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"Freiwilligkeit funktioniert nicht" "Freiwilligkeit funktioniert nicht": Lungenarzt aus Halle erachtet Masken für wichtig

Von Silvia Zöller 29.07.2020, 11:00
Im Supermarkt ist das Tragen einer Mundschutzmaske Pflicht.
Im Supermarkt ist das Tragen einer Mundschutzmaske Pflicht. picture alliance/Sven Hoppe/dpa

Halle (Saale) - Mehrere Hallenser klagen derzeit vor dem Landesverfassungsgericht gegen die in Sachsen-Anhalt geltende Maskenpflicht in Geschäften und im Öffentlichen Nahverkehr. Jan Hinrichs, Lungenfacharzt im Elisabeth-Krankenhaus, ist ein Befürworter der Maskenpflicht. Warum, erläutert der Mediziner im Gespräch mit MZ-Redakteurin Silvia Zöller.

Sollte die Maskenpflicht aus Ihrer Sicht fallen?

Jan Hinrichs: Nein, denn die Masken schützen eindeutig vor dem Coronavirus. Das zeigen Studien: Aerosole werden eindeutig aufgehalten. Augenfällig ist, dass die Covid-19-Erkrankungen in jedem Land mit Maskenpflicht im Griff gehalten werden. Österreich beispielsweise hat die Maskenpflicht wieder eingeführt, nachdem die Infektionszahlen wieder gestiegen sind. Freiwilligkeit bedeutet, dass nur noch 20 statt 80   Prozent der Bevölkerung eine Maske tragen - Freiwilligkeit funktioniert nicht.

Was ist wichtiger - der Mund-Nase-Schutz oder die Desinfektion?

Aus ärztlicher Sicht ist der Mund-Nase-Schutz das wichtigste. Wir denken, dass nur maximal zehn Prozent der Viren über Flächen übertragen werden, aber 90 Prozent über die Atemwege in den Körper gelangen. Wie gut der Schutz ist, kann jeder testen: Versuchen Sie mal, mit einem Mundschutz eine Kerze auszublasen!

Was sagen Sie zu den Argumenten der Mundschutz-Gegner, dass durch die Masken erst Krankheiten ausgelöst werden?

Durch das Tragen von Mund-Nase-Schutz entstehen keine Infektionen. Auch, dass Kohlendioxid rückgeatmet wird, stimmt nicht. Es gibt keine Erkrankungen, wenn die Masken richtig angewendet werden.

Was kann man falsch machen?

Vor allem muss eine Maske richtig hygienisch aufgearbeitet werden. Das bedeutet, dass selbstgenähter Mund-Nase-Schutz aus Stoff täglich heiß gewaschen werden muss. Medizinischer Mundschutz sollte möglichst nur acht Stunden getragen werden - wenn er trocken gehalten wird, auch länger. Danach muss er weggeworfen werden. Andere Masken wie die Livinguard-Maske darf dagegen nur kalt ausgespült werden: Sie enthält eine Einlage, die positiv geladen ist und negativ geladene Viren neutralisiert.

Kann man auch beim Tragen Fehler machen?

Ja, vor allem die Nase muss geschützt werden, da hier die höchste Dichte an Rezeptoren ist, an die das Virus andocken kann. Deshalb sollte man eine Maske nie unter der Nase tragen.

In welchen Situationen kann man getrost ohne Maske sein?

Draußen, wenn es windig ist und keine dichten Menschenmengen in der Umgebung sind. In geschlossenen Räumen jedweder Art sollte man eine Maske tragen.

Heißt das, dass die jetzigen Corona-Regeln für Sie nicht ausreichend sind?

Dort, wo tief und intensiv geatmet wird, ist man am meisten gefährdet, etwa im Fitnessstudio oder in Großraumbüros oder auf Parties. Dass es nur in Geschäften und im ÖPNV eine Maskenpflicht gibt, geht eigentlich an den möglichen Gefahrenherden vorbei. Ich würde für mich auch ein Arbeiten in der Gastronomie oder als Personal im Einzelhandel ohne Maske nicht riskieren.

Sie haben 32 Covid-19-Patienten im Elisabeth-Krankenhaus behandelt. Wie unterschiedlich waren die Symptome?

Sehr unterschiedlich, es gab auch einige Beatmungspatienten und vier verstorbene Patienten. Und nur etwa die Hälfte der Patienten hatte Fieber - Fiebermessen hilft also in keiner Weise weiter. (mz)