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Ermittlungen der Polizei Ermittlungen der Polizei: Diebe bei der Tafel in Halle

Von Jan Schumann 03.02.2015, 20:49
Die Tafel in Halle
Die Tafel in Halle Stedtler/Archiv Lizenz

Halle (Saale) - Die Polizei ermittelt wegen Untreue bei der Halleschen Tafel. Bereits im vergangen Jahr soll eine erhebliche Geldmenge bei der Hilfsorganisation verschwunden sein. Nun trennte sich die Tafel von einer Reihe von Mitarbeitern, da die Polizei-Untersuchungen bisher ergebnislos blieben. Die Anzeige, die bereits vor Monaten erstattet wurde, richtete sich gegen unbekannt, bestätigte Polizeisprecherin Lisa Wirth auf MZ-Anfrage.

Laufendes Ermittlungsverfahren

Dass der Untreue-Fall bei der Tafel nun durch die Justizbehörden aufgearbeitet wird, geschieht mit Willen des Vorstands der Evangelischen Stadtmission Halle, der die Tafel untergeordnet ist. „Es geht um eine hohe vierstellige Summe, die bei der Tafel versickert ist“, sagt Vorstandsvorsitzender Ernst-Christoph Römer. Genaueres teilt er mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren nicht mit.

Seit 1997 verteilt die Hallesche Tafel Lebensmittel und Drogeriewaren für einen geringen Geldbetrag an Bedürftige. Verschiedene Kooperationspartner spenden die Produkte an die Einrichtung. Zusammenarbeiten bestehen etwa mit den Supermarktketten Edeka, Aldi, Lidl, Netto. Auch die Fleischerei Dietzel und die Bäckerei Schäfer stellen Lebensmittel zu Verfügung.

Laut Tafel-Vorstand beträgt das Spendenaufkommen jährlich etwa 200 Tonnen. Zusammengestellte Warenkörbe werden in Halle-Neustadt, Tangermünder Straße 14, ausgegeben. Je nach Größe kosten die Körbe 1,50 bis zwei Euro, für weitere Personen im Haushalt werden 50 Cent (Kind) oder ein Euro (Erwachsener) fällig. Kunden müssen ihre Bedürftigkeit nachweisen. Laut dem Vorstandsvorsitzenden Ernst-Christoph Römer werden jährlich rund 17 000 Haushalte versorgt.

Doch klar ist, dass die schweren Vorwürfe innerhalb der Hilfsorganisation tiefes Misstrauen zwischen Vorstand und Mitarbeitern schürten. Etwa ein Dutzend ehrenamtlicher Hilfskräfte musste seitdem auf Anweisung der Chefetage gehen - „ein guter Teil davon aufgrund von ernsten Regelverstößen“, sagt Elke Ronneberger, Vorstand der Stadtmission. Auch der damaligen Tafel-Leiterin wurde im Zuge des Umbruchs gekündigt, nach MZ-Recherchen folgte ein Rechtsstreit. „Wir hatten kein Vertrauen mehr“, sagt Römer. „Wir haben eine Abfindung über drei Monate gezahlt.“ Heute arbeiten etwa zehn Ehrenamtliche bei der Tafel. Jährlich werden rund 35 000 Lebensmittel-Körbe zum Preis von mindestens 1,50 Euro verkauft.

Kündigung erhalten

„Wir wollen klar nach außen transportieren, dass wir dagegen vorgehen, wenn hier Missbrauch getrieben wird“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Doch einige der aussortierten Ehrenamtlichen sehen diese Transparenz-Bekundungen kritisch: „Vom Vorstand gab es uns gegenüber keine offizielle Ansage zum Vorwurf des Diebstahls oder der Untreue“, sagt Walter Stuckenschnieder, langjähriger Tafelmitarbeiter. Stattdessen habe der 53-Jährige kommentarlos die Kündigung bekommen. Die ehrenamtlichen Engagements bei der Tafel waren vertraglich fixiert.

Auch Klaus Theilemann kann sich an vertrauensvolle Aussprachen nicht erinnern: „Von dem Vorwurf der Untreue wurde lediglich intern gemunkelt - eine klare Ansage oder Mitarbeitergespräche gab es nicht.“ Beide Männer arbeiten seit etwa einem Monat nicht mehr bei der Tafel - und kritisieren, wie innerhalb der Stadtmission mit den Vertragsauflösungen der ehemaligen Mitarbeiter umgegangen wurde.

Elke Ronneberger sagt, dass Gespräche mit den Mitarbeitern gesucht wurden. Für Ernst-Christoph Römer ist die Affäre vorerst beendet. „Zwar warten wir weiterhin auf die Ergebnisse der Ermittlungen“, sagt er, „doch wenn mich heute jemand fragt, habe ich die Gewissheit, dass bei der Halleschen Tafel alles korrekt läuft.“ (mz)