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Ein kleiner Holzmichl qualmt immer

Von Ralf Böhme 05.01.2005, 15:27

Angersdorf/MZ. - Gold, Weihrauch und Myrrhe sind seine Sache eher nicht. Chor-König Leo Fischer aus Angersdorf hätte als Abgesandter aus dem Morgenland bestimmt ein Räuchermännchen im Gepäck. Das Sammeln dieser Figuren ist nach der Musik das ihm wohl wichtigste Hobby. Fast 200 Schnitzereien schmücken die Wohnstube und angrenzende Räume.

Viele schätzen den ehemaligen Lehrer für Musik und Kunsterziehung als vielbeschäftigten Dirigenten der Angersdorfer Chorgemeinschaft "Sang und Klang". Der Umgang mit den hölzernen Zwergen verschafft dem rüstigen Rentner wichtige Momente der Ruhe und Besinnung.

Die Räuchermännchen füllen große Regale, insgesamt neun Etagen. Diese Hutzenstube ist allein das Revier von Leo Fischer. Denn es gehört schon viel Liebe dazu, die zünftigen Gesellen abzustauben. "Mit einem Wischtuch ist da wenig auszurichten." Das führt unweigerlich zu Verlusten, erklärt der Sammler. Deshalb säubert er nur mit einem weichen Pinsel.

Das älteste Exemplar hat mehr als sechs Jahrzehnte auf dem Buckel. "Mein Vater war Stellmacher und fertigte das Spielzeug selbst", so Fischer. Vor dem Weinkeller steht ein Gorale, das ist ein Hirte aus der Hohen Tatra, auf Wacht. Mit seiner ungestümen Räucherkraft kann man das gesamte Treppenhaus einnebeln. Dass jede neue Figur erst einmal einen Räucher-Test bestehen muss, ist klar. Das sieht der Angersdorfer, der eigentlich aus dem Sudetenland stammt, als eine Selbstverständlichkeit an. Doch ist der Winter an Elster und Saale einfach zu kurz, sagt Fischer, um alle Figuren zu ihrem Recht kommen zu lassen. Zumal die Sammlung wächst und wächst - Sangesfreunde, Verwandte und Bekannte wissen um das Hobby.

Wenn die vier Kinder, sechs Enkel und zwei Urenkel im Saalkreis einmal Station machen, ist oft heiteres Beruferaten angesagt. Es gibt wohl kaum eine Profession, die nicht irgendwann einmal als Räuchermännchen das Licht der Welt erblickt: Da findet sich der Holzmichl aus dem Erzgebirge neben anderen Waldarbeitern, der Nachtwächter pafft mit dem Polizisten, Förster, Briefträger, Lehrer oder Köchin. . . Auch ein Feuerwehrmann steht in der Reihe, als Erinnerung für ein Auftragswerk. Der Sammler: "Ich will zum Jubiläum der Passendorfer Wehr ein neues Festlied schreiben."

Manches Fabrikat ist Leo Fischer besonders ans Herz gewachsen. Dazu gehört ein Teutschenthaler Bergmann, der auf einer Kali-Lore sitzt und qualmt. Ebenso urig erscheint eine ganze Skatrunde nebst Kellner, die allesamt dicke weiße Wolken auspusten können. Über ein Plumpsklo, aus dessen herzförmigen Fensterchen dichte Schwaden ziehen, kann sich selbst ein erfahrener Sammler wie Leo Fischer immer noch vor Lachen fast ausschütten.