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Halle Halle: OB-Kandidaten auf der Straße

Von Felix Knothe 27.06.2012, 19:13

Halle (Saale)/MZ. - Der Wind bläst in diesen Tagen kräftig über den Markt, böig, aus allen Richtungen. Der frische Wind, der alles erneuern soll - zunächst wird er zum Problem für Halles Wahlkämpfer. Schirme bleiben zu, Blätterstapel müssen festgehalten werden - Wahlkampf als Kampf gegen die Elemente.

Die CDU sucht am Roland Schutz, jeden Tag steht der Stand im Windschatten am Roten Turm - verlässlich. Kandidat Bernhard Bönisch verspätet sich. Doch kaum erschienen, wird er umlagert - ein Phänomen. Er ist bekannt. Viele drehen bei, mit Einkaufstüten, um einfach kurz Hallo zu sagen, einen Kugelschreiber mitzunehmen. Lebensgeschichten, Nachbarschaftsklatsch, Persönliches - bei Bönisch wird einiges abgeladen. Doch der Kandidat lächelt, hört zu, erklärt. Einer will wissen, wie es weitergeht mit der A 143. Bönisch referiert zur Rechtslage, sagt, es sei schwierig - und vermittelt dennoch, dass er der richtige Mann in der Frage sei. Student Daniel Dolesik will Bönisch auf den Zahn fühlen - Stichwort Zusammenarbeit mit dem Land. Bönisch: "Die Kommunalaufsicht muss überzeugt werden, nicht nur stur auf die Schulden zu schauen. Das kann kein anderer so wie ich, denn ich habe die Verbindungen." Dolesik ist nicht ganz überzeugt.

SPD-Mann Kay Senius war bis vor Wochen nahezu unbekannt. Er will aufholen. Der Platz vor der Ulrichskirche ist ein Brennpunkt im Straßenwahlkampf. Senius, kaum angekommen, ist sofort drin: Leute ansprechen, Faltblätter verteilen, einen lockeren Spruch hier, zuhören da. Kommunizieren kann Senius. Bis der Regen kommt und die Straße leer fegt. Während der Kandidat Schutz im Wagen sucht, verteilt ein einsamer Genosse die letzten SPD-Windmühlen.

Anderntags lockt Senius mit Kaffee vor der Harzmensa die Studenten vor seinen Stand. "Das ist eine tolle Idee, man kommt gut ins Gespräch", sagt Jura-Studentin Janine Reitel. Auch hier findet Senius schnell Kontakt: Straßenbahnfahren in der Nacht, Hochstraße, Hundekot - er hat seine Hausaufgaben gemacht und gibt nebenbei, als Mann von der Arbeitsagentur sozusagen, noch Tipps für den Berufseinstieg.

Selbe Stelle, anderer Tag. Oliver Paulsen (Grüne) verteilt Flyer, ohne Kaffee. "Dafür reicht mein Budget nicht", sagt er. Die Faltblätter gehen dennoch dutzendweise weg, während die Studenten zum Essen gehen - fast ein Heimspiel. "Der Plan ist, dass die die Flyer drinnen auf den Tischen liegenlassen", so Paulsen, der sich über kurze Grüße freut: "Ich habe mich schon für euch entschieden, und nicht erst beim Essen." Skeptisch schaut Hendrik Pfeiffer, der sich Paulsens Flyer durchliest, während er wartet. "Halles größtes Problem ist ja wohl die finanzielle Seite, aber darüber steht hier nichts", sagt er.

Zu Finanzfragen gibt Linken-Kandidat Swen Knöchel gern Auskunft. Lange Gespräche werden daraus am Wahlkampfstand. Knöchel geht nicht stürmisch auf die Leute zu, er wartet ab. "Es bringt nichts, die Leute zu überfallen. Schon, allein dadurch, dass wir hier stehen werden wir wahrgenommen." Vor dem Edeka an der Vogelweide ist an diesem Tag jedoch wenig los. Magdalena Gerold hat also viel Zeit mit dem Kandidaten. Es geht ums Schulsystem und um die Vermarktung der Stadt. Das Fazit der 26-jährigen: "Er ist auf jeden Fall sympathisch und scheint sich in Halle auszukennen."

Zu Christian Kunze, dem Piraten, strömen die Leute. Viele, die auf die etablierten Parteien schimpfen, halten bei Kunze an. Hier wird er gesucht, der frische Wind. Meist interessiert aber auch nur der Piraten-Anstecker, den Kunze aus einer Schatzkiste heraus verteilt. Paula Jäger, 17, will sich erst einmal informieren. "Eigentlich wollte ich die Grünen wählen, aber die sind den anderen Parteien zu ähnlich geworden", sagt sie noch unentschieden. Der frische Wind - Kunze kann ihn trotzdem nicht in die Segel nehmen: "Ein Segelboot für die Saale hätten wir bekommen können, doch wir hatten niemanden mit Segelschein."