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Ermittler in der Drogen- und Einbrecher-Szene Ermittler in der Drogen- und Einbrecher-Szene: So arbeiten die Einbrecher

Von Oliver Müller-Lorey 05.12.2017, 08:49
Beamte vor einem Gebäude
Beamte vor einem Gebäude Oliver Müller-Lorey

Halle (Saale) - Halles Drogen- und Einbrecher-Szene ist in Aufruhr. Seitdem im April dieses Jahres eine siebenköpfige Ermittlungsgruppe des Polizeireviers Jagd auf Kellereinbrecher, Hehler und Drogendealer macht, kommt es fast wöchentlich zu Razzien und Verhaftungen. Nach MZ-Informationen sank die Zahl der Kellereinbrüche 2017 im Vergleich zum Vorjahr bereits um die Hälfte.

Mindestens 56 Kriminelle befinden sich nach Ermittlungen der Spezial-Truppe namens „Intensivtäter“ im Gefängnis, mehrere Umschlagsplätze für Drogen und Diebesgut sind ausgehoben. Doch wie der Leiter der Ermittlungsgruppe sagte, soll „das Aufräumen“ noch längst nicht beendet sein. Noch immer hat die Polizei Täter im Visier. „Wir brauchen noch Jahre und die intensive Verfolgung von Seiten der Polizei und Staatsanwaltschaft, um dieses Deliktfeld zu bekämpfen“, sagte der Beamte. „Es wartet noch mehr als genug Arbeit auf uns.“

Kampf gegen das Milieu ist aufwendig

Der Kampf gegen das Milieu ist aufwendig, weil die Diebesbanden äußerst professionell arbeiten. Auf der untersten Stufe würden die Einbrecher stehen, die überwiegend Crystal-Konsumenten seien. Pro Tag würden sie zwischen 70 und 100 Euro brauchen, um ihre Sucht zu finanzieren. Wie in einem professionellen Betrieb seien die Aufgaben unter den Bandenmitgliedern aufgeteilt: Tagsüber würden die Täter nach hochwertigen Fahrrädern Ausschau halten und Objekte auskundschaften.

Nachts würden die Einbrecher dann zuschlagen und Werkzeuge sowie Räder stehlen. Weil sie zum Teil akkubetriebene Trennschleifer nutzten, böten selbst die härtesten Schlösser keinen wirklichen Schutz. „Wir reden hier über hochwertige Räder ab 400, 500 Euro“, so der Leiter der Ermittlungsgruppe.

Bandenmitglieder kennen sich als Drogenabhängige untereinander

Die Bandenmitglieder würden sich als Drogenabhängige untereinander kennen. Unter den Tätern würden sich mit der Zeit feste Strukturen bilden. Wer fünf, sechsmal erfolgreich gemeinsam Keller aufbricht, wird zum Team. Mit dem Diebesgut würden die Drogen-Junkies dann zu einem sogenannten Zwischenhehler kommen, der eine Stufe höher stehe. „Er hat eine persönliche Beziehung zu den Konsumenten, nimmt die Waren an und bezahlt sie oft auch direkt mit Drogen“, so der Beamte.

Über Hintermänner würden die Räder später nach Osteuropa, etwa Litauen, die Ukraine und Weißrussland gebracht - oft in Einzelteile zerlegt und als Schrott oder Ersatzteil deklariert. „Die Teile werden sogar in Schutzfolie verpackt, damit sie unbeschadet am Zielort ankommen.“ In Osteuropa finden die Räder auf dubiosen Märkten oder im Internet ihre Abnehmer.

Polizei stört zunehmend die Vertriebswege für Drogen

Doch die Polizei stört diese Vertriebswege zunehmend. Wie genau die Beamten den Kriminellen auf die Schliche kommen, wollte der Ermittlungsgruppen-Chef nicht verraten. Man nutze jedoch alle Möglichkeiten, die die Strafprozessordnung ihnen einräume. In der Vergangenheit hatten drogensüchtige Einbrecher die Standorte der Umschlagsplätze verraten.

Mehrere dieser Orte hat die Polizei in den vergangenen Monaten ausgehoben. Darunter ein Objekt in der Landsberger Straße Mitte Oktober und in der Neustädter Eselsmühle Ende Oktober. „Das wahrscheinlich größte Objekt war jedoch ein Diebesgutsumschlagplatz im Osten von Halle, der am 11. Juni durchsucht worden war“, sagt der Ermittlungsgruppen-Leiter.

Damals kam die Polizei einer 26-köpfigen Bande, die Fahrräder im großen Stil gestohlen haben soll, auf die Schliche. Unter ihnen auch dem Bandenführer. Bei der Durchsuchung fanden die Beamten 39 gestohlene Räder. Bei später daraus resultierenden Durchsuchungen außerdem Ausweise, Auto-Kennzeichen und vor allem beschriftete Schlüssel. Sie waren Hausmeistern und Postboten gestohlen worden. In der Stadt hatte es immer wieder sogenannte Spurlos-Einbrüche gegeben - Einbrüche, bei denen der Täter die Tür nicht aufgebrochen, sondern mit einem Schlüssel geöffnet hatte.

Erfolge der Ermittlungsgruppe 2017

11. Juni In Halles Osten geht die Polizei gegen eine 26-köpfige Bande vor. Auf einem Gewerbehof finden die Ermittler 39 gestohlene Fahrräder.

17. Oktober In einer Shisha-Bar in der Landsberger Straße und anderen Orten in Halle und Merseburg sprengt die Polizei einen Dealerring.

25. Oktober Die Eselsmühle wird mitten in der Nacht durchsucht. Sie soll als Drogenumschlagsplatz gedient haben. Ermittler finden zahlreiche Drogen - auch in der Wohnung des Inhabers.

2. November In zwei Wohnungen in Neustadt finden Polizisten Crystal, Ecstasy, Cannabis, Heroin und Kokain sowie szenetypisch gestückeltes Geld.

22. November Aus einem Keller in der Ankerstraße wird ein Fahrrad gestohlen. Eine Wildkamera fotografiert den Dieb. In dessen Wohnung werden Drogen gefunden.

29. November Die Wohnungen von vier Männern werden durchsucht. Beamte finden Drogen und stellen das Auto eines Verdächtigen sicher. Damit soll Rauschgift transportiert worden sein.

(mz)