Halle Halle: Kastanienhof und kein Ende
Halle (Saale)/MZ. - Eigentlich sollte am Montag der letzte Verhandlungstag gegen den mutmaßlichen Betreiber des früheren Bordells "Kastanienhof" sein. Seit 1997 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Volker B., fünf Jahre lagen die Akten unbearbeitet im Landgericht Halle - andere Haftsachen hatten Vorrang. 2008 verhandelte das Gericht kurz, doch dabei wurde festgestellt, dass die Adressen der Prostituierten noch ermittelt werden müssen. Es folgte eine Pause, bis der Prozess im Juli letzten Jahres wieder aufgerollt wurde. Doch weil der angeklagte 60-jährige Leipziger am Montag wegen Krankheit fehlte, musste die Kammer wieder neue Termine ansetzen. Ob nun tatsächlich im August ein Urteil fällt, scheint nach dieser ungewöhnlichen Prozessgeschichte eher fraglich.
Unterschriften gesammelt
Dabei hatte der illegale Puff in der Beesener Straße bereits 1997 für reichlich Wirbel in Halle gesorgt. Anwohner sammelten Unterschriften gegen den Rotlicht-Betrieb. Die Stadt verbot zwar die Nutzung des als "Frauen-Wohnheim" deklarierten ehemaligen Hotels - doch das Treiben ging lustig weiter. Im Dezember 1997 führte die Polizei eine Razzia durch - wegen des "dringenden Verdachts der Zuhälterei und Förderung der Prostitution", wie damals ein Polizeisprecher wenig überraschend mitteilte. Fünf Frauen aus Moldawien, Kenia und Thailand wurden dabei festgenommen, weil sie sich illegal in Deutschland aufhielten. Bei der Durchsuchung entdeckten die Beamten auch rund 8 500 Euro Bargeld.
Im Oktober 2000 schlug die Polizei erneut zu: 19 Frauen aus Osteuropa wurden im Kastanienhof aufgegriffen - allesamt ohne gültige Aufenthaltserlaubnis. Nun kamen für Volker B. als Betreiber auch Ermittlungen wegen Beihilfe zum illegalen Aufenthalt hinzu. Eigentlich unglaublich, dass der Leipziger auch noch die Stadt Halle verklagte, weil er einen Widerruf des Entzugs der Gaststättenerlaubnis erwirken wollte - doch letztlich zog Volker B. diese Klage zurück.
2003 erhielt B. die Anklageschrift, ebenso zwei weitere Männer, die als Wirtschafter tätig gewesen sein und Geld aus den Einnahmen erhalten haben sollen. Als es 2008 endlich zum Prozess kam, wurde das Verfahren gegen die beiden Mitangeklagten gleich eingestellt - nicht zuletzt wegen der langen Verfahrensdauer. Juristische Feinheiten führten auch dazu, dass Volker B. nur noch wegen Einschleusens von einigen wenigen Ausländerinnen angeklagt ist.
Keine Strafbarkeit mehr
Denn zwischenzeitlich sind einige der Länder, aus denen die Frauen eingereist sind, der EU beigetreten, sodass aus heutiger Sicht keine Strafbarkeit mehr vorliegen würde. Denn eine Arbeitserlaubnis wäre nicht mehr nötig. Auch der Vorwurf der 20fachen Zuhälterei musste im Laufe des Verfahrens fallen gelassen werden.