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Der Esel, der auf Rosen geht Ehrenamtlicher engagiert sich seit Jahren für Menschen in Halles Osten

Zeit für einsame Menschen, Möbel für Geflüchtete, ein Lächeln auf der Straße: Gutes zu tun bedarf es wenig. Rainer Habenstein weiß das. Dies ist seine Geschichte.

Von Jakob Milzner Aktualisiert: 03.04.2023, 16:33
Rainer Habenstein ist für den Preis „Esel der auf Rosen geht“ 2023 nominiert.
Rainer Habenstein ist für den Preis „Esel der auf Rosen geht“ 2023 nominiert. (Foto: Jakob Milzner)

Halle (Saale)/MZ - Ein früher Nachmittag Ende März, irgendwo in den östlichen Ausläufern von Halle. Fürs Foto ist Rainer Habenstein raus auf den Balkon gegangen. Nun steht er am Geländer; hinter ihm gibt eine Lücke zwischen zwei Häusern den Blick frei auf eine kleine Wiese, es folgen ein Block mit weiteren Wohnhäusern und dann ein paar Strommasten, die das Ende der bewohnten Stadt markieren. Dahinter kommen erstmal nur noch Acker-, Gewerbe- und Logistikflächen.

So unscheinbar dieses Bild wirken mag, unterstreicht es doch wie durch Zufall perfekt, was Rainer Habenstein meint, als er sagt: „Der Osten von Halle war lange Zeit ein weißer Fleck.“ Insbesondere zur Unterstützung für ältere Menschen habe es in anderen Stadtteilen schon deutlich früher Projekte gegeben. Dass sich das geändert hat, ist auch dem Mann mit der getönten Brille und der goldenen Halskette zu verdanken.

Alles begann mit einer Selbsthilfegruppe für chronisch Erkrankte

Fragt man ihn, wann er sich zum ersten Mal ehrenamtlich engagierte, kann Rainer Habenstein auf zwei Weisen antworten. Die erste geht so: „Vor vielen Jahren. Etwa um das Jahr 2000 rum.“ Damals habe er eine Selbsthilfegruppe für chronisch Erkrankte geleitet. Es ist die technisch korrekte Antwort. Doch noch authentischer wirkt seine zweite Antwort: „Ich habe immer schon Leuten geholfen“, sagt er dann, nachdem er nachdenklich, aber nur kurz, die Stirn in Falten gelegt hat.

Rainer Habenstein ist 51 Jahre alt, stammt aus Arnstadt in Thüringen und lebt seit 1999 in Halle. „Der Liebe wegen“, wie er sagt; es ist einer der Momente, in denen sich ein feines Lächeln auf sein Gesicht legt. Doch so wach und bei Kräften der Mann wirken mag: Zur Wahrheit gehört auch, dass er krank ist. Chronisch krank. Und dass er seinen erlernten Beruf als Hotelfachmann deshalb nur kurze Zeit ausüben konnte.

Jeder Mensch kann natürlich etwas zurückgeben.

Rainer Habenstein, Ehrenamtlicher

Stattdessen begann er, anderen zu helfen. Zunächst als Leiter der Selbsthilfegruppe. Dann, nach einer Pause, begann er 2021 mit einem neuen Projekt. Der nahegelegene Supermarkt hatte damals zeitweise geschlossen, was die angesichts der Pandemie gerade für alte Menschen schon schwierige Situation noch weiter verschärfte.

Doch Rainer Habenstein hatte ein Idee. Er gründete eine WhatsApp-Gruppe, um seine Nachbarschaft zu vernetzen, um Hilfsbereite und Hilfsbedürftige zusammenzubringen. Was damals als Projekt zur Vermittlung von Einkaufshilfen begann, hat bis heute Bestand. Mittlerweile hat es über die Gruppe sogar bereits mehrere Treffen gegeben. „Wie man sich eine Nachbarschaft vorstellt“, sagt Rainer Habenstein.

2022 half er, eine Internetseite für Möbelspenden an Geflüchtete aufzubauen

Diese Gruppe ist eines von drei Projekten, wegen denen der 51-Jährige nun für den Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert worden ist. 2022 baute er gemeinsam mit der Freiwilligen-Agentur Halle-Saalekreis eine Internetseite auf, um Möbelspenden für Menschen in Not zu organisieren. Seit Kurzem setzt er sich zudem als Stadtteilkoordinator bei Klingelzeichen ein, einem Projekt, das Besuche von Ehrenamtlichen bei Seniorinnen und Senioren organisiert.

Für Rainer Habenstein beginnt Ehrenamt jedoch schon viel früher. Etwa mit einem Lächeln auf der Straße oder einem netten Wort. „Jeder Mensch kann natürlich etwas zurückgeben“, sagt er. Und betont das „natürlich“ dabei auf eine Weise, als könne an diesem Satz tatsächlich nicht der leiseste Zweifel bestehen.

Projekte im Netz

Das ist der „Esel“ – und so machen Sie mit

  • Der Ehrenamtspreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ wird seit 2003 an engagierte Menschen und Initiativen aus Halle und dem Saalekreis verliehen. In diesem Jahr werden sechs Eselskulpturen aus Bronze vergeben: Drei Bürgerpreise, der Preis der Initiatoren und der Preis der Jury. Neu ist der Publikumspreis, für den online gevotet werden kann.
  • Die Wahl startet nach dem 25. Mai, wenn die Jury die zehn Teilnehmer an dem Voting bestimmt hat. Auch die Bürgerpreise werden durch die Jury vergeben. Wenn Sie, liebe Leser, engagierte Bürger, Vereine oder Initiativen kennen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, dann können sie diese Personen oder Gruppen vorschlagen. Dazu müssen Sie online ein Formular auf der Internetseite des Ehrenamtspreises ausfüllen. Im oberen Feld der Seite findet sich dazu ein extra Button. Sie bekommen danach eine Mail als Bestätigung. Die Nominierungsphase läuft bereits und endet am 6. Mai.
  • Informationen: Die MZ wird multimedial die 19. Auflage des „Esels, der auf Rosen geht“ begleiten. Dazu gehören Porträts der Kandidaten, Blicke hinter Kulissen sowie Audio- und Videobeiträge. Gebündelt werden alle Infos auf der Webseite des Ehrenamtspreises.