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Ex-Außenminister Ex-Außenminister: Hans-Dietrich Genscher als Ehrenbürger in Halle schon vergessen?

Von Detlef Färber 02.11.2016, 11:30
Hans-Dietrich Genscher
Hans-Dietrich Genscher  dpa/Archiv

Halle (Saale) - Viele Hallenser hatten sich in dieser Frage ganz spontan entschieden: Ins Kondolenzbuch für den am 31. März dieses Jahres verstorbenen Hallenser und „ewigen deutschen Außenminister“ Hans-Dietrich Genscher schrieb ein Trauergast in Anlehnung an Genschers berühmtesten, weil welthistorischen Satz: „Ich bin heute gekommen, um ihnen mitzuteilen, dass ... ich Ihr Lebenswerk niemals vergessen werde.“

Ob das in Genschers Heimatstadt viele ähnlich oder womöglich sogar genauso sehen, ist im Moment unklar. Sieben Monate nach Genschers Tod wird noch immer beraten. Ein Ergebnis ist offiziell noch nicht bekannt. Eine fraktionsübergreifende Gruppe um den FDP-Stadtrat Hans-Dieter Wöllenweber berät bereits ein halbes Jahr, wie in der offenbar heiklen Frage zu verfahren ist. Zu Zwischenergebnissen will Wöllenweber noch nichts sagen. Gemunkelt wird allerdings, dass es bei einer möglichen Straßenumbenennung um die Berliner Straße oder die Dessauer Straße gehen könnte. Die Stadträte-Gruppe soll in der nächsten Woche wieder zusammentreten.

Dabei drängt die Zeit inzwischen durchaus. In weniger als fünf Monaten ist Genschers erster Todestag, und noch kürzer bevor steht, am 21. März 2017, der 90. Geburtstag des in Reideburg geborenen Weltpolitikers. Dass man etwas zügiger handeln kann, als es in Halle geschieht, beweist gerade die Nicht-Genscher-Stadt Sangerhausen, die beschlossen hat, dem Hallenser einen zentralen Straßennamen zu widmen.

In Sachen Genscher-Ehrung auf der Schleichspur

Und dass in Fällen wie diesem sogar ein ostentativ beschleunigtes Verfahren angezeigt sein könnte, hat dieses Jahr die Stadt Hamburg bewiesen: Nur ein Vierteljahr nach dem Tode von Altbundeskanzler Helmut Schmidt, der ja Genschers Koalitionspartner war, hat die Hansestadt ihren Flughafen nach dem einstigen „Leitenden Angestellten der Bundesrepublik“ (Schmidt-Zitat) benannt. Und im Saalekreis vor den Toren Halles, im Gewerbegebiet Queis - fast in Genschers Heimat-Kiez - gibt es ohnehin längst eine Genscher-Straße.

Freilich, nicht alle in Halle verharren in Sachen Genscher-Ehrung auf der Schleichspur. So wird es auf Initiative der City-Gemeinschaft und des Lions-Clubs am Sonntag beim Lichterfest ein Event zu Ehren des Staatsmanns und großen Europäers aus Halle geben. Unter anderem soll der legendäre gelbe Pullover, Genschers Markenzeichen - mit 15 000 Teelichtern nachgestaltet - dann ab 18.30 Uhr auf dem Marktplatz leuchten.

Wird Schule nach Genscher benannt?

Und auch sonst soll, wie City-Gemeinschafts-Chef Wolfgang Fleischer schon mal verrät, die Suche nach der Farbe gelb - „ohne die es“ ihm zufolge „keine echte Buntheit“ gebe - eine wichtige Rolle spielen bei der improvisierten Genscher-Ehrung, die zugleich auf Großleinwand eine Zusammenfassung von Lebens- und Amtsstationen des Politikers für die Besucher präsentieren wird: Es dürfte einer der raren Lichtblicke in Sachen Genscher werden.

Unklar ist weiterhin, wie es mit der vor einem halben Jahr verschiedentlich angedachten Benennung einer Schule nach Genscher aussieht. Erster Kandidat wäre da wohl weiterhin jenes Gymnasium, das der junge Hans-Dietrich selbst besucht hat und das jetzt Herder-Gymnasium heißt. Wie man hört, soll es in der Eltern- und Schülerschaft Sympathie geben für die fast schon zwingende Idee einer Umbenennung - angesichts der Tatsache, dass Johann-Gottfried Herder bereits Namensgeber eines Merseburger Gymnasiums ist und eher nicht zur halleschen Stadtgeschichte gehört.

Was für das nun schon nahe Genscher-Jubiläum Anfang 2017 vorgesehen ist, hat in seiner Heimat bislang wohl nur mit seiner Partei, der FDP, zu tun. Katja Raab, Regionalleiterin der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, plant Veranstaltungen unter anderem im Genscher-Geburtshaus in Reideburg, wo inzwischen eine „Bildungs- und Begegnungsstätte Deutsche Einheit“ erfolgreich tätig ist. Der Rest ist Schweigen.  (mz)