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Halle Halle: Alles, wonach Kunden das Herz steht

Von KATJA PAUSCH 10.04.2011, 17:44

Halle (Saale)/MZ. - Die meisten Hallenser wissen, wovon die Rede ist: Das Centrum-Warenhaus, strategisch günstig gelegen zwischen Alt-Halle und Neustadt, sollte für eine belebende Verbindung der damals eigenständigen Städte sorgen. Am Samstag feiert das Haus sein 30-jähriges Bestehen.

Am 10. April 1981 übernahm der Direktor des Warenhauses, Heinz Wirkner, den symbolischen Schlüssel für die hochmoderne Einkaufsstätte. Während die SED das Kaufhaus als "Verwirklichung eines auf dem IX. Parteitag beschlossenen Direktvorhabens" feierte, drängten sich zur Eröffnung Hunderte vor den gläsernen Eingangstüren, um in den Einkaufstempel eingelassen zu werden.

Gut 40 000 Artikel wurden damals im Centrum angeboten - vom Apfelschneider bis zum Zekiwa-Kinderwagen. Auf 3 400 Quadratmeter Verkaufsfläche gab es damals, DDR-weit erstmalig in dieser Größenordnung, ein riesiges Selbstbedienungsangebot an "Industriewaren" - soll heißen, aus der Konsumgüterproduktion verschiedener DDR-Betriebe. Die Sortimente Sport und Camping, Rundfunk und Phonogeräte, Teppiche, Raumtextilien, Foto, Optik und Uhren sowie Artikel aus Betrieben wie "Banner des Friedens" Weißenfels (Schuhe), "VEB Zekiwa Zeitz" (Kinderwagen) oder "VEB Elektrowärme Suhl" (Herde und andere technische Geräte) gehörten zum Warenangebot im Centrum. Die "größte Versorgungseinrichtung des Bezirkes" vereinte auf 7 000 Quadratmetern neben der eigentlichen Verkaufsfläche ein Zentrallager und einen Geschossbau, in dem Dienstleistungen und ein 140 Plätze fassendes Kundenrestaurant Platz fanden.

Über 15 000 Kunden wurden hier täglich gezählt, an den Wochenenden oft das Doppelte. "Wir sind hier gern einkaufen gegangen, obwohl es oft hieß: Schlange stehen", erinnert sich Luise Weber, 72 Jahre alt. Und Katharina Schreiber hat zu Studentenzeiten in dem nagelneuen Kaufhaus als Aushilfe gearbeitet. "Da hatten wir manches Mal nichts zu tun, weil keine Ware kam", so die 47-jährige. Auch das Centrum blieb eben nicht von Waren-Engpässen der DDR-Mangelwirtschaft verschont. Oft gab es Lücken im Sortiment - egal in welcher Abteilung. Aber an die Jüngsten wurde gedacht - viele Mütter wussten die angebotene Kinderbetreuung im Kaufhaus zu schätzen.

Die Wende brachte gravierende Änderungen für Verkäuferinnen wie Kunden. Die Regale füllten sich mit Waren, die DDR-Bürger nie zuvor gesehen hatten: Ledertaschen für Damen zu Karstadt-Preisen, preisgünstige Bettwäsche, Schmuck, Kosmetik, Bekleidung und vieles mehr gingen beim ersten verkaufsoffenen Samstag Anfang August 1990 über die Ladentische. Die gut 24 000 Kunden an diesem Tag fanden ein Angebot vor, "das wir vor allem unserem BRD-Partner Karstadt verdanken", zog Wirkner Bilanz - damals noch für das Centrum-Warenhaus. Wenig später wechselte dieses den Besitzer: "Die Karstadt AG übernimmt mit Rückwirkung zum 1. Januar sechs der insgesamt 14 Centrum-Warenhäuser in der ehemaligen DDR", meldet am 6. März 1991 die Mitteldeutsche Zeitung.

Ganze 16 Jahre firmierte das Kaufhaus nun unter "Karstadt", was auch die Außenwerbung signalisierte: Das Wort "Centrum" verschwand, stattdessen prangte mit großen Lettern "Karstadt" an der Fassade. Mit der Schließung des Hauses "aus wirtschaftlichen Gründen" am 14. April 2007 ging Halles Karstadt-Ära, die 1928 mit der Eröffnung des ersten Karstadt-Warenhauses in der Großen Ulrichstraße 60 begann, zu Ende. Für die 150 Beschäftigten, unter ihnen die Verkäuferinnen Karola Gründemann und Annette Schunke, ein schwerer Schlag. Viele Tränen sind damals geflossen.

Nachdem das Haus zwei Jahre lang leer stand und Kunstaktionen Raum bot, wagte die Firma Lührmann einen Neustart. Helmut Lührmann, Senior-Chef des Helü-Möbelhauses, kaufte gemeinsam mit Clemens Cord Lührmann als Geschäftsführer das Gebäude für 1,2 Millionen Euro. 30 neue Mitarbeiter, darunter ehemalige Karstadt-Beschäftigte, wurden eingestellt. Am 9. September 2009 eröffnete das "Wohncentrum Lührmann". Der große Durchbruch ist wegen der sich in die Länge ziehenden Bauarbeiten an der Klausbrücke noch nicht gelungen, doch Lührmann hat Hoffnung. Am Samstag, den 16. April, wird von 10 bis 18 Uhr ein Osterfest gefeiert. Und zwei Tage rollt die Straßenbahn wieder über die Klausbrücke - zur Freude nicht nur von Geschäftsmann Helmut Lührmann.