Familienforscherverein "Ekkehard" Familienforscherverein "Ekkehard": Auf Spurensuche in Halles Stadtgeschichte

Halle (Saale) - Keiner wusste, wo die äußerlich eher unscheinbaren alten Trauregister der Marktgemeinde abgeblieben waren. Fast 25 Jahre waren die Büchlein verschollen. Für die Mitglieder des Hallischen Familienforschervereins „Ekkehard“ bedeutete dies den Verlust einer wichtigen Quelle. Denn in diese Akten haben die Pfarrer ab dem Jahr 1579 und bis 1641 Aufgebote und Hochzeiten eingetragen, wer vor 400 Jahren wen in Halles wichtigster Kirche ehelichte. Ein „Who’s who“ jener Zeit der Stadtgesellschaft. Für Familienforscher eine Fundgrube. „Ohne diese Trauregister wäre auch die Geschichte Halles im Dreißigjährigen Krieg nur unvollkommen zu schreiben“, sagt Bernd Hofestädt vom Ekkehard-Verein. Und Karsten Eisenmenger fügt hinzu: „Kirchenbücher aus dieser Zeit gibt es nicht sehr viele. Vor allem der Dreißigjährige Krieg stellt für die Forschung vielerorts ein unüberwindliches Hindernis dar. Denn damals wurden viele Kirchenbücher vernichtet. Auch die Pest wütete.“ Dies alles hatten die Trauregister überstanden, die Gegenwart wäre ihnen fast zum Verhängnis geworden. „Ein Bekannter hat mich 2009 angerufen, er habe bei einer Haushaltsauflösung im Container seltsame Schriften gefunden. Die Schrift konnte er nicht lesen, die Buchdeckel fehlten. Und es waren tatsächlich die vermissten Trauregister. Wir konnten unser Glück kaum fassen“, erinnert sich Bernd Hofestädt.
Nun lässt der Ekkehard-Verein die ersten beiden der 2009 geretteten Trauregister aus der Marienbibliothek restaurieren und neu binden. Das kostet immerhin etwa 2.200 Euro. Das Geld kam durch Spenden zusammen. Für das dritte Büchlein, eigentlich das älteste, fehlt noch das Geld.
„Pfade, auf denen noch niemand gegangen ist"
Hofestädt und Eisenmenger haben den Verein mitgegründet, im Mai 1990, vor 25 Jahren. Ab 1981 hatte es in Halle eine „Arbeitsgruppe Genealogie im Kulturbund der DDR“ gegeben. Seit 1983 machten die beiden Freunde dort mit. „Unsere beiden Väter waren damals gestorben. Das war der Anlass, mehr über die Geschichte unserer Familie herausfinden zu wollen“, sagt Eisenmenger.
Mehr darüber zu erfahren, woher man kommt, das ist der Antrieb für die meisten der 55 Mitglieder des „Ekkehard“, zu denen übrigens auch Altbischof Axel Noack gehört. Sie sitzen in Pfarrhäusern und Archiven, um die historischen Quellen zu studieren. „Man bewegt sich dabei oft auf Pfaden, auf denen noch niemand gegangen ist. Immer wieder gelingen fantastische Entdeckungen. Und fast nebenbei entsteht ein eigenes Geschichtsbild unserer Region“, sagt Hofestädt.
Der „Ekkehard“ nutzt als Gast einen Raum in der Marienbibliothek der Marktgemeinde. Inmitten der Jahrhunderte alten Bücher darf auch die eigene Vereinsbibliothek stehen. Jahrelang hatten die Mitglieder das Archiv der Bibliothek aufgeräumt.
Überhaupt kümmern sich die Familienforscher nicht nur um die eigene Geschichte. Nach der Währungsunion mit einem Vereinsvermögen von 7,50 D-Mark gestartet, hat der „Ekkehard“ sechs Jahr später die Verfilmung einer weiteren wichtigen Quelle der Stadtgeschichte finanziert: Dem Stadtarchiv fehlte das Geld, um die halleschen Bürgerbücher auf Mikrofilm zu archivieren. Mit der Verfilmung sind diese Bücher, die 1400 beginnen, einer breiteren Öffentlichkeit leichter zugänglich. Zum 1.200-jährigen Stadtjubiläum hat der Verein zudem eine Broschüre zur Geschichte der Familie Händel in Halle herausgegeben. Und mit den vierteljährlich erscheinenden Ekkehard-Heften wurden zudem viele wertvolle Beiträge zur Stadtgeschichte geleistet.
Das größte Vereinsprojekt ist aber die Katalogisierung der historischen Kirchenbücher, der Tauf-, Trau-, und Sterberegister der Marktgemeinde sowie der ehemaligen Gemeinden St. Ulrich, St. Moritz und St. Georgen, deren Akten in der Marienbibliothek stehen. Für die rund 200 Kirchenbücher erstellt der Ekkehard seit vielen Jahren aufwendig Personenregister, was die Nutzung dieser Kirchenbücher, das älteste wurde 1548 begonnen, wesentlich erleichtert. Die Hälfte ist geschafft. Auch die drei geretteten Trauregister wurden bereits durchgearbeitet. (mz)
