Geheimdokumente weitergegeben? Geheimdokumente weitergegeben?: S-Direkt-Betriebsrat vor Gericht

Halle (Saale)/MZ - Protokolle, die Computer von jedem Arbeitsschritt hinterlassen, beweisen es: Vom Rechner des Betriebsratsvorsitzenden des Sparkassen-Dienstleisters S-Direkt ist 2011 während der heftigen Kämpfe um einen Haustarif ein geheimes Protokoll einer Aufsichtsratssitzung des Unternehmens an einen Drucker geschickt worden. Wenig später sollen die Gewerkschaft Verdi und ein Leipziger Konkurrenzunternehmen im Besitz der brisanten Papiere gewesen sein. Wegen des Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen muss sich der 38-jährige Betriebsratschef Thomas Bittner zusammen mit einem weiteren Betriebsratsmitglied derzeit vor dem Landgericht Halle verantworten.
Sicherheitslücken im System
Doch bei der Prozessfortsetzung drehte sich alles um eine Frage: Ist nachweisbar, ob Bittner und der Mitangeklagte wirklich selbst das Protokoll im Betriebsratsbüro ausgedruckt haben? Beide Angeklagte schweigen derzeit zu den Vorwürfen, wohl auch, weil Kündigungsklagen noch nicht abgeschlossen sind. Aber nicht nur die Verteidiger pochen auf Sicherheitslücken im Computersystem, die ein externer Prüfbericht offengelegt haben soll.
Auch viele Fragen der Richter an den Leiter der inneren Revision der S-Direkt als Zeugen gingen in die Richtung, ob eine Manipulation möglich oder auszuschließen ist. So konnte der Revisor zwar eindeutig nachweisen, dass der Rechner des Betriebsratsvorsitzenden an dem fraglichen Tattag von 18.15 bis 18.30 Uhr aktiv war und von dort aus der geheime Bericht ausgedruckt wurde - aber ob Bittner und der Mitangeklagte genau zu diesem Zeitpunkt auch im Raum waren, sei nicht elektronisch erfasst. „Auf alle Fälle haben alleine die Mitglieder des Betriebsrats Zugang zu dem Büro“, so der Zeuge.
Ob ein Dritter sich beispielsweise als Bittner hätte ausgeben und telefonisch ein neues Password für den Rechner erfragen könnte, blieb ebenso ungeklärt wie die Frage, ob einer der damals rund acht Administratoren zumindest theoretisch seine Rechte hätte missbrauchen können. Einen eindeutigen Beleg, dass der Rechner zum Tatzeitpunkt nicht gesperrt, sondern eingeschaltet und für jeden zugänglich gewesen wäre, gibt es ebenfalls nicht. Entsprechende Unterlagen interpretieren Verteidigung und der Zeuge verschieden.
Weitere Termine bis Mai
Derzeit hat die Kammer noch weitere Termine bis Mai angesetzt. Bittners Verteidiger Malte Heise ließ es offen, ob sich sein Mandant überhaupt noch im Prozess äußern will. Und auch Johannes Best, Anwalt des Mitangeklagten, sagte lediglich: „Wir werden zu einem gegebenen Zeitpunkt Stellung nehmen.“