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Neuer Güterbahnhof in Halle Güterbahnhof in Halle (Saale) : Hier gibt es die wohl coolste Lichtshow der Stadt

Von Dirk Skrzypczak 27.06.2018, 08:01
Was für ein Spektakel! Von der Berliner Brücke aus haben Neugierige einen tollen Blick auf die Zugbildungsanlage.
Was für ein Spektakel! Von der Berliner Brücke aus haben Neugierige einen tollen Blick auf die Zugbildungsanlage. Silvio Kison

Halle (Saale) - Der Teufel steckt im Detail. 22.30 Uhr soll am Montagabend die Beleuchtung der neuen Zugbildungsanlage angeschaltet werden, doch zunächst bleiben die 36 Gleise im diffusen Licht der hereinbrechenden Nacht.

Tobias Reiff, Projektingenieur bei der Deutschen Bahn, steht auf der Berliner Brücke und greift zum Handy. „Die Dämmerungssensoren müssen noch eingestellt werden. Also wird die Beleuchtung jetzt manuell angeknipst“, sagt der Hannoveraner mit einem Grinsen im Gesicht vor dem letzten großen Test, bevor der Güterbahnhof am 2. Juli in Betrieb geht. „Es lohnt sich, zu warten“, meint er.

Und dann gehen sie stufenweise an, die Felder mit insgesamt 653 Masten und 1.130 LED-Lampen. Ein Fluss aus Licht scheint sich unter der Berliner Brücke zu ergießen. Nicht aufdringlich, aber effektvoll. Es ist Halles wohl coolste Lichtshow.

Spekulationen zum Güterbahnhof Halle: Bei den Nachbarn bleibt es stockdunkel

Reiff zeigt auf die Grundstücke, die direkt an die Zugbildungsanlage anschließen. Wie mit dem Messer abgeschnitten fällt dort der Schein der LED herunter. Nur wenige Meter abseits der 14 Meter hohen Lichtmasten ist es stockdunkel. Was hatte es im Vorfeld nicht für Spekulationen gegeben! Dass für Anlagen dieser Art in Deutschland bisher einzigartige Lichtsystem könnte Zugvögel irritieren oder gar Flugzeuge beeinflussen, die den Airport Leipzig-Halle anfliegen.

„Und auch wir dachten zunächst, dass wir Fensterrollos und Schutzbrillen an die Anwohner verteilen müssen, weil das Licht zu gleißend abstrahlen könnte“, sagt Reiff. Schließlich wurde so eine Beleuchtung noch nie gebaut. Und bei einem Pilotprojekt kann man im Vorfeld berechnen, was man will. Die Wahrheit zeigt sich erst dann, wenn der Schalter umgelegt worden ist.

Eisenbahnromantik an der Berliner Brücke zieht Schaulustige an

140 Kilowatt Strom ziehen die LED, wenn sie in Betrieb sind. Herrkömmliche Lampen hätten einen vielfach höheren Verbrauch. Reiff blickt fast schon triumphierend hinunter auf die Szenerie, während auf der Berliner Brücke Auto- und Radfahrer stoppen und ihre Handys zücken. Die Eisenbahnromantik zieht viele Liebhaber nach Halle.

Und der Blick von der Berliner Brücke herunter auf das Gewirr von Schienen, Masten und Leitungen ist auch ohne Beleuchtung schon eine Attraktion gewesen. Nun kommen die LED hinzu, die mit unterschiedlicher Watt-Zahl den Boden erhellen.

Von 14 bis 18 Uhr können sich Interessierte an diesem Freitag auf der Zubildungsanlage umsehen. Aus Sicherheitsgründen geht das aber nur bei Führungen. Treffpunkt ist der Parkplatz vor dem Dienstgebäude auf der neu erbauten Straße „Am Güterbahnhof“ in Richtung der Berliner Brücke.

Da die Besichtigung nur gruppenweise erfolgen kann, ist mit Wartezeiten zu rechnen. Ebenfalls geöffnet ist an diesem Tag das Bahnmuseum an der Berliner Straße.

Ausschlaggebend für die Lichtstärke ist der Arbeitsschutz. Bis zum Fahrplanwechsel Ende des Jahres sollen täglich - und das schließt die Nacht mit ein - 22 Züge zusammengestellt werden, später sind es dann dreimal so viele. „In den Gassen neben den Gleisen muss zwischen den Waggons eine Helligkeit von zehn Lux garantiert sein. Diese Anforderung erfüllen wir“, erzählt Ingenieur Reiff.

Güterbahnhof geht in Betrieb: Warum auch die Farbtemperatur wichtig ist

Und er beschreibt, wie es sich anfühlt, wenn man unter den Masten steht. „Man ist wie in einer Lichtwolke. Außerdem wirft die Beleuchtung kaum Schatten. Und das Licht ist nicht kaltweiß. Das ist wichtig, weil Arbeiter sonst das Gefühl bekommen könnten, dass sie frieren.“

Mittlerweile ist es weit nach 23 Uhr. Reiff und seine Kollegen sind mit dem Test zufrieden. Unterdessen hat Sicherheitspersonal der Bahn am neuen Stellwerk der Zugbildungsanlage Position bezogen.

Die Jagd auf Graffiti-Schmierer hat schon begonnen

Die Security hat Graffiti-Schmierer im Auge, die auf dem Gelände ihr Unwesen treiben. „Das geht ruckzuck. Die sprühen ihr Zeug auf die Wände und sind schnell wieder weg“, sagt ein Wachmann. Am Freitag, wenn die Anlage feierlich eröffnet wird, soll aber alles blitzen. Deshalb will die Bahn die Graffiti entfernen lassen und das Areal rund um die Uhr bewachen, damit am Freitag auch die Optik zum Anlass passt. Von 14 bis 18 Uhr hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, den neuen Güterbahnhof zu besichtigen. Die Bahn plant zu dem Anlass auch Rundfahrten mit einem Triebwagen.

Tobias Reiff wird dann Gäste über das Gelände führen und die Technik erklären. Unten auf den Gleisen geht der Test indes weiter. Die Hydraulik der Weichenbremsen schnauft. Die LED strahlen noch die ganze Nacht durch. Ab Montag wird das Schauspiel an der Berliner Brücke zur Routine. (mz)

Beim schrittweisen Einschalten der Beleuchtungsanlage ist gut zu erkennen, wie wirkungsvoll die LED arbeiten - und wie wenig sie in das Umfeld abstrahlen.
Beim schrittweisen Einschalten der Beleuchtungsanlage ist gut zu erkennen, wie wirkungsvoll die LED arbeiten - und wie wenig sie in das Umfeld abstrahlen.
Silvio Kison