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Dichter macht Lyrik gegen seinen Krebs Dichter macht Lyrik gegen seinen Krebs: "Schreiben ist für mich lebenswichtig"

Von Detlef Färber 01.12.2019, 11:00
Martin Zaglmaier arbeitet auch in der von seiner Familie betriebenen Kunstgalerie in der Großen Steinstraße.
Martin Zaglmaier arbeitet auch in der von seiner Familie betriebenen Kunstgalerie in der Großen Steinstraße. Silvio Kison

Halle (Saale) - Es ist nur ein Gedankenspiel: Was wäre, wenn ...? Ein Wunschtraum, gehegt mit etwas wehmütigem Lächeln: „Am besten wär’, / man denkt nicht mehr / und schwimmt verträumt an Oberflächen / nennt Feinde ,Freund’ / und Stärken ,Schwächen‘ ...“

Doch tatsächlich liegt es dem Dichter Martin Zaglmaier, der in seinem „Monolog“ genannten Gedicht dieses Gedankenspiel beginnt, eher fern, sich selbst von seiner wunderbar poetisch klingenden Vorstellung einfangen zu lassen. Lieber setzt er noch eins drauf auf dieses „Am besten wär’ ...“ - dreht den Konjunktiv aber gleich in eine Richtung, die dem, was er denkt, derzeit wohl am nächsten kommt: Am besten wär’s ..., nämlich mit seinem Monolog-Schlussvers: „... und denkt nicht mehr, / ob’s anders / wohl anders wär’.“

„Schreiben ist für mich lebenswichtig“

Und weiter geht es in weiteren Gedichten dann auch mit Empfindungen, die keine Wünsche sind, sondern zum Beispiel ganz real Schmerz und Furcht. Sie sind dem 24-jährigen Hallenser auch dieser Tage wieder Alltagsbegleiter. Doch sind es anderseits gerade seine Gedichte, die er diesen harten Erfahrungen entgegenstellen kann.

„Schreiben ist für mich lebenswichtig“, sagt Zaglmaier - ein Satz, der durchaus auch aus dem Mund anderer Literaten vorstellbar ist. Doch hier klingt er elementar, denn dieser junge Dichter braucht seine Verse auch als Rückhalt in seinem Kampf gegen den Krebs.

Kampf gegen Krebs noch nicht gewonnen

Der sei auch noch nicht gewonnen nach seiner „zweiten Geburt“ vor nun 133 Tagen, als der an einer besonderen Form der Leukämie erkrankt gewesene Sohn des Architekten und Galeristen Thomas Zaglmaier die Knochenmarkspende seiner Schwester empfing. Und sich seither - auch mit Hilfe seiner Familie und der Selbsthilfegruppe Fanconi - ins Leben zurückkämpft.

Schon sind die Haare wieder gewachsen - aber noch wichtiger war für Martin Zaglmaier der Moment, als er wieder die Schrift auf seinem Bildschirm erkennen und neue Texte in seine Tastatur tippen konnte. Texte wie diesen: „Wer nicht schleppt, der trägt / wer nicht isst, der frisst. / Wer nicht ruht, der schläft. /Wer nicht labert , spricht...“

Für „Lyrisches Schreiben“ ein Fernstudium absolviert

Obwohl dies - wie gelungene Poesie ja meist - leicht klingt, kann man anfangs schon etwas von dem Ringen dieses jungen Mannes heraushören, zu dem er derzeit gezwungen ist. Denn vom schweren Schleppen einer ungeheuren Last könnte es bei ihm inzwischen schon hin zum „Tragen“ aufwärts gegangen sein. Zaglmaier liebt solche kraftvollen, assoziativen Verben, die jedes für sich bereits eine Geschichte erzählen und es Dichtern so ermöglichen, „mit wenigen Worten viel zu sagen“.

Martin Zaglmaier gehört zu den jungen Dichtern, die sich vor allem aufs Publizieren im Internet konzentrieren. Da passt es, dass er für „Lyrisches Schreiben“ ein Fernstudium absolviert hat, das ihm geholfen habe, sein Talent auszuleben. So schafft er es, seine aus emotionaler Tiefe und philosophischer Ambition geborenen Texte dennoch heiter klingen zu lassen - sich aber mit Versen wie diesem auch zu schützen: „Zeig’ kalten Herzen die kalte Schulter ...“ Es scheint, dass das gelingt: Und hilft.

››Weitere Texte sind im Internet unter www.Martin.Zaglmaier.de zu finden. (mz)