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Freispruch für Oberbürgermeister Bernd Wiegand Freispruch für Oberbürgermeister Bernd Wiegand: Halles Ehrenbürger Peter Sodann glücklich über das Urteil

Von Jan-Ole Prasse 09.02.2015, 14:00
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand spricht auf einer Pressekonferenz über das Urteil.
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand spricht auf einer Pressekonferenz über das Urteil. Bauer Lizenz

Halle (Saale) - Das Landgericht hat Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) am Montagnachmittag vom Vorwurf der schweren Untreue freigesprochen. Die Wirtschaftsstrafkammer begründete ihre Entscheidung mit dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. Ein gravierendes pflichtwidriges Verhalten könne dem OB nicht nachgewiesen werden, sagte der Vorsitzende Richter Helmut Tormöhlen.

Er ging in seiner etwa einstündigen Urteilsbegründung vor allem auf das letzte Wort von Wiegand in dem Prozess ein. Der 57-Jährige hatte in einer rund 40-minütigen Erklärung am letzten Verhandlungstag gesagt, dass er eine fehlerfreie Ermessensentscheidung bei der Zubilligung der Gehälter an seine Mitarbeiter getroffen habe. Dies sei auch rechtlich begründet worden. „Das ist für sich genommen nicht unglaubwürdig“, sagte Tormöhlen. Damit könne die Kammer am Ende nur zu dem Ergebnis kommen, den OB freizusprechen.

Wiegand war von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen worden, seinen drei Mitarbeitern - Büroleiterin Sabine Ernst sowie die Referenten Oliver Paulsen und Martina Wildgrube - höhere Gehälter zugebilligt zu haben, als im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vorgesehen. Die Anklage hatte deswegen eine Bewährungsstrafe von 16 Monaten gefordert, die Verteidigung einen Freispruch beantragt.

Nicole Böttger: Wenn der Oberbürgermeister nichts falsches gemacht hat, dann ist der Freispruch auch gerechtfertigt. Ich vertraue da der Justiz.

Ulla Warthold: Ich finde den Freispruch super, weil der Mann versucht, etwas für die Stadt zu tun. Gute Leute haben nunmal ihren Preis, das ist gerechtfertigt.

Gerhard Prautzsch: Das, was er gemacht hat, war nicht richtig, aber so läuft das nunmal in der Politik. Ich habe auf ihn immer große Stücke gehalten und das, was da vor Gericht lief, das war eine Intrige von Bernhard Bönisch.

Evelyn Jacobi: Der Freispruch ist nicht gerechtfertigt, denn für den Job der drei Mitarbeiter hätte sich sicher auch jemand anderes gefunden. Da hätte nicht so viel Geld gezahlt werden müssen, eine Verurteilung hätte ich begrüßt. Und die drei Mitarbeiter von Herrn Wiegand sollten das Geld zurückzahlen.

Tom Zaspel: Der Oberbürgermeister hat wenigstens etwas für die Stadt getan, zum Beispiel beim Gimritzer Damm. Der Freispruch freut mich, auch wenn ich sonst eigentlich kein wirkliches Vertrauen in die Politik habe.

Hans Heinemann: Zum Glück ist jetzt endlich Schluss mit diesem langen Verfahren, das sich so gezogen hat. Zur Sache selbst kann ich mich allerdings als Nicht-Jurist nicht äußern. Seine Sache macht der Oberbürgermeister sonst aber ganz ordentlich.

Susanne Preuß: Ich finde gut, dass er freigesprochen wurde. Er kann jetzt damit fortfahren, gutes für die Stadt zu tun. Wenn er tatsächlich zu viel Geld gezahlt haben sollte, dann war das vielleicht eine einmalige Sache, die man ihm verzeihen kann. Er macht so viel richtig, da kann man vielleicht auch ein Auge zudrücken.

Christian Wolfram: Ich habe das Verfahren zwar kaum verfolgt, aber mir kam es immer so vor, wie ein Kleinkrieg zwischen dem Stadtrat und dem parteilosen Oberbürgermeister.

Arno Erge: Ich bin mit dem Freispruch einverstanden. Dass der Oberbürgermeister mehr Geld gezahlt hat, ist gerechtfertigt, das macht die Bundesregierung auch. Der Mann tut etwas für Halle und soll noch lange Oberbürgermeister bleiben.

Wiegands Rechtsanwalt Jan Schlösser begrüßte die Entscheidung. „Der Kammer gebührt für ihren Freispruch großer Respekt“, sagte er auf einer Pressekonferenz nach dem Urteil. Wiegand selbst wollte sich inhaltlich zu der Entscheidung nicht äußern. Zunächst müsse das Urteil rechtskräftig werden.

Dies hängt von der Staatsanwaltschaft ab. Sie kann innerhalb von einer Woche Revision gegen den Spruch der Kammer einlegen. „Wir werden das prüfen“, sagte Staatsanwalt Albrecht Wetzig, der in Vertretung von Oberstaatsanwältin Heike Geyer anwesend war.

Der parteilose Bernd Wiegand setzt sich in der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters von Halle mit 52,9 Prozent gegen Bernhard Bönisch (CDU) durch. Hier geht es zum Beitrag

Amtsantritt als neuer Oberbürgermeister. Bernd Wiegand unterschreibt die Arbeitsverträge mit seinen Mitarbeitern im OB-Büro. Darunter sind auch die Verträge mit Büroleiterin Sabine Ernst sowie den Referenten Oliver Paulsen und Martina Wildgrube. Bei allen drei wird die Erfahrungsstufe 5 festgelegt.

Bernd Wiegand baut die Verwaltung um. Ämter werden zusammengelegt, Leiter versetzt. Einige gehen dagegen juristisch vor.

In einem  gemeinsamen Brief an die Kommunalaufsicht werfen die Fraktionsvorsitzenden Bernhard Bönisch (CDU), Johannes Krause (SPD) und Gerry Kley (FDP) Bernd Wiegand rechtswidriges Verhalten. Sie rügen die Einstellungen in seinem Büro und werfen ihm die Fälschung des Stellenplanes im Haushalt vor.

Das Landesverwaltungsamt beanstandet den Haushalt der Stadt Halle. Unter anderem wird moniert, dass der eingereichte Stellenplan nicht mit dem vom Stadtrat beschlossenen übereinstimme. Am Ende wird der Haushalt genehmigt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt gegen Bernd Wiegand wegen der Einstufung von Büroleiterin Sabine Ernst sowie der Referenten Martina Wildgrube und Oliver Paulsen.

Nach dem Jahrhundert-Hochwasser beginnt Bernd Wiegand mit dem Neubau des Gimritzer Dammes in Eigenregie der Stadt. Wenige Tage später stoppt das Landesverwaltungsamt den Bau. Das Verwaltungsgericht bestätigt den Baustopp. Mehr Infos hier.

Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Personalakten im Rathaus. Lesen Sie hier mehr.

 Der Stadtrat spricht eine offizielle Missbilligung gegen Bernd Wiegand aus. Sie rügen seine Informationspolitik beim Deichbau. Hier geht es zum Beitrag.

Bernd Wiegand verliert vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg seine Klage gegen ein Disziplinarverfahren aus seiner Zeit als Beigeordneter. Die damalige OB Dagmar Szabados (SPD) hatte ihm die Bezüge um 20 Prozent gekürzt. In der Urteilsbegründung wirft das Gericht Wiegand systematisches Mobbing gegen seine ehemalige persönliche Referentin vor. Er soll ihr unter anderem keine Arbeitsaufträge mehr übertragen haben.

Auf einer Pressekonferenz in Halle verkünden Bernd Wiegand und Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens (CDU) eine Einigung beim Deichneubau. Hier geht es zum Beitrag.

 Die Staatsanwaltschaft lädt Bernd Wiegand zur Vernehmung.

Bernd Wiegand teilt mit, dass die Staatsanwaltschaft Halle Anklage gegen ihn wegen schwerer Untreue erhoben hat.

Die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Halle lässt die Anklage gegen Bernd Wiegand wegen schwerer Untreue zu.

Prozessauftakt am Landgericht. Am ersten Tag gibt Wiegand eine 40-miütige Erklärung ab. Er weist die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vehement zurück. Hier geht es zum Beitrag.

Das Landesverwaltungsamt genehmigt endgültig den Neubau des Gimritzer Dammes. Wiegands geplante Deichlinie wird weitgehend bestätigt. Lesen Sie hier den ganzen Beitrag.

In seinem Plädoyer fordert Staatsanwalt Frank-Thomas Schulze 16 Monate Haft auf Bewährung für Wiegand wegen schwerer Untreue. Die Verteidigung beantragt Freispruch. Hier geht es zum Beitrag.

Die Anwälte des Oberbürgermeisters Bernd Wiegand (parteilos) haben am Donnerstag ihre Schlussvorträge im Untreue-Prozess gehalten. Sie beantragen erwartungsgemäß einen Freispruch. Hier geht es zum Beitrag.

Die für den 12. Dezember geplante Urteilsverkündung wird vom Landesgericht verschoben. Die Kammer beabsichtigt, erneut in die Beweisaufnahme einzutreten und an weiteren Verhandlungstagen im Januar 2015 noch Zeugen zu vernehmen. Hier geht es zur Meldung.

Die Wirtschaftsstrafkammer hat am Montag Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) vom Vorwurf der schweren Untreue freigesprochen. Damit folgten die Richter um den Vorsitzenden Helmut Tormöhlen dem Antrag der Verteidigung. Hier geht es zur Meldung.

Der Stadtratsvorsitzende Hendrik Lange (Linke) wertete den Freispruch positiv. „Es ist gut, dass Halle jetzt keinen verurteilten Oberbürgermeister hat“, sagte er. Im Hinblick auf die Kritik des Gerichtes an Wiegands Amtsführung müssten die Stadtratsfraktionen zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und sich dann rechtlich beraten lassen. „Erst dann entscheiden wir, was zu tun ist“, sagte Lange.
In der Landespolitik wurde der Freispruch zurückhaltend aufgenommen. „Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und für mich persönlich überraschend. Unabhängig von einer Berufung wird der Stadtrat sicherlich die Begründung der Entscheidung genau auswerten, um daraus mögliche politische Konsequenzen zu ziehen“, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag André Schröder. (mz)

Überrascht vom Urteil zeigte sichBernhard Bönisch, CDU-Fraktionsvorsitzender des halleschen Stadtrats. Nun gelte es, das Urteil genau zu prüfen und Konsequenzen zu ziehen. „Es gibt Regeln in der Stadtverwaltung, und die müssen eingehalten werden“, sagte Bönisch. „Dies ist in diesem Fall nicht geschehen. So wird die Anstellung der drei Mitarbeiter teurer, als wir es uns gewünscht hätten.“ Der zähe Prozessverlauf habe jedoch deutlich gemacht, dass „sich das Gericht Mühe gegeben hat.“ Das Urteil sei zu akzeptieren. Bönisch kündigte an, dass er sich, wenn nötig, dafür einsetzen würde „die stadtinternen Regeln für Einstellungen“ zu präzisieren.

Ähnlich äußerte sich Kay Senius, SPD Stadtrat. „Offenbar galt der Grundsatz: Im Zweifel für den Angeklagten.“ Die Länge des Verfahrens hätte zwei Sachen klar gemacht, so Senius. „Erstens, dass sich das Gericht sehr schwer getan hat mit einer Einigung. Und zweitens, dass die Tatvorwürfe wohl nicht ganz falsch waren.“ Nach einer detaillierten Auswertung der schriftlichen Urteilsbegründung könne die fraktionsübergreifende Beratung darüber beginnen, wie im Stadtrat mit Wiegands Freispruch umzugehen sei, sagte Senius. Mit Blick auf die Außenwirkung des deutschlandweit beachteten Verfahrens sagt der SPD-Stadtrat: „Für Halle ist es gut, dass wir keinen OB haben, der erstinstanzlich verurteilt ist.“

Der frühere Oberbürgermeister Klaus Rauen (CDU) appellierte, dass nun zum Wohle  der Stadt ein Neuanfang zwischen dem Stadtrat und dem Rathauschef versucht werden müsse: „Wiegand gilt nun nach dem Freispruch als unschuldig, aber er hat dennoch eine Reihe von Fehlern gemacht. Das Klima ist erheblich beeinträchtigt.“ Auch der Oberbürgermeister sollte nun Größe zeigen und über seine Fehler und seine Alleingänge nachdenken, meint Rauen. „Die Stadt kann nur Schaden davon tragen, wenn sich der Rat  und der Oberbürgermeister ständig in den Haaren liegen“, sagte das ehemalige Stadtoberhaupt.

Der Ehrenbürger der Stadt Halle, der frühere NT-Chef Peter Sodann, freut sich über den Freispruch: „Wiegand ist vom Volk gewählt worden und kann nun sein Werk fortsetzen.“ Wiegands Gegner hätten alle Anstrengungen unternommen, um ihn aus dem Amt heraus zu drängen. Um so mehr freut es Sodann, das die Richter eine vernünftige Entscheidung getroffen haben und sich nicht auf einen – so Sodann – „Revanche-Prozess“ eingelassen haben.

In den Ratsfraktionen herrscht erst einmal Zurückhaltung: Sowohl Linken-Fraktionschef Bodo Meerheim als auch Tom Wolter (Mitbürger/Neues Forum) wollen zunächst die Urteilsbegründung abwarten. „Bis dahin ändert sich erst mal nichts, wir werden weiter sachlich zusammenarbeiten“, so Wolter. Meerheim hofft darauf, dass sich mit dem Prozessende nun auch die Spannungen zwischen Rat und Wiegand legen.

Inés Brock, Fraktionsvorsitzende der  Grünen, hofft darauf, dass nach dem Urteil nun Normalität in der Stadt einkehrt. Die beste Lösung sei daher auch, wenn die Staatsanwaltschaft keine Revision einlegen würde und sich der Stadtrat nun endlich wieder auf Sachthemen konzentrieren könnte.

Michael Schädlich, Präsident des halleschen Fußballclubs, hofft auf eine befreiende Wirkung für die hallesche Stadtpolitik. „Ich kann nur hoffen, dass alles, was die Akteure dieser Stadt bisher vom Arbeiten abgelenkt hat, nun beseitigt ist“, sagte Schädlich. Er wünsche sich, dass die politische Zusammenarbeit zwischen Oberbürgermeister und Stadtrat künftig auf einer sachlicheren Ebene stattfinden werde. „Die Nebenkriegsschauplätze wurden nun hoffentlich auf Justizebene geklärt. Jetzt sollte es eine vernünftige Geschäftsgrundlage geben.“

Wenig überrascht ist Michael Gekle, Dekan der medizinischen Fakultät der Uni Halle, von der Entscheidung des Landgerichts. Schon durch die Länge des Prozesses habe er nicht mit einer Verurteilung zu einer hohen Strafe gerechnet. Entscheidend sei nun, ob Wiegand gestärkt oder geschwächt aus dieser Affäre herausgehen. „Wenn Wiegand weiter im Amt bleibt, ist es wichtig, einen Strich zu ziehen, damit er sich gut für Halle einsetzen kann“, meint Gekle.

Gratulationen an den freigesprochenen Bernd Wiegand kommt vom evangelischen Kirchenkreis Halle-Saalkreis. Superintendent Hans-Jürgen Kant sprach von einem erfreulichen Urteil für die Stadt. „Die Vorwürfe haben schwer gewogen. Ich kann nur sagen: Herzlichen Glückwunsch!“ Ein Schuldspruch hätte ein schlechtes Licht auf jede weitere Entscheidung des Oberbürgermeisters geworfen, so Kant. „Für die politische Arbeit in der Stadt ist positiv: Das Gericht ist in seiner Entscheidung sehr klar.“ Für das Image der Stadt Halle sei es eine gute Nachricht, dass dem Oberbürgermeister kein Unrecht nachgewiesen wurde.

Nach dem Urteil erklärte sich Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Mitte) auf einer Pressekonferenz. Neben ihm Stadtsprecher Drago Bock (links) und Anwalt Jan Schlösser (rechts).
Nach dem Urteil erklärte sich Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (Mitte) auf einer Pressekonferenz. Neben ihm Stadtsprecher Drago Bock (links) und Anwalt Jan Schlösser (rechts).
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Oberbürgermeister Bernd Wiegand auf dem Weg ins Gericht
Oberbürgermeister Bernd Wiegand auf dem Weg ins Gericht
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Oberbürgermeister Bernd Wiegand betritt den Gerichtssaal
Oberbürgermeister Bernd Wiegand betritt den Gerichtssaal
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Bernd Wiegand (r.) steht mit seinem Anwalt Michael Nagel vor der Anklagebank.
Bernd Wiegand (r.) steht mit seinem Anwalt Michael Nagel vor der Anklagebank.
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