Franckesche Stiftungen Halle Franckesche Stiftungen Halle: So aufwendig werden Schätze hier abgestaubt

Halle (Saale) - Ein ungewohntes Brummen war fast vier Wochen lang in der historischen Kulissenbibliothek der Franckeschen Stiftungen zu hören. Ein Blick in die Quergänge zwischen den Regalen machte schnell klar, woher es rührte.
Dort waren die Restauratorin Anja Grubitzsch und ihre Kollegen von der Firma PAL Preservation Academy GmbH aus Leipzig mit besonderen Staubsaugern zugange, um die historisch wertvollen Bücher, die das Weltwissen der Frühen Neuzeit widerspiegeln, auf eine schonende Art und Weise vom Staub zu befreien. Buch für Buch wurde aus seinem angestammten Regalbrett entnommen und auf ein Spezialbücherbrett aus Holz gestellt, das der Regalgröße der Bibliothek ebenso wie den Bibliothekstreppen angepasst ist.
„Sporen können sich auf den Büchern ablagern"
So konnten Anja Grubitzsch und ihr Team problemlos auch in der Höhe am obersten Fach arbeiten. Zunächst kam der Mikrofaserwischlappen für die historischen Regalbretter zum Einsatz und anschließend der Sauger, der eine Trockenreinigung der Bücher vollzog. „Eine solche Reinigung ist ein wichtiges Mittel, um die Buchbestände zu schützen“, erklärt Britta Klosterberg, Leiterin des Studienzentrums „August Hermann Francke“.
„Sporen können sich auf den Büchern ablagern und so bei Schwankungen der Luftfeuchtigkeit zur Schimmelbildung beitragen.“ Das wäre für den ausgesprochen wertvollen Bücherbestand fatal, der von der Inkunabel aus dem 15. Jahrhundert über Schriften der Reformationszeit bis zu Büchern aus dem 18. Jahrhundert hineinreicht. „Deshalb und weil die Experten einen besonderen Blick auf die Bücher haben, haben wir uns für eine Spezialfirma entschieden“, sagt Britta Klosterberg.
Bei der Trockenreinigung kommen Spezialsauger zum Einsatz
Die Spezialisten saugen die Bücher nicht nur einfach ab. „Wir nehmen jedes einzelne Objekt in die Hand, nehmen schwere Einbandschäden auf und halten fest, welche Bücher zuerst restauriert werden müssten“, erläutert Anja Grubitzsch das Vorgehen und nimmt ein Buch aus dem Regal, an dem man deutliche Schäden sieht, die einfach durch die lange Nutzungsgeschichte entstanden sind.
Bei der Trockenreinigung selbst kommen Spezialsauger zum Einsatz, die auf die Bedürfnisse abgestimmte Filter besitzen. Mit den Saugern könnten Feinstäube und Sporen aufgesaugt werden, und zwar so, dass sie nicht wieder in die Luft zurückgehen, so Grubitzsch.
Reinigung von insgesamt 64.500 Bänden
„Ideal wäre eine Reinigung alle fünf Jahre. Aber das ist meist nicht durchführbar. Alle zehn Jahre sollten es aber mindestens sein, um das Kulturgut in einem guten Zustand zu bewahren“, sagt Britta Klosterberg. Sie freut sich, dass in diesem Jahr nach zehn Jahren Geld für die Reinigung von insgesamt 64.500 Bänden bereitgestellt wurde.
Allein über 27.000 Bände sind es in der Kulissenbibliothek, die Ende 1728 gebaut wurde und heute als ältester erhaltener profaner Bibliotheksbau Deutschlands gilt. Nach den Bücherreinigungsarbeiten in der historische Bibliothek, in der die Bücherregale wie Kulissen eines barocken Theaters in den Raum ragen, werden Anja Grubitzsch und ihre Kollegen in den nächsten Wochen in anderen Magazinbereichen weitere Bestände reinigen.
Anja Grubitzsch und eine weitere Restauratorin erstellten bereits 2019 ein Schadenskataster historischer Schriftbestände der Franckeschen Stiftungen. Eine daraus folgende Maßnahme, um die wertvolle Schriftblätter vor Säurefraß zu schützen, war, sie neu in säurefreie Kartons zu verpacken. Das und auch die jetzigen Reinigungsarbeiten tragen wesentlich zum Erhalt der Schriftgutschätze bei. (mz)