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Halle Halle: KZ-Haft wegen des Glaubens

Von SILVIA ZÖLLER 04.12.2012, 20:57

Halle (Saale)/MZ. - Walter Gabriel hatte einen schweren Lebensweg: Der Pfarrer der halleschen Laurentiusgemeinde wurde als Mitglied der Bekennenden Kirche 1941 ins KZ Dachau deportiert. Mit der Auflage, nicht mehr predigen zu dürfen, entließen ihn die Nazis im Dezember 1942.

Nach dem Krieg war Martin Niemöller, der führende Kopf des kirchlichen Widerstands gegen Hitler, häufig zu Gast im Pfarrhaus der Laurentiusgemeinde, wo Walter Gabriel fast 40 Jahre lang predigte. 1962 ging er in den Ruhestand. Sein Ehrengrab ist auf dem Laurentiusfriedhof, wo er beigesetzt wurde. Sein bewegtes Leben von 1887 bis 1983 wird jetzt in einem Heft skizziert, die der Landesverband der Verfolgten des Naziregimes herausgibt. Ende Dezember soll es in der Reihe "Wider das Vergessen" erscheinen.

Doch gelesen hat es schon einer: Dankfried Gabriel, der jüngste Sohn des Pfarrers. "Unsere Familie hat dem Historiker und Autor Werner Dietrich Material aus den Familienarchiven und Fotos zur Verfügung gestellt", berichtet der 55-Jährige. Selbst für den Sohn gab es hier viel Neues zu erfahren, denn Walter Gabriel hat zu Hause wenig über die Zeit im Widerstand und im Dritten Reich erzählt.

"Es war ihm nicht möglich, über seine Vergangenheit zu sprechen", erklärt Maria Gabriel, die zweite Ehefrau des Pfarrers. Die 92-Jährige lebt heute im Johannes-Jänicke-Haus. Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau, mit der er fünf Kinder hatte, heiratete er 1950 - mit 63 - noch einmal die damals 30-jährige Maria. Heute zählt die Familie 65 direkte Nachkommen, darunter 20 Urenkel und 21 Ur-Urenkel.

Gradlinig und seinen Überzeugungen absolut treu - so beschreibt Dankfried Gabriel seinen Vater. Politisch habe er eine deutsch-nationale Überzeugung gehabt. Was Walter Gabriel jedoch zum Widerstand gegen Hitler gebracht habe, sei die tiefe Frömmigkeit gewesen: "Schon seit Studentenzeiten war er in pietistischen Kreisen", weiß Dankfried Gabriel. Gebete, Lieder und Herrnhuther Losungen gehörten zum Tagesablauf der Pfarrersfamilie . "Jesus, meine Freude" war das Familienlied, das er sogar noch sang, als ihn die Stasi zum Verhör abholte, wie sich Maria Gabriel erinnert. "Er war ein starker Mensch", sagt sie.

Daneben gab es aber auch Dinge im Leben des Walter Gabriel, die man heute als ein wenig schräg bezeichnen würde: Im Pfarrgarten legte der sportbegeisterte Geistliche einen Tennisplatz an, der allerdings im Zweiten Weltkrieg in ein Gemüsebeet umgewandelt wurde.

Als Rentner, 1964, brach Gabriel erstmals sein Schweigen über die Zeit im KZ Dachau und schrieb seine Erinnerungen auf - ohne sie danach einer breiten Leserschaft zur Verfügung zu stellen. "Eigene Lebenserinnerungen zu schreiben ist eine gefährliche Sache. Die Gefahr des Selbstruhmes liegt ständig vor", stellte er seinen Aufzeichnungen selbst voran. Dennoch ist es bald möglich, noch mehr über Walter Gabriels ungewöhnliches Leben zu erfahren.