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Eishockey Eishockey: Feier mit Tränen in den Augen

Von GOTTFRIED SCHALOW 17.02.2012, 10:13

Halle (Saale)/MZ. - Christian Köllner könnte eigentlich glücklich und zufrieden sein. Er blickt aus dem Fenster und sieht mitten hinein in die bayerische Winteridylle. "Einfach nur schön. Richtiges Bilderbuchwetter", sagt der 2,04 Meter große Eishockey-Riese. Aber die Wirklichkeit ist alles andere als einfach nur schön. Köllner: "Jeder Schritt tut weh, und allzu weit laufen kann ich sowieso nicht, weil das Bein noch in der Schiene ist."

Christian Köllner ist die ganze Woche über in seiner bayerischen Geburtsstadt Landsberg, 50 Kilometer westlich von München gelegen, von einem Facharzt zum nächsten gelaufen. Die Diagnose war niederschmetternd: Mit seiner Knieverletzung muss er mindestens drei Wochen pausieren. "Einfach nur dumm gelaufen", sagt Köllner. Passiert ist alles am letzten Freitag im schon bedeutungslosen Oberliga-Spiel bei Fass Berlin. "Es war ein ganz normaler Zweikampf. Plötzlich gab es einen stechenden Schmerz im Knie. Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert ist."

Freitagvormittag will sich Köllner ins Auto zwängen und die knapp 500 Kilometer nach Halle in möglichst einem Ritt bewältigen. "In Halle ist Meisterfeier. Und da will ich natürlich unbedingt dabei sein. Auch wenn es nur auf der Tribüne und mit ein paar Tränen im Auge ist", sagt Köllner.

Die Verletzung kommt für den Bayern mit der Rücken-Nummer 69 bei den Saale Bulls tatsächlich zum denkbar ungünstigsten Moment. Denn dadurch verpasst er auf jeden Fall die Aufstiegsspiele zur zweiten Bundesliga, die ab kommenden Freitag in ihrer ersten Phase im Schnellverfahren in nur drei Wochen durchgezogen werden. "Mir bleibt nichts weiter übrig, als den Jungs die Daumen zu drücken, dass sie noch eine Runde weiter kommen. Dann bin ich vielleicht wieder dabei", sagt Köllner, der auch in der Mannschaft vor dem Saisonhöhepunkt ein Loch hinterlässt.

Köllner ist inzwischen nicht mehr wegzudenken aus der Mannschaft und als Verteidiger eine Bank. Das sah zum Saisonstart ganz anders. Er erinnert sich: "Ich habe gleich in den ersten Spielen jede Menge Strafminuten gefangen. Viele nach meiner Meinung unberechtigt und wahrscheinlich einfach nur, weil die Schiedsrichter meinten, dass ich sowieso immer schuld bin." Dieses "Köllner-hat-Schuld-Prinzip" kennt er schon seit seiner frühesten Jugend. "Ich war schon immer der Größte. Wenn die Schiedsrichter mal eine Aktion nicht richtig gesehen hatten, dann musste eben immer ich auf die Strafbank marschieren. Die Kleinen haben mit der Zeit auch ganz gut gelernt, die Unschuldslämmer zu spielen."

In Halle hat sich Köllner schnell zurückgenommen und bewusst etwas weniger körperbetont gespielt. "Nur ab und an habe ich mal ein Zeichen gesetzt und dem Gegner gezeigt, dass es an mir so einfach kein Vorbeikommen gibt." Tatsächlich hat sich der Verteidiger-Riese in der gesamten Saison nur 22 Strafminuten eingefangen, weit weg von den vereinsinternen Rekordhaltern Nikolaus Meier (71 Minuten) und Kilian Glück (63).

Köllner ist wertvoll für die Saale Bulls geworden, so wertvoll, dass er längst ein Angebot hat, auch in der nächsten Saison in Halle zu spielen. "Ich fühle mich in der Stadt inzwischen richtig heimisch, in der Mannschaft sind Super-Typen. Und wir haben die Meisterschaft und den Pokal gewonnen. Viel mehr geht nicht."

Freitagabend feiert Köllner mit Mannschaft und Fans. In den nächsten Wochen bleibt ihm nur Daumendrücken auf der Tribüne.