Halle Halle: Ist Zirkus-Freikarte eine Luftnummer?
Halle (Saale)/MZ. - Das glaubt Steffi Hofmann, die sich vom Zirkus über den Tisch gezogen fühlt. Der hatte auf Flyern mit freien Eintritten für Erwachsene gelockt - allerdings mit Bedingungen. So steht im Kleingedrucktem "Gültig für zwei Personen (ab 15 Jahre) in der Kategorie Rang, solange Plätze vorhanden sind".
An diesem Passus scheiterte Hofmann, die sich am Donnerstag mit Tochter Leonie und zwei weiteren Kindern zur 16-Uhr-Vorstellung aufmachte. Schon 15 Uhr hatte sich die 37-Jährige angestellt, um sich einen der limitierten Plätze zu sichern. Die böse Überraschung: "Das Angebot bezog sich links und rechts lediglich auf etwa zehn Plätze im Zelt", schimpft sie und spricht von "einer Luftnummer". Schließlich habe der Zirkus, so vermutet sie, tausende Tickets in Umlauf gebracht - wohl wissend, dass nur wenige Gäste davon profitieren würden. Hoffmann hakte nach. "Ich bekam eine ruppige Antwort von der Kassiererin: ,Wir haben doch hier nichts zu verschenken'".
Hoffmann erzählt vom Halligalli an der Kasse. "Lautstark regten sich auch andere auf, denen es so erging". Etwa eine Seniorengruppe, die wütend abzog. Doch mit Kindern könne man nicht so leicht kehrt machen, wenn ihnen einmal ein Zirkusbesuch versprochen sei. "Man zahlt", sagt Hofmann, die für ihren eigentlich kostenlosen Platz 18 Euro und für drei Kinder 30 Euro berappen musste.
Sauer ist auch Claudia Fröhlich. Bereits vier Tage im Voraus wollte sie an der Kasse ihre Frei-Tickets mit Karten für ihre Kinder bestellen. "Da hieß es, dass man darauf nur am Veranstaltungstag ein Anrecht hat", so Fröhlich. Also kam sie an diesem Tag erneut an die Kasse - aber zu früh. Freikarten, so hieß es jetzt, seien nur eine halbe Stunde vor Vorstellungsbeginn einlösbar. Fröhlich: "Natürlich hätte ich Kinderkarten kaufen können, aber ob es am Nachmittag noch Freikarten für Erwachsene gibt, wusste keiner", so Fröhlich.
Bettina Richter, Sprecherin vom Circus Voyage, verweist auf seriöse Werbepraktiken. "Wer zuerst kommt, erhält auch seinen freien Platz. Davon haben wir wirklich 300 Sitze", widerspricht sie den Ausführungen Hofmanns. Für alle, die das Angebot nicht nutzen könnten, gebe es für Erwachsene eine "Super-Ermäßigung" für die erste Reihe, so Richter. Dort koste die Karte dann acht statt 24 Euro. Allerdings zahlten Eltern hier für ihr Kind auch 20 Euro. Es sei denn, man hat noch den Fünf-Euro-Ermäßigungsflyer griffbereit, der derzeit ebenfalls verteilt werde, so Richter.
Für Simone Meisel, Juristin bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt, sind Beschwerden dieser Art über Zirkusunternehmen neu. Den Flyer hat sie sich angesehen. Rechtlich sei der Zirkus mit der Formulierung auf der sicheren Seite, so Meisel. Denn derjenige, der Freikarten ins Aussicht stellt, dürfe auch Bedingungen festlegen. Diese müssen aber realistisch sein, so dass die Einlösung der Freikarte der Regelfall sein sollte. Die Schilderungen der Leser lassen aber vermuten, so Meisel, dass es sich um ein reines Lockangebot handelt. Das wäre nicht nur moralisch verwerflich, sondern könne rechtlich verfolgt werden, so die Juristin.