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Dichter des "Taugenichts"  Dichter des "Taugenichts" : Bekommt Halle ein Denkmal von Joseph von Eichendorff?

Von Detlef Färber 16.12.2018, 14:00
Junger Dichter, verträumter Blick: Joseph von Eichendorff
Junger Dichter, verträumter Blick: Joseph von Eichendorff Stich nach Einem Gemälde von Joseph Raabe

Halle (Saale) - Brecht hat nicht immer recht. Besser gesagt passt, was er gesagt hat, durchaus nicht immer und überall. Beispiel: Brechts berühmtes „Glotzt nicht so romantisch!“ wäre wenig hilfreich, würde man’s bei einer Initiative zu Rate ziehen, die ein neuer hallescher Verein gestartet hat: Zu dem einzigen Zweck, einem nicht minder berühmten Kollegen Brechts, dem 110 Jahre vor ihm geborenen Joseph von Eichendorff, in Halle ein Denkmal zu setzen.

Denn bei diesem Denkmal kommt es genau darauf an: Auf den romantischen Blick, den besagter Eichendorff den Hallensern geschenkt hat - mit seiner Halle-Hymne: „Da steht ein Burg überm Tale / Und schaut in den Strom hinein / Das ist die fröhliche Saale / Das ist der Giebichenstein ...“

Halle-Hymne als Reminiszenz

Allen voran war es bekanntlich Eichendorff, der das um die Burgruine herumkurvende Flüsschen „Bei Halle“ zu einem Sehnsuchtsort der Romantik avancieren ließ - übrigens erst ein halbes Leben nachdem er als 17-Jähriger Studiosus in Halle gewesen war. Zwei Jahre vor seinem Tod kam dann der Pensionär Eichendorff noch mal von Köthen aus in die Stadt seiner Jugend, deren „Lieder, Lust und Schmerzen ... nun so weit ...“ lagen: Ein Gefühl, das der 67-Jährige in eine anrührende lyrische Reminiszenz zu verwandeln wusste: In ein Stück Poesie, in dem das Empfinden des Alters und der fortgeschrittenen eigenen Vergänglichkeit mit der Wahrnehmung des rasanten Wandels in der beginnenden Gründerzeit verschmolzen ist.

Das Gedicht ist eine schon zutiefst verzauberte Erinnerung an die Jugend Eichendorffs, der zuerst zu Fuß und zu Pferde nach Halle kommen musste, um Jurist zu werden. Ein halbes Jahrhundert später kam er als alter Dichter ein zweites Mal - nun schon mit der noch jungen Eisenbahn.

Eichendorff: „Aus dem Leben eines Taugenichts“

Es ist des alten Eichendorffs Gesicht mit dem stocknüchternen Blick eines preußischen Beamten, das man in Halle vor allem kennt - von einem Kupferstich. Doch genau das ist es nicht, was der Initiator des Eichendorff-Denkmals nun verewigen will. Es ist übrigens ein Landsmann des Dichters, der auf diese Idee kam und sie nun mit der ihm eigenen Energie in die Tat umsetzt.

Die Rede ist von Wolfgang Kupke, geboren im schlesischen und heute polnischen Grünberg (Zielona Gora), einstiger Ausländerbeauftragter Sachsen-Anhalts und langjähriger hallescher Stadtrat. Der heute 79-Jährige ist nach wie vor sehr aktiv in der Stadt, steht unter anderem dem Verein der Freunde der Stadtbibliothek vor und organisiert den Schlesier-Stammtisch.

Seine Leidenschaft für Bücher und seine Nostalgie als alter Schlesier kommen nun im neuen Eichendorff-Projekt eher zufällig zusammen. Denn eigentlich, meint Kupke, hätte Halle ein solches Eichendorff-Denkmal längst brauchen können. Auch um den Dichter und Erzähler unter anderem wegen der berühmten Geschichte „Aus dem Leben eines Taugenichts“ für Halle noch nützlicher zu machen. Denn zu den großen Figuren der Stadtgeschichte zähle er ohnehin, selbst wenn er nur ein knappes Jahr Hallenser war.

Eichendorffs knappe Zeit in Halle hat ausgereicht, um hier einigen ganz Großen seiner Zeit zu begegnen

Was übrigens nicht ihm sondern Napoleon anzulasten ist, der die hiesige Uni 1806 schloss und somit Eichendorffs Rückkehr aus den Sommerferien in Schlesien vereitelte. Stattdessen wanderte Eichendorff aus Lubowitz dann weiter gen Westen, um seine Studien in Heidelberg fortzusetzen.

Eichendorffs knappe Zeit in Halle hatte freilich ausgereicht, um hier einigen ganz Großen seiner Zeit zu begegnen. Er hörte etwa Vorlesungen bei dem Theologen und Philosophen Friedrich Schleiermacher und wanderte nach Bad Lauchstädt, um Goethe und dessen Weimarer Theatertruppe zu erleben. Allein das illustriert auch die Bedeutung, die Halle und seine Uni seinerzeit im deutschen, ja im europäischen Geistesleben hatte.

Eichendorffs kurze Anwesenheit sollte später ja zu einem weiteren Ruhmesblatt für die Alma mater hallensis und ihre Stadt werden

Eichendorffs kurze Anwesenheit sollte später ja zu einem weiteren Ruhmesblatt für die Alma mater hallensis und ihre Stadt werden. Und nun auch zum Anlass für ein Denkmal? Kupke und seine Mitstreiter, zu denen auch Werner Essl und Anne Kupke gehören, sind optimistisch. Doch die eigentliche Arbeit soll der einstige, langjährige Bildhauerprofessor der halleschen Kunsthochschule Burg Giebichenstein, Bernd Göbel, leisten.

Denn das Denkmal für den Autor des Taugenichts soll ein Werk werden, das für Halle taugt. Göbel hat unter anderem mit seinem Jahrtausendbrunnen auf dem Hallmarkt gezeigt, dass er der Richtige dafür ist, dem jungen Eichendorff Gesicht und Statur zu verleihen: So wie ihm dies auch einst mit dem jungen Bach in Arnstadt gelungen war, der sich lässig an eine Mauer lehnt, ja fast schon lümmelt. Etwas in der Art als der Eichendorff für Halle ...?

Denkmal für Eichendorff: Verein braucht noch rund 40.000 Euro

Es gab und gibt ja schon einige Eichendorffs: Einen in Breslau, der nach dem Krieg verschwand, inzwischen aber wieder nachgebildet und neuerlich aufgestellt worden ist. Zunächst hatte Kupke eine Nachbildung davon vorgeschwebt, doch nun ist er froh, dass es eine eigene Kreation geben kann. Sie soll - als Bereicherung der „Gartenträume“ in Halle  - und natürlich mit bestem Burg-Blick am Saaleufer stehen: mindestens lebensgroß. Die Spendensammlung habe bereits begonnen, so Kupke. Man brauche noch rund 40.000 Euro. Quasi einen Mittelklassewagen für den großen Halle-Dichter?

„Das ist machbar“, meint der Initiator, der die Sache auch nicht auf die lange Bank schieben und das Ergebnis, wie er lachend sagt, „noch erleben will“. Schon 2020 soll, so meint er, „das fertige Denkmal aufgestellt werden.“

››Spendenmodalitäten siehe Internet: www.eichendorffdenkmal.de (mz)

Halles Romantikerblick: Ein Stich von Friedrich Niemann, koloriert von Hercules Hoessel.
Halles Romantikerblick: Ein Stich von Friedrich Niemann, koloriert von Hercules Hoessel.
Thomas Ziegler