Ruhestand nach 40 Jahren Dorint-Hotelchef Bertram Thieme geht nach 40 Jahren - und erinnert sich an die prägendsten Momente

Halle (Saale) - Sein Büro gleich hinter der stets von Gästen umringten Hotel-Rezeption im Dorint Charlottenhof ist derzeit eine der schwierigsten „Baustellen“ seines Lebens: „Vor mir steht die schwere Aufgabe, meinen langjährigen Arbeitsplatz zu räumen“, sagt Bertram Thieme und blickt sich ein wenig wehmütig um: Kartons stapeln sich in der Ecke, an den Wänden Fotos, Glückwunschschreiben, Zertifikate, in den Regalen meterweise dicke Ordner, Bücher, Gastgeschenke.
„Das alles muss raus“, sagt Thieme. Nach über 40 Jahren als Hoteldirektor - davon die Hälfte im Dorint Charlottenhof - geht Deutschlands dienstältester Hotelchef nun in den Ruhestand. Am Mittwoch wird er von der Dorint-Konzernzentrale in Frankfurt/Oberursel feierlich verabschiedet.
Anfänge im Interhotel in Halle: Bertram Thieme ging einst als jüngster Hotelchef Deutschlands in die Geschichte ein
Thieme ging vor Jahrzehnten als deutschlandweit jüngster Hotelchef in die Geschichte ein - da war der gelernte Krankenpfleger, der über Umwege in das Sozialwesen gekommen ist und schließlich im Hotelwesen seine Erfüllung gefunden hat, gerade zum Direktor des Interhotels Halle (heute Maritim) berufen worden.
Das war 1977 und Thieme 27. Schöne Geschichten kann er aus dieser Zeit, in der er binnen eines halben Jahres von der rechten Hand des damaligen Hotelchefs selbst zum Chef wurde, erzählen. Nicht nur seine allererste Begegnung mit einem späteren Stammgast im Dorint - dem damaligen Außenminister und Vize-Kanzler der Bundesrepublik Hans-Dietrich Genscher - datiert aus dieser Zeit.
Dorint-Chef Bertram Thieme: Für Fidel Castro besorgte er damals Badehosen
„Für den kubanischen Präsidenten Fidel Castro sollte ich damals eine Badehose besorgen, weil Castro in der neu gebauten Halle-Neustädter Schwimmhalle einige Runden schwimmen wollte“, erinnert sich Thieme. Also spurtete Thieme, noch Mitarbeiter, los und besorgte die Hose im Sportgeschäft Expovita in der Großen Ulrichstraße - und Castro konnte schwimmen gehen.
Heute, knapp 42 Jahre später, geht der 69-Jährige mit einem lachenden und einem weinenden Auge in Pension - ebenfalls mit einem wohl nicht nur in dieser Branche einmaligen Altersrekord. „So schließt sich der Kreis“, sagt der scheidende Hoteldirektor - und lächelt. Der Abschied sei nicht so leicht, wie er gedacht habe.
Der Führungsstil von Hotelier Bertram Thieme wurde mehrfach ausgezeichnet
„Ich war in den vergangenen vier Jahrzehnten außer bei Urlaub und Dienstreise jeden Tag im Hotel - außer vier Tage Krankenhaus“, schaut Thieme, der sein Team seine „Hotelfamilie“ und das Hotel sein Zuhause nennt, zurück. Sein Führungsstil ist einmalig und wurde mehrfach ausgezeichnet: „Meine Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen, denn nur glückliche Mitarbeiter können für glückliche Gäste sorgen. Und nur glückliche Gäste kommen wieder“, so seine erfolgreiche Maxime.
Und: Fehler zu machen sei ausdrücklich erlaubt. Keiner seiner Mitarbeiter habe je eine Abmahnung oder gar Kündigung erhalten, kein Azubi habe seine Lehre abgebrochen.
Was für Hotel-Chef Thieme die schönste Auszeichnung seines Lebens war
Die Anerkennung, die Thieme sowohl von den Gästen als auch von seinen Mitarbeitern erfährt, gibt ihm Recht: Ungezählte Auszeichnungen wurden dem Hotel, dem Team und dem Chef persönlich verliehen. 2015 wird Thieme zum Beispiel zum Hospitality HR Manager“ gekürt - Hotelmanager des Jahres für außergewöhnliche Menschenführung. „Es ist die schönste Auszeichnung meines Lebens, weil es eine Wahl war“, sagt er. Eine Online-Wahl durch Kollegen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Für die nächsten Monate nun hat sich Thieme vorgenommen, einen neuen Lebensrhythmus zu finden. Gewiss ist: „Als Hotel-Botschafter werde ich dem Dorint verbunden bleiben.“ In der Stadt will er sich sozial einbringen - als Ehrenamt in der Krankenpflege. Dann würde sich auch hier wieder ein Kreis schließen. (mz)