Erinnerungen an Brauerei in Halle Erinnerungen an Brauerei in Halle: "Nach sechs Tagen schmeckte das Bier nicht mehr"

Halle (Saale) - Es ist ein Ritual, das in vielen deutschen Wohnzimmern am Abend zelebriert wird: das Öffnen des wohlverdienten Feierabendbieres. Der Kapselheber wird an den Flaschenhals angesetzt und mit einer schwungvollen Bewegung nach oben gezogen, dann verbiegt sich der Kronkorken. Ein Zisch, ein Plopp - und dem Genuss des Gerstensaftes steht nichts mehr im Wege. Was heute so banal klingt, zu DDR-Zeiten war das bisweilen etwas Besonderes. Denn, so erinnert sich Edgar Hock in einem Gespräch mit der MZ, war dieses Erlebnis in Gefahr.
Hock ist heute 80 Jahre alt und hat in den Jahren zwischen 1969 und 1983 in der Brauerei in der Glauchaer Straße 49 gearbeitet. Dort war der gebürtige Hallenser für die „Beschaffung und Absatz“ verantwortlich. Gebraut wurde in der südlichen Innenstadt das „Meisterbräu“.
Brauerei in Halle: Es mangelte an vielem
„Besonders im Sommer war es immer sehr interessant, an die Rohstoffe zu kommen, die wir zum Bierbrauen benötigten“, sagt der rüstige Rentner mit einem breiten Lächeln im Gesicht. In der DDR herrschte überall Mangel - auch in der Brauerei in Glauchaer Straße. Das machte sich nicht nur in der Rohstoffbeschaffung bemerkbar, sondern auch beim Verpackungsmaterial.
„Das Bier war gebraut, die Flaschen abgefüllt - aber wir konnten sie nicht verschließen, weil uns die Kronkorken fehlten“, so Hock. Also fuhr jeden Tag ein großer Lastwagen von Halle nach Berlin, um die begehrten Kronkorken zu besorgen. „Oftmals lagen auf der großen Ladefläche nur zwei kleine Säcke mit Kronkorken“, erinnert sich Edgar Hock. Der reichte natürlich nicht für die gesamte Produktion, sondern nur für einige wenige Flaschen.
Brauerei in Halle: Zeitweise fehlten sogar die Glasflaschen für Bier
Zeitweise fehlten sogar die Glasflaschen für den Gerstensaft. „Das war ein ernsthaftes Problem, denn das Bier war nicht lange haltbar. Nach sechs Tagen schmeckte es nicht mehr“, sagte Hock. Auch die Technik habe der Belegschaft immer wieder Kopfzerbrechen bereitet. Zur damaligen Zeit seien mehr als 800 Menschen in der Brauerei angestellt gewesen. Auch wenn die Rohmaterialien fehlten, hätte es nicht an Arbeit gemangelt. „Jeder wusste, wie er sich beschäftigen kann“, erzählt Hock.
Er, der heute in Sennewitz lebt, erinnert sich gerne an seine Zeit in der Brauerei zurück - auch wenn es mitunter sehr turbulent zuging. Eigentlich ist der Hallenser, der am Hallmarkt aufgewachsen ist, gelernter Augenoptiker. Doch der Beruf war damals unsicher, er suchte sich was sichereres und kam zur Brauerei. Seine Leidenschaft für die Fotografie pflegte er weiter und hielt den Alltag in der Brauerei mit seiner Praktica-Kamera fest. „Entwickelt habe ich die Bilder damals auch aller selber“, so Hock.
Mitarbeiter der Brauerei Halle hat großen Fundus an Foto-Zeugnissen
Sein Fundus an Foto-Zeugnissen ist groß und vielfältig. So hat Hock zum Beispiel die aufwendige Verladeaktion für den Export nach Rumänien dokumentiert. „Dafür wurde ein Laufband - Marke Eigenbau - vom Keller bis zum Verladeplatz der Eisenbahnwaggons errichtet. Das war eine ganz schön wackelige Angelegenheit“, erzählt Hock. Gerne erinnert sich der 80-Jährige an die Bockbieranstiche im Herbst. Die Feste hatte er im Auftrag der Brauerei organisiert und auch fotografisch festgehalten.
„Zu diesen Anlässen wurden auch immer Gläser und Bierkrüge mit Aufschriften verschenkt“, so Hock. Diese sammelte er Jahr für Jahr im Keller - über die Jahrzehnte kamen so mehr als 60 Gläser und Krüge zusammen. Diese hat er nun dem Schwemme-Verein überreicht. Der Verein setzt sich für den Erhalt der alten Schwemme-Brauerei ein.
Am Samstag, 8. Dezember, von 14 bis 18 Uhr, beteiligt sich dieser an der Veranstaltung „Advent an der Saale“. „Die Gläser von Hock werden dann zu sehen sein - zum Teil auch verkauft“, sagt Gernot Lindemann, Vorstandsmitglied des Schwemme-Vereins. Hock trauert den Krügen nicht nach, schließlich wird das Geld aus den Erlösen zum Erhalt der halleschen Brau-Tradition eingesetzt. (mz)


