Friederike Dudda Friederike Dudda: Eine Geigenbauerin und die Zeit der Stille

Halle (Saale) - Ihre wohl härteste Prüfung auf dem Weg zur Geigenbauerin hatte mit Instrumenten nichts zu tun. Nach dem Abitur und einem freiwilligen sozialen Jahr war Friederike Dudda bereit, sich ihren großen Berufswunsch zu erfüllen. Es fehlte nur noch die Aufnahme an der internationalen Geigenbauerschule in Cremona, jener italienischen Stadt, in der einst Größen wie Antonio Stradivari ihr Handwerk erlernt hatten.
Wäre da nur nicht dieses eine, nicht ganz unwesentliche Problem gewesen: „Die Aufnahmeprüfung sollte auf Italienisch stattfinden und ich verstand von der Sprache kein Wort,“ erinnert sich Friederike Dudda. Nach zwei Monaten Sprachkurs in Perugia und bestandenem Test wurde sie an der renommierten Schule aufgenommen. Dort ging es aber nicht nur um praktische Arbeiten im Geigenbau, sondern auch um Fächer wie Mathe, Englisch - und Sport.
Gebürtige Stuttgarterin
„Ich habe während dieser Zeit an meinen freien Nachmittagen schon mit einem Geigenbauer zusammengearbeitet und wollte lieber noch mehr dort sein, statt mich sinnlos beim Sport herumzudrücken“, sagt die gebürtige Stuttgarterin, die in Tübingen aufgewachsen ist. Also machte sie einen Handel mit den Lehrern aus: eine miese Sportnote für mehr Freizeit. Nur beim Noteneintragen müsste sie anwesend sein: „Das geht nur in Italien“, sagt sie, amüsiert sich, und scheint wieder ganz eingetaucht zu sein in diese Lehrjahre in Italien.
Nach vier Jahren Ausbildung blieb sie noch dreieinhalb weitere Jahre in der Stadt, um sich weiterhin in der praktischen Arbeit zu erproben: „Wenn es um Restauration und Reparatur geht, haben wir in der Schule nur wenige Grundlagen gelernt.“ Die tiefgreifenden Erfahrungen ihrer anschließenden Lehrjahre in Werkstätten schätzt sie deshalb besonders. In Italien hat sie nicht nur die Feinheiten des Geigenbaus, sondern auch der Kultur kennengelernt - und sich die Vorzüge der italienischen Kochkunst angeeignet.
Werkstatt in Barfüßerstraße
1997 zog es sie nach Zürich, später ging es innerhalb der Schweiz weiter nach Brugg und vor elf Jahren schließlich nach Halle, wo sie eine feste Anstellung im Geigenbau gefunden hatte. Zwei Jahre später machte sich Friederike Dudda selbständig und ließ sich in der Barfüßerstraße nieder. Einen Großteil ihrer Arbeiten machen Reparaturen aus, Geigen, Bratschen und Celli, ab und an auch ein Kontrabass.
„Bei uns steht immer der Musiker im Vordergrund,“ sagt die 46-Jährige. Auch mit der Vermietung von Instrumenten hat sie sich in den vergangenen Jahren einen treuen Kundenstamm aufgebaut. Zeit für den Instrumentenbau bleibt ihr wenig, zurzeit arbeitet sie an einer Bratsche. Etwa 250 bis 300 Stunden kommen dafür zusammen.
Buddenbrooks oder Krimis
„Ich freue mich immer, wenn jemand vorbeikommt, denn eigentlich bin ich sehr gesellig,“ sagt Friederike Dudda. Wenn es in der Werkstatt einsam wird, lässt sie bei der Arbeit am liebsten Hörspiele laufen, Klassiker wie die Buddenbrooks oder Krimis, bei denen sich der Feierabend gern auch nach hinten verschiebt, bis der Fall gelöst ist. „Das geht aber nur bei Routinearbeiten. Wenn ich mich stark konzentriere, muss es ganz still sein“.
In ihrer Freizeit spielt sie Bratsche „in einem ganz privaten Quartett“. Nicht nur durch ihren Freundes- und Bekanntenkreis ist die Geigenbauerin, die verheiratet Rackwitz heißt und beruflich ihren Mädchennamen trägt, ganz in der Stadt angekommen. „In Halle gibt es so viele Gegensätze. Ich liebe das“, sagt sie. Und es gibt Raum für zufällige Begegnungen. Bei den Händelfestspielen hat sie ihren ehemaligen Chor aus Italien wiedergetroffen. Für Friederike Dudda eine gute Gelegenheit mit Sprache zu glänzen, denn Italienisch kann sie noch fließend. (mz)