Halle Halle: Auch für Händler ist der Zug abgefahren
Halle (Saale)/MZ. - Nein, dieser Freitag ist definitiv kein guter Tag für den Obst- und Gemüseverkäufer Bui Van Thi. Seine frische Ware ist einfach nicht an die Kunden zu bringen. "Wir hatten kaum Umsatz, vielleicht zehn Prozent von dem sonstigen", klagt er. Denn auch das ist eine Folge des Lokführerstreiks: Viele Händler auf Bahnhöfen haben Einbußen, weil weniger Menschen dort unterwegs sind. Die Laufkundschaft fehlt.
In der halleschen Bahnhofshalle ist es an diesem Vormittag auffällig ruhig. Die meisten derer, die trotz Streik verreisen möchten - oder müssen - sammeln sich vor dem Informationsschalter und der Anzeigetafel. Viele sind es nicht. Bui Van Thi, dessen Frau Inhaberin des Obststandes ist, meint etwas angesäuert: "Theoretisch könnte ich heute zu machen."
Kunden haben schlechte Laune
"Ab acht Uhr wurde es spürbar leerer am Bahnhof", berichtet Christine Berger, die als studentische Aushilfskraft bei "Coffee Culture" arbeitet. Offenbar hatten sich viele auf den für 8.30 Uhr angekündigten Warnstreik eingerichtet - und sind früher als gewöhnlich mit dem Zug gefahren oder gleich auf ein anderes Verkehrsmittel umgestiegen. "Und die, die da sind, haben natürlich schlechte Laune. Das merkt man ganz deutlich", erzählt sie. Einbußen wie an diesem Freitag habe es am Dienstag, dem ersten Streiktag, allerdings nicht gegeben: Als die Züge da still standen, kamen sogar sehr viele Kunden in das Café, sagt sie. "Da war es aber auch um einiges kälter." Und zur Streikzeit am früheren Morgen waren da sicher auch mehr Berufspendler unterwegs.
Dass das Bahnhofsmanagement wegen der Zugausfälle nun an die Reisenden kostenlos Kaffee ausschenkt, mag diese freuen. Für Marina Rolle, die einige Schritte weiter im Croissant- und Baguette-Geschäft "Le Crobag" arbeitet, heißt das allerdings, dass zusätzlich Kunden wegbleiben. "Manche kommen nur wegen Milch und Zucker", sagt sie. Und stellt ernüchtert fest: "So einen toten Freitag hatten wir lange nicht."
Dabei hatte Yvonne Buchmann wegen des Streiks insgesamt eher mehr Andrang von Kunden erwartet, weil sich dann mehr Menschen auf dem Bahnhof sammeln. "Aber jetzt ist es sehr entspannt", sagt die junge Frau, die Backwaren bei "Ditsch" verkauft. Am frühen Morgen sei noch mehr los gewesen. Hinsichtlich des Streiks sind die Kunden geteilter Meinung, erzählt sie - aber es seien viele darunter, die Verständnis für die streikenden Lokführer haben.
Blumen sind streikresistent
Bei "Blumen Hanisch" am Bahnhofseingang ist der Streik indes kaum Thema: "Das Wetter spielt für unser Geschäft eine größere Rolle", so Floristin Steffi Hofmann.