Gedenken am Wochenende in Halle Gedenken am Wochenende in Halle: Viele Erinnerungen an den Anschlag

Halle (Saale) - Etwas abseits der großen Kränze, die am Freitag zum Jahrestag des Halle-Attentats im Namen des Zentralrats der Juden oder auch des Landes Sachsen-Anhalt vor der Synagoge niedergelegt wurden, liegen viele kleinere Blumengebinde auf dem Gehweg. Kerzen brennen. „Ich bin bewusst hergekommen“, sagt Annika Hagendorf, als sie am Samstag nach dem Jahrestag mit ihrer elfjährigen Tochter Lea vor der Synagoge steht und sich auch die dort am Vortag enthüllte Gedenktafel anschaut.
Die 44-Jährige kommt aus Frankfurt am Main, hat aber Familie in Halle. Auch Henrik Rother, der im Paulusviertel wohnt, ist am Samstag mit seinem Bruder zur Synagoge gekommen. Er habe sich schon gewundert, dass es bisher noch keine Gedenktafel gab. Und Stefan Rother, der zu Besuch in Halle ist und in Hamburg lebt, fügt hinzu: „Das ist ganz wichtig.“
Besucher im „Raum der Erinnerung und Solidarität“
Derweil stehen die Besucher im „Raum der Erinnerung und Solidarität“ - einer Ausstellung die sich das ganze Wochenende über auf mehrere Standorte rund um das Steintor verteilte - und blicken auf die riesigen Texttafeln. Sie lesen die dort dokumentierten Zeugenaussagen aus dem Prozesses gegen den Attentäter. Der Andrang ist groß. Zu sehen sind auch Jana Lange und Kevin Schwarze, die am 9. Oktober 2019 von Stephan B. getötet wurden. Ihre gerahmten Fotos stehen auf schwarzen Stelen.
Eine Besucherin hat dadurch erst erfahren, dass Jana Lange, die sie flüchtig kannte, eines der Todesopfer ist. „Das hat mich erschrocken.“ Eine „bedrückende Stimmung“ habe die Ausstellung bei ihr ausgelöst, sagt eine weitere Besucherin. „Sie zieht runter“, erklärt eine andere. Was die Besucher auch sagen: Dass es gut ist, dass es die Ausstellung gibt und wichtig, daran zu erinnern, was in Halle passiert ist - und zwar auch noch nach dem Jahrestag des Attentats.
„Unser Eindruck ist, dass die gesellschaftliche Auseinandersetzung jetzt erst anfängt.“
Katarina Hindelang vom Bündnis Halle gegen Rechts, das die Ausstellung zusammen mit der Mobilen Opferberatung veranstaltet hat, erzählt, dass in vielen Rückmeldungen gelobt wurde, dass die Ausstellung selbst unkommentiert geblieben ist und die Aussagen der Betroffenen im Mittelpunkt stehen. Laut Bündnissprecher Valentin Hacken war es auch das Ziel, die Hört-uns-zu-Forderung der Betroffenen zum Jahrestag des Anschlags zu erfüllen.
Hacken spricht auch vom großen Schock, der Trauer und der Anteilnahme, die es unmittelbar nach dem Anschlag vor einem Jahr gab. Er sagt aber: „Unser Eindruck ist, dass die gesellschaftliche Auseinandersetzung jetzt erst anfängt.“ (mz)