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Einsturzgefahr Einsturzgefahr: Glocken müssen schweigen

Von Ralf Böhme 26.04.2002, 17:45

Lochau/MZ. - Glockenläuten in Lochau - leider Fehlanzeige. Vom Kirchturm dringt kein Laut in die grünende Elsteraue. Viele Spaziergänger wundern sich. Pfarrer Stephan Pecusa, der seit 1993 im Dorf predigt, kann das Geheimnis der Stille lüften.

"Wir können die Glocken deshalb nicht läuten, weil das Gemäuer baufällig ist - Einsturzgefahr." Andererseits sei die Lochauer Kirchgemeinde schon froh, dass das Geld wenigstens gereicht hat, um den Turm abzustützen. Der Finanzbedarf für eine sachgerechte Sanierung geht Pecusa zufolge in die Hunderttausende. Ob und wann ein solcher Geldsegen eintrifft, sei jedoch völlig ungewiss. Aus diesem Grund habe man auch die bereits instand gesetzte Turmuhr vorsorglich wieder ausgebaut. Gottesdienste finden in der Kirche dennoch statt. Das Kirchenschiff mit Patronatsloge ist nutzbar, weil Einwohner nach den Worten von Pecusa immer wieder selbst Hand anlegen.

Wenn auch keine Glocken läuten, dröhnt es zumindest den Einwohnern an der Ortsdurchfahrt oft in den Ohren. Seit Jahren kämpfen sie für den Bau einer Umgehungsstraße wie im Nachbarort Döllnitz. Die Entlastung ist aus ihrer Sicht überfällig, weil - wie amtliche Verkehrszählungen bestätigen - täglich rund 500 schwere Lkw durch das Dorf rollen. Zu den Aktivisten einer Bürgerinitiative gehört Birgit Kopf. Mit Gleichgesinnten bringt sie das Problem immer wieder und überall, so auch bei der Landesregierung in Magdeburg, ins Gespräch. Nach teilweise kontroversen Diskussionen soll in diesem Jahr wenigstens die Ortsdurchfahrt von Grund auf neu gebaut werden. Mancher im Dorf zweifelt freilich daran, ob die neue Regierung das Versprechen des bisherigen Verkehrsministers vor der Wahl nun auch tatsächlich einhält.

Zu den Besonderheiten, um die Lochau wohl so mancher beneidet, gehört das gemeindeeigene Sportzentrum - eine Millioneninvestition. Dort arbeitet der 45-jährige Dieter Spröte als Fitnesstrainer. Wer gegen Frühjahrsmüdigkeit oder überflüssige Pfunde kämpft, hat ihn seit vergangenem Jahr als Verbündeten. Pächter des Neubaus ist der örtliche Sportverein. Laufzeit des Vertrages: 15 Jahre. Die Mitgliedsgebühr im Verein beträgt ab 7,50 Euro im Monat. Das Haus aus Stein, Stahl und Glas umfasst zwei große Trainingsbereiche. Es steht eine Vielzahl von Kraftsportgeräten zur Verfügung. Auch an Freiraum für Gymnastik mangelt es nicht. Diese Möglichkeit nutzen neben etlichen Senioren vor allem die Kindergartenkinder von nebenan.

Wenn es um die jüngsten Einwohner geht, neigen die Lochauer offenbar nicht zur Sparsamkeit. Die Ausstattung dieser Einrichtung lässt vergessen, das Lochau eine vergleichsweise kleine Kommune mit reichlich 1 000 Einwohnern ist. Seit einigen Jahren verzeichnet die Gemeinde sogar einen leichten Bevölkerungszuwachs. Zahlreiche neue Eigenheime sind entstanden, nicht selten wohnen dort ehemalige Hallenser von der nur wenige Kilometer entfernten Silberhöhe. Einen weiteren Aufschwung versprechen sich die Lochauer von einer leistungsstarken Einheitsgemeinde, die die Kräfte von neun Elsteraue-Dörfern und dem Industriestandort Schkopau bündeln soll (die MZ berichtete). "Da fällt uns kein Zacken aus der Krone", meint Heiko Apitzsch vom Faschingsverein. Karneval und das Sommerfest "Hoffetanz", glaubt er, wird es wohl immer in Lochau geben.