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Abstimmung im Juni Das sind die wichtigsten Schwerpunkte des Bürgerbegehrens zur autofreien Innenstadt

Am 6. Juni können Hallenser über das Konzept einer autofreien Innenstadt abstimmen. Was die Vor- und Nachteile der Idee sind.

Von Jonas Nayda 19.05.2021, 07:30
So sieht das geplante Verkehrskonzept für Halles Innenstadt aus.
So sieht das geplante Verkehrskonzept für Halles Innenstadt aus. (Grafik: MZ/Büttner)

Halle (Saale) - Gleichzeitig mit der Landtagswahl am 6. Juni steht in Halle ein Bürgerentscheid an. Abgestimmt wird darüber, ob das Konzept zur „weitestgehend autofreien Altstadt“ verworfen werden soll, das im November 2020 vom Stadtrat auf den Weg gebracht wurde. Die MZ fasst die wichtigsten Punkte des Konzeptes zusammen.

1. Mehr Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche

Zwischen Hauptbahnhof und Moritzburg soll eine möglichst durchgängige Fußgängerzone entstehen. Dafür wird die existierende Zone vor allem im Bereich nordwestlich des Marktes (unter anderem Kleine Ulrichstraße) erweitert. Nur eine Verbindung zum Parkhaus Händelhauskarree soll noch für Autos befahrbar bleiben. In der nordwestlichen und südlichen Altstadt sollen außerdem die verkehrsberuhigten Bereiche ausgedehnt werden, in denen nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt ist und Fußgänger Vorrang haben. Dienstleister, die in die Altstadt fahren müssen, sollen Ausnahmegenehmigungen bekommen.

2. Freie Fahrt für Radler

Die Fußgängerzone soll für den Radverkehr frei gegeben werden. Ausgenommen davon ist nur die untere Leipziger Straße. Bislang gilt diese Freigabe nur nachts und früh morgens, sie soll künftig rund um die Uhr gelten. Hinweisschilder und Ordnungskräfte sollen dafür sorgen, dass die Radfahrer sich „angemessen und rücksichtsvoll“ bewegen. Um die komplette Altstadt herum soll zudem ein geschlossener Radverkehrsring entstehen.

3. Weniger Parkplätze

Nahezu alle öffentlichen Parkplätze am Straßenrand sollen schrittweise wegfallen. Nur Behindertenparkplätze und Haltezonen für Lieferanten, Carsharing oder Handwerker dürfen bleiben. Nicht betroffen ist das Wohngebiet Brunos Warte und vorerst auch nicht der Parkplatz auf dem Friedemann-Bach-Platz. Parkhäuser bleiben auch weiterhin erhalten und sollen sogar langfristig ausgebaut werden (neues Parkhaus an der Oper geplant). Anstelle der Parkplätze am Straßenrand sollen unter anderem Fahrradhaltebügel oder Spielmöglichkeiten für Kinder gebaut werden. Altstadt-Besucher, die mit dem Auto kommen, sollen künftig nur noch die Parkhäuser nutzen.

4. Neue Einbahnstraßen

Der nördliche Ring um die Altstadt soll zur Einbahnstraße werden. Autos dürfen dann zwischen Klausbrücke und Oper nur noch in Uhrzeigerrichtung fahren. Fahrräder dürfen in beide Richtungen fahren. Diese Maßnahme soll zunächst nur als Test für ein Jahr eingeführt werden. Außerdem soll die Rathausstraße in Richtung Markt zur Einbahnstraße werden, die Fahrtrichtung der Einbahnstraße Mittelstraße soll gedreht werden. Die Einhaltung der neuen Regeln soll verstärkt kontrolliert werden.

5. Zentrale Paket-Depots

An verschiedenen zentralen Punkten in der Altstadt sollen Paket-Depots eingerichtet werden, damit der Lieferverkehr im restlichen Altstadtgebiet verringert wird. Die genauen Orte stehen noch nicht fest. Ein Service mit Lastenfahrrädern zur Unterstützung der Anwohner ist ebenfalls angedacht und Carsharing soll unterstützt werden.

6. Was die Stadt sich erhofft

Die Stadtverwaltung möchte mit dem Konzept grundsätzlich die Aufenthaltsqualität in der Altstadt verbessern. Halles Zentrum soll für Touristen aber auch für Händler attraktiver werden, indem beispielsweise mehr Grün und mehr Platz für Fußgänger geschaffen wird. Gleichzeitig erhofft sich die Stadt einen positiven Effekt für den Klimaschutz, wenn weniger Autofahrer auf der Suche nach einem Parkplatz durch die Altstadt fahren.

7. Was die Kritiker sagen

Die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen wird teilweise viel Geld kosten. Gleichzeitig verliert die Stadt Einnahmen aus Parkgebühren, wenn Parkplätze wegfallen. Außerdem könnte sich der Parksuchverkehr in die an die Altstadt angrenzenden Viertel ausdehnen, was dort wiederum für Probleme sorgen kann. Kritiker des Konzeptes befürchten zudem negative Effekte für den Einzelhandel, weil möglicherweise Kunden der Altstadt fern bleiben, die früher mit dem Auto gekommen wären.

8. Worüber genau abgestimmt wird

Der Bürgerentscheid richtet sich gegen die konkreten Maßnahmen, die im November 2020 beschlossen wurden. Er richtet sich nicht grundsätzlich gegen die Idee einer autofreien Altstadt. Wenn die Mehrheit mit „Ja“ stimmt, würde das vorliegende Konzept zurückgenommen und nicht umgesetzt werden. Dann müsste die Stadtverwaltung ein neues Konzept ausarbeiten, wie die Altstadt in Zukunft autofrei werden soll. Wenn die Mehrheit mit „Nein“ stimmt, wird das Konzept wie geplant schrittweise umgesetzt. Laut Stadtverwaltung seien die Maßnahmen langfristig vorgesehen, teilweise also erst in einigen Jahren geplant.

9. Verwirrung um „Ja“ oder „Nein“

Schon vor einigen Monaten tobte in der Stadt eine Art Vor-Wahlkampf um das Konzept zur autofreien Altstadt. Unter anderem hatte eine Plakat-Aktion der FDP für Wirbel gesorgt, die im Herbst mit „Nein zur autofreien Altstadt“ geworben hatten. Die FDP wollte damals den Stadtratsbeschluss verhindern.

Wer jedoch am 6. Juni beim Bürgerentscheid mit „Nein“ stimmt, unterstützt das Konzept, denn es geht darum, ob der gefasste Beschluss wieder aufgehoben werden soll, oder nicht. „Wir hätten das jetzt nicht andersherum formulieren können, sonst wäre es möglicherweise kein gültiger Bürgerentscheid“, sagt Christoph Bernstiel (CDU), Mitinitiator des Bürgerbegehrens. (mz)