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Halle Halle: Bordell-Betreiber wieder vor Gericht

Von MICHAEL FALGOWSKI 01.07.2010, 18:58

HALLE/MZ. - Justitia hat einen langen Atem: Vor sieben Jahren wurden die Betreiber des Bordells in der einstigen halleschen Traditionsgaststätte "Kastanienhof" wegen Zuhälterei und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern angeklagt. Der Prozess begann aber erst 2008, und wurde später eineinhalb Jahre lang ausgesetzt. In dieser Zeit sollten vor allem die damaligen Prostituierten gefunden werden, die 2000 bis 2002 in dem Bordell gearbeitet hatten.

Am Donnerstag wurde nun am Landgericht Halle der Dauer-Prozess fortgesetzt. Teil des Verfahrens sind Vorwürfe gegen einen Betreiber der damaligen Nachtbar "Day & Night" in Reideburg, Wito M. aus Leipzig. Ihm und dem Hallenser Hans-Volker B. wird das Einschleusen von Ausländern in je 13 Fällen vorgeworfen. Einschleusen meint, dass die Angeklagten den Frauen, die zumeist aus Osteuropa, Südamerika und Thailand stammten und weder Aufenthalts- noch Arbeitserlaubnis besaßen, das Leben in Deutschland ermöglicht haben. Bei einem Schuldspruch sieht das Gesetz für die Männer eine Haftstrafe nicht unter sechs Monaten vor.

Doch warum dauerte es volle fünf Jahre, bis der Prozess überhaupt begann? Richterin Karen Lachs hatte das im September 2008 mit häufigen Wechseln der zuständigen Kammern und vorrangigen Prozessen begründet. Inzwischen gab es erneut einen Wechsel: Richterin Christine Ringel hat den Vorsitz übernommen. Und sie stellte alle Beteiligten auch gleich auf einen Mammutprozess ein: "Es sind acht Verhandlungstage angesetzt. Aber das wird wohl nicht ausreichen". Die Dauer hänge letztlich auch von den Aussagen der Zeuginnen ab, kündigte sie an.

Razzien und Bürgerproteste gegen das Bordell im "Kastanienhof" in der Beesener Straße hatten seinerzeit für viel Wirbel gesorgt. Nachdem die Ermittlungsakten aber fünf Jahre lang unerledigt liegen geblieben waren, wurden auch deshalb im Prozess 2008 für zwei weitere Betreiber des "Kastanienhof"-Bordells aus Frankfurt/Main und Dortmund die Aktendeckel geschlossen. Das wiederholte sich am Donnerstag: Der Staatsanwalt ließ einen dritten Mann auf der Anklagebank, Jörg Fritz S. aus Leipzig, laufen. Bei M. und B. blieb er dagegen hart. "Ich diskutiere nicht weiter über eine Einstellung. Punkt", sagte Nicolaus Berger. Bei der Verhandlung vor zwei Jahren hatten die Verteidiger ihrerseits die Absprache über eine Bewährungsstrafe abgelehnt.

Die Prostituierten im "Kastanienhof" brachten den Betreibern laut Anklage monatliche Einnahmen von 60 000 Euro. Jede Frau lieferte täglich 100 Euro an die Betreiber ab. Der Hallenser B., ein äußerlich eher unauffälliger Mann, soll die Geschäfte im "Kastanienhof" gelenkt haben. Der 59-Jährige hatte 1998 die Anmeldung beim Gewerbeamt und den Mietvertrag für das Lokal unterschrieben. Außerdem soll B. für die Nachtbar "Day & Night" in Reideburg in den Jahren von 2000 bis 2002 Prostituierte zur Verfügung gestellt haben.

Dort, so die Anklage, soll der Leipziger M., ein großer Mann mit Stiernacken, als Geschäftsführer fungiert haben. In der Bar hatten die Frauen die Hälfte ihrer Einnahmen aus ihren sexuellen Dienstleistungen abzuliefern. Die halbe Stunde in den Zimmern kostete die Freier 75, die ganze 100 Euro.