Halle Halle: Aquarelle und Zeichnungen von Erich Heckel zu sehen

Halle (Saale)/mz. - Das Landeskunstmuseum und die Sammlung Gerlinger existieren mittlerweile in einer Art Symbiose. So war es am Sonntag der Sammler persönlich, der in der Moritzburg vor zahlreich "treuem Publikum" sowie Ehrengästen aus der Partnerstadt Karlsruhe die jüngste Ausstellung mit Werken aus seinem Fundus eröffnete. Der ist seit 2001 im Haus vertraglich verankert und umfasst bekanntlich die "Brücke"-Maler im Spektrum ihres lebenslangen, nicht nur auf ihre bekannteste Phase begrenzten Schaffens. In einer Trilogie von Ausstellungen sollen nacheinander die Köpfe des kurzzeitigen, aber ertrag- und einflussreichen Bündnisses der damaligen Expressionisten in den Fokus gerückt werden.
Nach Ernst Ludwig Kirchner und vor Karl Schmidt-Rottluff ist das nun Erich Heckel (1883-1970). Und über den Schöpfer der "Barbierstube", ein Kronjuwel in der Moritzburg-Sammlung seit 1926, konnte Hermann Gerlinger aus seiner immer noch unermüdlichen Forschertätigkeit Neuigkeiten von höherem lokalen Interesse präsentieren.
So stieß er in einem Brief von 1907 auf den frühesten Beleg für Heckels Verbindung zu Halle. Dessen Nachfrage nach Ausstellungsmöglichkeiten in der Stadt wird im Jahr darauf sogar erhört, und zwar mit einer Schau im damaligen Städtischen Museum am Großen Berlin. Und auch nach dem Krieg, so sagt es Gerlinger, ist es wiederum Halle, wo Heckel erstmals seit seiner Verfemung im Dritten Reich wieder ausstellen kann, diesmal in der Galerie Henning, dank persönlicher Freundschaft mit dem Galeristen.
Da freilich ist ein Großteil seines Vorkriegsschaffens nach dem Bombardement seines Berliner Ateliers und eines Museumsdepots unwiederbringlich verloren. So auch fast alle "Viertelstundenakte" aus der durchaus hitzig erregten Dresdner "Brücke"-Zeit. Die flott aufs Papier geworfenen Skizzen müssen sich auf Hunderte summiert haben, glaubt Gerlinger, der aber auch zu diesem Thema eine Überraschung parat hat: Eine von drei jetzt erstmals ausgestellten Neuerwerbungen zählt nach seinem Dafürhalten zu den "Viertelstundenakten".
Das Blatt , betitelt "Modell" und datiert 1905, beschränkt sich allerdings im wesentlichen auf eine kantig-kraftvolle Kopf- und Armstudie. Die "Kraft der Linie", auf die der Ausstellungstitel aufmerksam macht, ist in der Tat ein Wesenszug gerade jener frühen Akte, die die "Brücke"-Maler kultivierten, allerdings beobachtet man bei Heckel auch gelegentliche Korrekturen am Linienschwung. Doch erotisch aufgeladen, wie er in den Akten ist, hält er sowohl das Lebensgefühl des libertären Künstlerkreises als auch eine tiefe Verbindlichkeit zwischen Maler und Modell für immer fest.
Das expressionistische Schaffen Heckels nimmt in seiner vibrierenden Spannung aus Schroff- und Zartheit heute noch gefangen. Überraschend ist daher, unter den Neuerwerbungen auch das Aquarell "Bergwasser" von 1925 zu finden, das im Gemälde "Im Bleniotal" von 1958 wieder aufgegriffen wird. Verbindungslinien zwischen Heckels expressionistischem und seinem späteren Werk sind zwar auch an solchen motivlichen Wiederholungen festzumachen, es überwiegt aber der Eindruck der Abkehr vom Impulsiven. Landschaften, Blumenstillleben, auch Porträts geht er mit ruhiger Hand an. Die Inwendigkeit des Blickes wird schon im Selbstbildnis deutlich, das Heckel in den Jahren der "Inneren Emigration" mit Bleistift aufs Papier bringt, 1938, als seine Werke als "entartet" aus den deutschen Museen geholt werden.
Bis 13. Januar, Mi-So 10-18 Uhr, Di bis 19 Uhr.