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Aufregung um kleine Boxen Geheime Kameras auf Litfaßsäulen in Halle (Saale) ?

Von Oliver Müller-Lorey 07.03.2017, 07:55
Kasten auf Litfaßsäule
Kasten auf Litfaßsäule Holger John

Halle (Saale) - Anwohner entlang des Landrains sorgen sich derzeit um ihre Privatsphäre. Auf mindestens drei Litfaßsäulen zwischen Gertraudenfriedhof und Galgenberg sind kleine schwarze Kästchen aufgetaucht - und niemand weiß, wozu sie gut sind. Die Boxen, die kaum größer als eine Streichholzschachtel und fest auf der Betonspitze der Säulen angebracht sind, sehen von unten ein wenig aus wie eine Mini-Kamera.

Das hat auch MZ-Leserin Wiebke Grote stutzig gemacht, die aus ihrem Wohnzimmerfenster direkt auf ein solches Kästchen schauen kann. „Vielleicht werden wir damit ja auch beobachtet“, rätselt sie über deren Funktion. Da die Litfaßsäule nur wenige Meter von ihrer Wohnung entfernt steht, macht sie sich Sorgen, dass die Umgebung, und vielleicht auch sie gefilmt werden könnte. „Die Nachbarn wissen es auch nicht“, sagt Wiebke Grote. Im Haus sei das ganze aber schon Thema gewesen.

Kasten auf Litfaßsäule in Halle (Saale): Auch die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG) ist ahnungslos

Auch die Hallesche Wohnungsgesellschaft (HWG), der zahlreiche Häuser entlang des Landrains gehören, ist ahnungslos. HWG-Sprecher Steffen Schier sagte, er höre das erste Mal von den ominösen Kästchen.

Dafür kann Nina Rauschenbach, Sprecherin der Firma Ströer, der die Litfaßsäule gehört, Entwarnung geben. Bei den Kästchen auf den Säulen handele es sich um kleine Sender, sogenannte Beacons. Sie kommunizieren mit den Arbeitern, die die Säulen warten und neue Plakate ankleben. „Indem wir unsere Werbeträger damit ausstatten, verwirklichen wir eine einfachere und effizientere Abwicklung der Bewirtschaftung unserer Außenwerbeträger“, sagt Nina Rauschenbach.

Kasten auf Litfaßsäule: Mitarbeiter von Ströer erhalten über diesen Weg Informationen, etwa darüber, welches Plakat sie auf die Litfaßsäule kleben sollen

Die Mitarbeiter erhalten über diesen Weg Informationen, etwa darüber, welches Plakat sie auf die Litfaßsäule kleben sollen. Gegenstück zu den Sendern auf den Litfaßsäulen ist eine Smartphone-App, die Plakatkleber auf ihrem Diensthandy installiert haben. „Der Sender schickt Zahlen, die von der App identifiziert werden“, erklärt die Sprecherin. So sei für die Mitarbeiter eine eindeutige Identifizierung der Litfaßsäule, vor der sie gerade stehen, möglich. Mit Kameraüberwachung hat das ganze also nichts zu tun.

Seit 2016 stattet Ströer Litfaßsäulen, Plakatwände und elektronische Tafeln mit den Sendern aus. Das Ziel ist, laut Rauschenbach, zunächst 50.000 der 230.000 Werbeträger in Deutschland umzurüsten. Wie viele davon in Halle stehen, sagte die Sprecherin am Montag nicht.

Kasten auf Litfaßsäulen: Passanten in Halle können von den Sendern derzeit noch nicht profitieren

Passanten können von den Sendern derzeit ohnehin noch nicht profitieren - noch nicht. Wie Nina Rauschenbach sagt, könnten über die Beacons später einmal auch personalisierte Informationen verschickt werden. Eine Litfaßsäule in der Nähe einer Bushaltestelle könnte so etwa Werbung für eine Monatskarte der Verkehrsbetriebe machen. „Aber das ist wirklich noch zu früh“, so Rauschenbach. Man befinde sich derzeit in einer Testphase.

Ein Pilotprojekt mit Sendern, die auch normalen Passanten nutzen, hat es bisher nur im Jahr 2015 im Düsseldorfer Hauptbahnhof gegeben. Dort hatte unter anderem ein Hersteller eines Rasierapparats mit Hilfe der Sender Produkttester für seinen neuesten Rasierer gesucht. Ein Unternehmens-Sprecher sagte nach dem Test in Düsseldorf, dass das Potenzial für diese Technik in Zukunft zunehmen wird. Gut möglich, dass die Sender in Halle dann nicht nur Plakatklebern, sondern allen Hallenser nützen. (mz)