Halle Halle: Fliegerbombe ist entschärft

Halle (Saale)/MZ. - Gespenstische Ruhe auf Halles Marktplatz: Nach dem Fund einer fünf Zentner schweren Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg ist das Zentrum der größten Stadt Sachsen-Anhalts am Donnerstag für mehrere Stunden geräumt worden. Die Stadtverwaltung löste Katastrophenalarm aus. Evakuiert wurde auch ein komplettes Krankenhaus.
Insgesamt waren rund 20 000 Menschen betroffen. Sie konnten erst am Abend in ihre Wohnungen zurückkehren. Rund um die Innenstadt kam es den ganzen Tag über zu langen Staus. Auch die viel befahrene Hochstraße war gesperrt. Die Bombe war am Morgen gegen 7.30 Uhr bei Baggerarbeiten auf dem Gelände des Krankenhauses St. Elisabeth gefunden worden. Der Sprengkörper mit einer Länge von mehr als einem Meter wurde erst gegen 18 Uhr an Ort und Stelle entschärft. Probleme habe es dabei nicht gegeben, sagte der hallesche Ordnungsdezernent Bernd Wiegand, der den örtlichen Krisenstab leitete: „Das lief reibungslos. Der Sprengmeister hat eine knappe halbe Stunde gebraucht.“
Die Entschärfung hatte sich allerdings um rund zwei Stunden verzögert, weil sich immer noch Passanten in dem Gebiet aufgehalten hatten. Laut Wiegand musste das Areal deshalb von der Polizei noch einmal abgesucht und Schaulustige an den Rand gedrängt werden.
Seit dem Vormittag war ein Gebiet im Umkreis von 800 Metern um den Fundort in der südlichen Innenstadt geräumt worden - damit war nahezu das gesamte Zentrum betroffen. Geräumt wurden neben dem Elisabeth-Krankenhaus mit mehr als 450 Patienten sechs Schulen, vier Kindertagesstätten, drei Pflegeheime, ein Hospiz, die historischen Franckeschen Stiftungen, die MDR-Hörfunkzentrale sowie zahlreiche Geschäfte und Wohnungen. Auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung mussten das Rathaus verlassen. Der Krisenstab, der alle halbe Stunde tagte, musste deshalb Quartier in einer Feuerwache im Stadtteil Neustadt beziehen.
Die in Sicherheit gebrachten Menschen kamen in einer Sporthalle unter, die Patienten des Krankenhauses wurden in vier andere Kliniken der Stadt verlegt. Aus Sicherheitsgründen sollten sie dort auch die Nacht verbringen und erst am Freitag wieder in das Elisabeth-Krankenhaus zurückkehren, sagte Wiegand. Für die Klinik kam die Evakuierung gerade noch rechtzeitig: „Wir waren in der glücklichen Lage, dass der eigentlich kritische Betrieb im Krankenhaus noch nicht begonnen hatte“, sagte der Ärztliche Direktor Walter Asperger. So konnten geplante Operationen noch abgesetzt werden, bevor Personal und Patienten die Klinik verlassen mussten.
In dem im Falle einer Explosion als besonders gefährdet geltenden Bereich im Umkreis von 200 Metern um den Fundort der Bombe habe man bei der Evakuierung in Einzelfällen Zwang anwenden müssen, sagte Wiegand. So habe die Polizei Platzverweise ausgesprochen und auch Bewohner abgeführt, die sich partout geweigert hätten, ihre Häuser zu verlassen. „Wir wollten auf Nummer sicher gehen“, so Wiegand.
In Sachsen-Anhalt werden seit Jahren immer wieder Blindgänger entdeckt, meist bei Bauarbeiten. Besonders betroffen ist die Umgebung von Chemieanlagen und Industriestandorten im Raum Halle/Merseburg oder in Magdeburg, die im Zweiten Weltkrieg von den Alliierten bombardiert worden waren. Allein in diesem Jahr sind nach Angaben des Kampfmittelbeseitigungsdienstes bisher 540 Tonnen Munition gefunden worden. Bomben, Granaten oder Minen würden in der langen Liegezeit eher gefährlicher, etwa aufgrund von Beschädigung oder Korrosion, sagte Axel Vösterling vom Technischen Polizeiamt. Bei zweifelhaften Funden solle sofort die Polizei gerufen werden.

