Filmkulissen aus Halle Filmkulissen aus Halle: Meister der Illusionen

Halle (Saale) - Die Dreharbeiten gingen gut voran, in den nächsten Tagen sollte im Schwimmbad auf dem Zehn-Meter-Turm gefilmt werden. Doch dann stellte sich heraus, dass der Schauspieler unter Höhenangst leidet und unmöglich bis nach oben steigen konnte. Ungeplante Situationen wie diese können am Set schnell für Kopfzerbrechen sorgen - für Erik Hennig sind die noch lange kein Grund ins Schwitzen zu geraten.
Der Baubühnen-Arbeiter ist bei Filmproduktionen immer dann am Werk, wenn es gilt, Requisiten neu zu bauen oder eine vorhandene Kulisse auszugestalten. Und so war auch die Lösung für die Schwimmbad-Szene schnell gefunden. Hennig baute den Sprungturm mit einfachen Mitteln und einer geringen Höhe so nach, dass er im Film nicht mehr vom Original zu unterscheiden war.
Seit 15 Jahren arbeitet der Hallenser an Produktionen wie dem Weltkriegsepos „Unsere Mütter, unsere Väter“, den internationalen Literaturverfilmungen „Die Päpstin“ und „Die Bücherdiebin“ oder den drei Teilen der „Zorn“-Reihe.
Arbeit im Hintergrund
Während das Wirken der Schauspieler und ihrer Charaktere vom Zuschauer oft genüsslich kommentiert werden und der ein oder andere Dialog auch nach dem Ende eines Films noch nachhallt, bleiben Hennig und seine Arbeit unauffällig im Hintergrund. Und das soll auch so bleiben.
„Meine Aufgabe im Film ist das, was der Zuschauer später nicht sehen soll“, sagt der Vater eines sechsjährigen Sohnes.
Schließlich erregen eine Requisite oder die Dekoraktion einer Kulisse meist nur dann Aufmerksamkeit, wenn etwas unstimmig ist oder nicht ins Bild passt. Damit sich vor allem auch eigens für den Dreh neu gebaute Requisiten in die Atmosphäre der Filmumgebung anpassen, muss Erik Hennig öfter zu ungewöhnlichen Tricks greifen. Als für die dritte „Zorn“-Verfilmung ein Lüfter gebraucht wurde, konnte er ihn ohne Weiteres zusammenbauen. Damit war die Arbeit aber noch längst nicht getan. Denn neu aussehen, das durfte der Lüfter in der düsteren Filmszene auf keinen Fall.
Lesen Sie auf der nächsten Seite unter anderem über verdreckte Requisiten für die Zorn-Verfilmung.
Also half Hennig mit in Wasser aufgelöstem Kaffeepulver nach und konnte so einen verdreckten Eindruck erzeugen. Hat er einmal etwas aufgebaut, geht er im Anschluss oft gleich daran, seine Arbeit so zu beschädigen, dass sie möglichst ramponiert und abgenutzt erscheint. „Um die Holzverkleidung für eine Gartenlaube im Film möglichst alt und von der Witterung gezeichnet erscheinen zu lassen, breche ich zum Beispiel Ecken aus dem Holz heraus oder bewerfe es mit Steinen, sodass Dellen und Löcher entstehen.“
Sein Herz kann er an die Requisiten, die er für Filmproduktionen herstellt, ohnehin nicht hängen. Baut er an Fensterrahmen, die mit Farbfolie bespannt werden, um auch bei Tag den Eindruck einer finsteren Nacht zu vermitteln, werden sie für die Dreharbeiten einige Stunden genutzt und finden dann keine Verwendung mehr. „Bei der Menge an Gegenständen, die ich produziere macht es einfach keinen Sinn, alles aufzuheben“, sagt Hennig.
Eine Ausnahme hat er vor kurzem allerdings für eine nachgestellte Fliesenwand gemacht, die für eine Szene in einer Pathologie mit leichten Materialien gebaut wurde und sich so einfach transportieren ließ: „Die werde ich noch gebrauchen können. In Krimiserien kommen Pathologien schließlich relativ oft vor“.
Nachbau einer Gefängnistür
Dass der Dreh einer Krimiserie nicht nur den Vorteil hat, dass er Requisiten mehrfach verwenden, sondern damit auch für Erheiterung sorgen kann, hat er vor einigen Jahren bei Arbeiten zum „Polizeiruf“ erfahren. Bei Aufnahmen in einer realen Haftanstalt kam es einer Wärterin nur gelegen, dass Hennig seinen leichten Nachbau einer Gefängnistür mitgebracht hatte. Sie lieh sich das Requisit aus und trug es an den nichtsahnenden Häftlingen so vorbei, als gäbe es nichts Leichteres, als eine Gefängnistür mit einem Arm durch die Gegend zu tragen.
Nach einem großen Projekt, wie der neuesten Zorn-Verfilimung, die erst vor wenigen Tagen abgedreht wurde, nimmt sich Erik Hennig erst einmal eine Auszeit. Aufwendige Produktionen bedeuten viele Stunden Arbeit, auch an den Wochenenden. Auch wenn er dann viel vor Ort in seiner Werkstatt in der Delitzscher Straße arbeitet und seine Familie in der Nähe hat, möchte er nicht darauf verzichten, seinen Sohn beim Aufwachsen zu erleben: „Die Chance habe ich, bei aller Liebe zur Arbeit, eben nur einmal“.