pflanze zur Ernte. Im Aussaatjahr ist sehr viel manuelle Pflege erforderlich." Wie Horn sagt, helfen dabei auch Saisonkräfte mit. Geerntet wird wie auf den Getreidefeldern mit dem Mähdrescher. "Das besorgt unser Nachbar, der Landwirt Uwe Müller, wir haben das so geregelt", so Horn.

Der Kooperationspartner Beiersdorf sieht sein Engagement in Zappendorf laut Presseinformation als Beitrag zur Erhaltung seltener Pflanzenarten in der Anbauregion Naturpark Unteres Saaletal. Zu den Unterstützern dieser Bemühungen - teilweise durch Forschungsmittel und Fördergeld - zählen neben der öffentlichen Hand auch die Bundes-Umweltstiftung sowie der Landschaftspflegeverband Östliches Harzvorland: für Horns Unternehmen wichtige Voraussetzung.

Wer forscht, braucht Zeit und Geduld. Horn sagt: "Bis sich erste wirtschaftliche Ergebnisse einstellen, können zehn Jahre vergehen." Deshalb würden zeitversetzt immer mehrere Zuchtreihen laufen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Etwa 30 Hektar Acker stehen als Anbauflächen zur Verfügung. Die Versuchsflächen sind kleiner.

Mit seinem vierköpfigen Team hat Horn die Bedingungen für das Wachstum der zweijährigen Klette untersucht und ihre Anfälligkeit für Schädlinge und Krankheiten. Sie seien schon robust. Mehltau und Distelfalter seien die einzigen "Feinde" der Großen Klette. Das erleichtere die Forschung und den Verzicht auf Chemie.

Der 56-jährige Geschäftsführer Gert Horn, ist froh, auch heute noch bestimmte universitäre Einrichtungen nutzen zu können wie beispielsweise das Biozentrum, das analytische Methoden anbiete, die kein Labor zur Verfügung stellen könne. Horn: "Das ist sehr hilfreich."