Dietmar Rahnefeld Dietmar Rahnefeld: Kleinholz im rechten Moment
Halle/MZ. - Auf der Bühne steht eine eingedeckte Hochzeitstafel mit Stühlen drumherum, im Hintergrund ein Schrank, im Vordergrund ein Sofa. Alles sieht aus, als sei es aus robustem Holz solide gebaut. Aber der Schein trügt. Denn während des Brecht-Stücks "Die Kleinbürgerhochzeit", zu dem das von Rolf Klemm gestaltete Bühnenbild gehört, müssen die Möbel zusammenkrachen. Entsprechend anfällig sind sie gebaut. Und die Schauspieler müssen aufpassen, dass es erst im rechten Moment Kleinholz gibt. Sonst klappt es mit dem weiteren Text nicht mehr. Im Stück geht es um ein junges Paar, das seine Hochzeit mit Verwandten und Freunden feiert, wobei die Fassade bürgerlicher Wohlanständigkeit ad absurdum geführt wird.
Dietmar Rahnefeld inszeniert Brechts Hommage an Karl Valentin, die am Donnerstag um 19.30 Uhr Premiere hat. "Die Proben sind hartes Training, sind Drill. Das verlangt das Stück", sagt Rahnefeld. Neun Individualisten waren zu einer gleichgeschalteten Gruppe zu bringen. "So etwas ist schwierig, aber alle Schauspieler waren sehr willig", lobt er seine Kollegen. Gespielt wird auf der Hinterbühne des neuen theaters. Die Schwierigkeit in einem solch intimen Raum sei, dass der Zuschauer jeden Fehler sehe. Deshalb müsse man sehr genau arbeiten, um eine gewisse Leichtigkeit zu erreichen, meint der Regisseur.
Mit Brechts "Kleinbürgerhochzeit" hat Rahnefeld schon einmal Erfahrungen gesammelt. Vor 16 Jahren war es das erste Stück, das er am neuen theater inszenierte. Natürlich erinnere er sich an das, was er damals auf die Bühne gebracht habe, erzählt er. Aber bei seiner jetzigen Inszenierung müsse er vieles anders machen. Schließlich seien die Schauspieler andere - und auch der Humor verändere sich im Laufe des Lebens. Über manches, was damals gut ankam, könne man heute allenfalls noch müde lächeln.
Eines jedoch sei aktuell wie eh und je: "Die Kategorie Kleinbürger ist zeitlos", sagt Rahnefeld. Und die Triebfeder des Kleinbürgers, der Neid, sei noch immer die gleiche. Das Besondere sei eine Gefahr und müsse beseitigt werden. Doch Rahnefeld will in seiner Inszenierung nicht mit Zynismus auf den Kleinbürger schauen oder ihn verlachen: "Vielmehr sollen wir über den Kleinbürger lachen, den wir ja alle in uns haben."
Die Premiere und die zweite Vorstellung (24. April) sind ausverkauft. Nächste Termine: 9. und 23. Mai - jeweils um 19.30 Uhr.